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    Nach Shitstorm gegen "Squid Game"-Schauspieler: Jetzt verteidigen sie ihre Arbeit im Netflix-Hit
    Annemarie Havran
    Annemarie Havran
    -Mitglied der Chefredaktion
    Film- und Serien-Fan mit Leib und Seele. Immer, wenn im Kinosaal das Licht ausgeht oder der Vorspann einer starken Serie beginnt, kommt die Gänsehaut.

    Die Serie „Squid Game“ wird größtenteils gefeiert, aber sogar die Fans der Serie haben an einer Sache etwas auszusetzen: dem Schauspiel der VIPs. Gegen die Darsteller rollte ein regelrechter Shitstorm los – nun haben sie sich zu Wort gemeldet.

    Netflix

    Im Netflix-Hit „Squid Game“ ist mehrere Folgen lang von den ominösen VIPs die Rede – in Folge 7 treten sie dann endlich auf: Reiche weiße Männer mit goldenen Tiermasken, die den Spielen beiwohnen und auf die Menschen wetten, die dabei nach und nach getötet werden.

    Das Verhalten der VIPs ist dabei durchweg widerwärtig. Als wäre die Tatsache, dass sie zum Spaß auf Menschen wetten, nicht schon grauenvoll genug, ist die VIP-Lounge auch noch mit „menschlichen Möbeln“ ausgestattet – bemalte Diener*innen müssen als Tisch oder als Lehne herhalten. Und wenn es einem der VIPs nach Sex gelüstet, muss die Dienerschaft gehorchen, sonst droht der Tod.

    Kritik an den VIP-Darstellern

    Was aber viele Netflix-Zuschauer*innen im Internet fast noch mehr kritisierten als das Verhalten der VIPs, das ja schließlich zur Fiktion der Serie gehört: die Schauspielleistung der Darsteller.

    Auf Twitter rollte ein Shitstorm gegen die Folge mit dem Titel „Die VIPs“ los, die sich wie ein Fremdkörper in der ansonsten gut gespielten Serie anfühlt – die englischsprachigen VIP-Darsteller proklamieren hölzern ihre schlecht geschriebenen Dialogzeilen. Auf Twitter fragten sich User*innen gar, ob man die Darsteller auf der Straße aufgegabelt habe, sie wurden als „verdammt schrecklich“ beschrieben, bekamen 0/10 Punkten.

    The Guardian hat nun mit drei der VIP-Darsteller gesprochen, John D Michaels, Daniel C Kennedy und Geoffrey Giuliano. Und diese sehen einen großen Teil der Problematik darin, dass sie als Englisch sprechende Darsteller unter anderen Voraussetzungen agieren mussten als ihre Koreanisch sprechenden Kolleg*innen:

    Lost In Translation

    „Nicht-koreanische Darsteller*innen sprechen oft Dialoge, die von jemandem übersetzt wurden, der oder die nicht Muttersprachler ist – manchmal werden die Übersetzungen sogar von Google Translate gemacht –, also können sie sich unnatürlich anhören“, so John D Michaels im Interview.

    Zur Kritik, dass das Schauspiel der VIP-Darsteller auch tonal nicht zur restlichen Serie gepasst habe, teils unfreiwillig komisch wirkte, sagte Michaels: „Oft bekommen wir nicht die Drehbücher zur restlichen Serie. Wir bekommen nur unsere Szenen und haben somit keine Ahnung, wie die Serie tonal angelegt ist.“

    Mit einem Vorurteil gegen ihn und seine Kollegen wolle er aber ganz klar aufräumen: „Sie haben uns nicht einfach auf der Straße aufgelesen.“

    Probleme bei Übersetzung, Dreh und Schnitt

    Michaels erklärte weiter, die Probleme mit den unterschiedlichen Sprachen höre nicht bei der möglicherweise nicht idealen Übersetzung der Dialoge auf, sondern gehe im Schnittraum noch weiter. So sei es für einen nicht-englischsprachigen Cutter manchmal nicht so leicht, die besten Szenen und den Schnitt ideal zu wählen.

    Zudem hätten es die schweren Masken und der Abstand beim Dreh zueinander (die VIPs sitzen auf voneinander weit entfernten Sofas) nicht leichter gemacht – sie hätten ihre Dialogzeilen fast schreien müssen, was zu „deren seltsamer Tonalität bei der Darbietung“ beigetragen habe.

    Er selbst liebe die Botschaft von „Squid Game“ – und ist auch mit seiner Arbeit zufrieden, denn seiner Ansicht nach sei seine Darstellung „eine Interpretation dessen, wie ein westlich geprägter Mensch aus der Sicht einer anderen Kultur aussehen kann“ und nicht, wie er in Wirklichkeit sei. Das sei wichtig, damit die Serie im Kern „wahrhaft koreanisch“ bleibe.

    Ein Darsteller "am Boden zerstört", ein anderer happy

    Sein Kollege Daniel C Kennedy konnte die Kritik jedoch nicht so leicht wegstecken: „Ich leide an klinischer Depression, es war also eine ganz schöne Herausforderung. Anfangs war ich wegen der Kommentare am Boden zerstört, aber mit etwas Zeit, Abstand und ehrlicher Selbstreflexion konnte ich aus den Kommentaren besser das herausfiltern, was mir beim nächsten Mal nutzen kann, mich zu verbessern, im Gegensatz zu den Sachen, die nun einfach damit einhergehen, wenn man Teil eines Projekts ist, das globale Aufmerksamkeit bekommt.“

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    Geoffrey Giuliano – der Darsteller des VIP, der Polizist Jun-Ho (Wi Ha-Joon) zum Sex zwingen will – hingegen beschwert sich nicht über die Aufmerksamkeit, die er als Teil der „angesagtesten Serie der Welt“ bekommt, egal welcher Natur sie sei. Er bekomme nun jede Menge Fan-Post, eine Frau habe sich sogar sein Autogramm als Tattoo stechen lassen, Männer und Frauen schickten ihm Einladungen zum Sex. Außerdem habe er die Szenen mit den VIPs generell als extrem stilisiert empfunden – was eine übertriebene Performance rechtfertige.

    „Dieses Projekt hat mich aus der absoluten, totalen Versenkung geholt. Ich bekomme Tattoos meiner Unterschrift. Ich bekomme Einladungen für Fellatio. Ich bin ein Star!“ Mit dieser Einstellung überrascht es nicht, dass Giuliano sich von gehässigen Tweets über seine Schauspielleistung nicht die Laune vermiesen lässt.

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