
+++ Meinung +++
Der Name? La Bath, Hubert Bonisseur de La Bath. Die Anzüge? Geschniegelt, gestriegelt und das Beste, was Nachkriegsfrankreich an Männermode zu bieten hat. Das Weltbild? Das, öhm, bei Männern seines Alters am weitesten verbreitete, was Nachkriegsfrankreich zu bieten hatte. Also … selbstredend das Beste, der ganzen, weiten Welt, bien sûr! Gespielt wird der von Schriftsteller Jean Bruce wenige Jahre vor James Bond erschaffene, jedoch erst im Zuge der Bond-Manie international populär gewordene Geheimagent von Oscargewinner Jean Dujardin.
Und das schon seit 2006, als „The Artist“-Regisseur Michel Hazanavicius das Franchise aus der Klamottenkiste geholt und als Parodie revitalisiert hat. Das Duo Dujardin/Hazanavicius landete damit einen Kult-Erfolg, der hierzulande kongenial von Oliver Kalkofe synchronisiert wurde. Jetzt ist auch die neuste OSS-117-Mission im Heimkino erhältlich – und trotz Veränderungen hinter den Kulissen schließt „Liebesgrüße aus Afrika“ nahtlos dort an, wo die herrlich behämmerten ersten zwei Filme aufgehört haben!
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Das ist "OSS 117"
Hubert Bonisseur de La Bath alias OSS 117 ist ein ideologisches Relikt vergangener Tage und ein Idiot vom Fach. Doch mit unbändigem Charisma, unverschämtem Glück und einer Handvoll an zeitlosen Tricks, die er wie im Schlaf beherrscht, schlägt sich der alte Haudegen weiter durch. Ganz egal, wie sehr die Welt um ihn herum voranschreitet. Er übernahm 1955 eine Mission in Kairo und grinste sich auf die Siegerseite, obwohl er nicht ignoranter bezüglich Frankreichs Kolonialvergehen und muslimischer Befindlichkeiten sein könnte. Dann trotzte er im Rio der 1960er einer internationalen Krise, obwohl er dort in ein frauenfeindliches, antisemitisches und antiasiatisches Fettnäpfchen nach dem nächsten trat.
Jetzt sind die 1980er da und dieses Mal muss sich Afrika vor ihm in Acht nehmen… Nach den ersten beiden „OSS 117“-Filmen überlässt Hazanavicius den Regiestuhl seinem Kollegen Nicolas Bedos („Die schönste Zeit unseres Lebens“), doch das ist „Liebesgrüße aus Afrika“ im besten Sinne nicht anzumerken: Die drei Parodien auf die klassischen „James Bond“-Filme, blinden Patriotismus, Agentenfilmklischees und veraltete popkulturelle Erzähl- und Stilkonventionen sind allesamt aus demselben Holz geschnitzt – und auf (teils unverschämte Weise) urkomisch!
Hommage und Dekonstruktion zugleich
Die „OSS 117“-Filme, und da bildet der dritte Teil keine Ausnahme, funktionieren so herausragend, weil sie völlig unverblümt sind – und das in beide Richtungen. Einerseits gehen Hazanavicius und Bedos ohne falsche Scheu ihrer Liebe zu den Inspirationen ihrer Filme nach. Von der naiven Globetrotterromantik, die jahrzehntelang Agentenfiction in Literatur und Film geprägt hat, über die Eleganz und auch Exzentrik vergangener Männer- und Frauenmoden, bis hin zur Ästhetik des Agenten-, Abenteuer- und Actionkinos früherer Tage. Die Liebe zu „James Bond“ und Co. trieft förmlich aus den „OSS 117“-Filmen heraus.
Doch genauso unverhohlen wird auch über die peinlichen, ärgerlichen, ignoranten oder schlichtweg schlecht gealterten Aspekte hergezogen. Nicht aber mit einem vorhersehbaren moralisierenden Zeigefinger – sondern in Form minutiöser, immer wieder unerwarteter Dekonstruktion: Die Flirtsprüche gehen La Bath eine Spur zu scharf von den Lippen. Die Scheuklappen bezüglich der außenpolitischen Fehler des Westens liegen etwas enger an als in den Vorlagen und verursachen somit Kopfschmerzen. Und der Stolz darauf, dem Vaterland zu dienen, wird zu hibbelig betont, um genretypisches Pathos zu entwickeln.

Und vor allem: Jean Dujardin „Gentleman“-Agent findet sich selbst zu gut. Die dramatische Pause nach einer spöttischen Bemerkung zieht er derart in die Länge, dass er sich selbst demaskiert. Und seine verschmitzte Lache geht viel, viel, viel zu lang – sehr zum Nachteil seines geradlinigen Auftretens als Frankreichs Antwort auf James Bond. Doch sehr zum Genuss des Publikums, denn Dujardins dämlich-arrogantes Lachen ist verboten komisch – sowie nahezu unnachahmlich. Aber zum Glück nur nahezu …
Die „OSS 117“-Filme werden in Deutschland nämlich nicht mit einer Ottonormaldurchschnittssynchro bedacht, sondern einer passionsgetränkten, fesch-eigenwilligen Übertragung des französischen Witzes ins Lokale. Das glänzt nicht zuletzt dank der Synchroperformance von Mr. „SchleFaZ“ Oliver Kalkofe unter der Regie des Synchro-Urgesteins Frank Schaff, die Dujardins schleimig-freundlich-dümmlichen Charme als La Bath schnörkellos ins Deutsche überträgt.
Zu den Zielscheiben des in der Synchro so amüsant „verkalkten“ Spotts von „OSS 117: Liebesgrüße aus Afrika“ zählen übrigens Frankreichs Umgang mit seinen früheren Kolonien, 80er-Actionhelden der Marke „Miami Vice“ und natürlich einmal mehr Bond, James Bond. Wer nach dem dramatischen „Keine Zeit zu sterben“ etwas heitere Ablenkung mit satirischem Biss benötigt, findet sie also ausgerechnet in Frankreich ...
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