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    Ich bin Nummer Vier
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,0
    solide
    Ich bin Nummer Vier
    Von Florian Koch

    Ein scheuer junger Mann mit übernatürlichen Kräften verliebt sich an einer kleinstädtischen Highschool in eine hübsche Außenseiterin – ein Schelm, wer da an „Twilight" denkt, wenn er sich die Prämisse von „Ich bin Nummer Vier" vor Augen führt. Die Teenie-Science-Fiction-Romanze soll fraglos an die Vampir-Beziehungssaga anknüpfen. Schließlich war es nur eine Frage der Zeit, bis das „Twilight"-Erfolgskonzept für ein anderes Franchise marginal variiert werden würde. Im Hintergrund von „Ich bin Nummer Vier", der auf dem gleichnamigen Roman von Jobie Hughes and James Frey basiert, zieht kein Geringerer als Michael Bay („Transformers") als Produzent die Fäden. Den Regiestuhl überließ der umstrittene Blockbusterfilmer auf Rat von Steven Spielberg dem Teenie-erfahrenen D.J. Caruso, der mit „Disturbia" Shia LaBeouf einem breiteren Publikum bekannt machte. Mit der aufwendigen Hochglanzproduktion „Ich bin Nummer Vier" soll nun dem jungen Briten Alex Pettyfer ein ähnlicher Karrieresprung gelingen.

    Äußerlich sieht er aus wie ein ganz gewöhnlicher Twen, aber John Smith (Alex Pettyfer) verbirgt ein überirdisches Geheimnis. John stammt von dem Planeten Lorien und versteckt sich auf der Erde vor dem Volk der Mogadorians. Die außerirdischen Krieger haben seinen Heimatplaneten ausradiert, nur neun Aliens überlebten das Massaker. Nummer für Nummer sollen sie nun auf der Erde von den Mogadorians eliminiert werden. John ist Nummer Vier und als plötzlich ein Brandmal an seinem Bein aufglüht, erfährt er schmerzhaft, dass die ersten drei bereits das Zeitliche gesegnet haben. Um seinen Tod zu verhindern, hilft ihm Johns Wächter Henri (Timothy Olyphant) dabei, eine neue Identität in einer Kleinstadt in Ohio anzunehmen. Doch bald kann John der Versuchung nicht mehr widerstehen, Kontakt zu Gleichaltrigen zu suchen. An der örtlichen Highschool lernt er die attraktive Hobbyfotografin Sarah (Dianna Agron) kennen und verliebt sich in sie. Von seiner Herkunft und seinen immer häufiger hervorbrechenden Alien-Kräften erzählt ihr John nichts. Aber das Glück der beiden ist nicht von langer Dauer, denn die Mogadorians haben ihn bereits aufgespürt...

    Auch wenn „Ich bin Nummer Vier" immer ein wenig der „Twilight"-Hautgout nachhängt, kann der Film durchaus auf seinen eigenen Beinen stehen. Gerade im Schlussdrittel schlägt D.J. Caruso eine wesentlich actionlastigere Richtung ein, die für viele Drehbuchschwächen entschädigt. Nach einem starken Prolog, in dem die verfeindeten Alienmächte ihre ersten tödlichen Duelle austragen, kommt „Ich bin Nummer Vier" aber erstmal beim jugendlichen Zielpublikum an: Palmen, Strände, Partys, schöne Menschen, eingängige aktuelle Pophits von Kings of Leon bis Adele – Michael Bay und D.J. Caruso gehen auf Nummer sicher und bedienen klischeehafte Teenie-Träume in farbenfroher Hochglanzästhetik. Und dennoch schimmert bald die Gefahr durch, in der sich John befindet. Er ist der klassische Held auf der Flucht, der nirgends sicher ist und dem gerade die modernen Kommunikationstechnologien beim Untertauchen zu schaffen macht.

    Eines muss man Michael Bay und D.J. Caruso lassen: Sie befinden sich mit „Ich bin Nummer Vier" auf der Höhe der Zeit. Handy, Internet und YouTube sind allgegenwärtig. Überall kann man aufgenommen und geknipst werden, es gibt immer irgendeinen, der diese Bilder oder Filmchen ins Netz stellt. Es verwundert deswegen kaum, dass Henri fast schon panisch versucht, die Onlinespuren von Johns Existenz zu löschen. Spannend ist dabei, wie D.J. Caruso mit Sarah eine Komplementärfigur entwickelt, die John unfreiwillig gefährdet. Die eigenwillige junge Frau ist eine fast schon besessene Fotografin und Handynutzerin. Jedes noch so banale Alltagsmotiv muss auf Film gebannt und auf der eigenen Website platziert werden. Diese Technik-Sucht erreicht ihren Höhepunkt bei einem Mittagessen bei Sarahs Eltern. Wie selbstverständlich werden alle Familienmitglieder dazu aufgefordert, ihre Kommunikationsgeräte vor dem Einnehmen der Malzeit in einen Korb zu legen – eine normale Unterhaltung wäre sonst nicht mehr möglich. Diese aktuellen Gesellschafts-Bezüge lässt D.J. Caruso immer wieder sehr geschickt in seinen Film einfließen. Es wirkt dabei fast schon wie ein ironischer Kommentar, dass ausgerechnet Sarah die analoge Fotografie präferiert und zu ihren größten Schätzen ein klassisches Fotoalben zählt.

    Abgesehen von diesen mehr oder wenigen versteckten Kommentaren auf unsere Zeit geht „Ich bin Nummer Vier" sowohl in Sachen Dramaturgie als auch in der Figurenzeichnung kein Risiko ein. Natürlich setzt sich John selbstlos für das Mobbingopfer Sam (Callan McAuliffe) ein und auch eine fiese Schulbande fehlt nicht. Deren Anführer Mark (Jake Abel) ist - wie sollte es auch anders sein – noch immer scharf auf seine Ex-Freundin Sarah und sieht in John einen Konkurrenten. Die Mogadorians bleiben hingegen konturlos, erinnern mit ihren Tattoos und schwarzen Umhängen aber ein wenig an die Romulaner aus „Star Trek".

    Die Schauspieler bemühen sich, das Beste aus den standardisierten Rollen zu machen. Alex Pettyfer („Beastly") muss als rebellischer Melancholiker hauptsächlich gut aussehen und seinen juvenilen Charme spielen lassen. Das gelingt ihm sogar ganz gut, gerade weil er kein Robert-Pattinson-Abklatsch ist, sondern wesentlich männlicher wirkt, ohne deshalb gleich den Proll mit Superkräften zu markieren. Seine Kräfte beschränken sich hauptsächlich auf eine Illumination der Hände und auf telekinetische Fähigkeiten, die an Magneto aus „X-Men" erinnern. Auch Dianna Agron, bekannt aus der US-Hitserie „Ryan Murphy", liefert als Sarah keine Kristen-Stewart-Imitation. Sie wirkt lebenslustiger, offener, aber auch konturloser. Viel zu oft muss die hübsche Schauspielern den dauerlächelnden Gutmenschen geben, eine starke und kritisch die merkwürdigen Ereignisse hinterfragende Frauenfigur sieht anders aus. Von den Nebenfiguren kann allenfalls Callan McAuliffe Akzente setzen. Seine Hintergrundgeschichte inklusive einem verschwundenen Alien-Forscher als Vater bietet im Hinblick auf eine mögliche Fortsetzung einiges an Potential.

    In seiner Struktur wirkt „Ich bin Nummer Vier" wie ein Serien-Pilot zu einer Science-Fiction-Serie. Gerade gegen Ende, als auch noch urplötzlich die Kampfamazone Nummer Sechs (Teresa Palmer) eingeführt wird, scheint der unabgeschlossene Prologcharakter des Films zunehmend durch. Wenigstens nehmen die betulich-vorhersehbaren Soap-Elemente im Schlussdrittel entschieden ab. Im spektakulären Showdown in der Highschool zischt es Laserstrahlen und werden CGI-Kreaturen aufeinander losgelassen, als hätte Michael Bay plötzlich das Regieruder übernommen. Der härtere Tonfall, garniert mit großen Effekten (überraschend solide für ein überschaubares 50 Millionen Dollar Budget), ist eine deutliche Abkehr vom „Twilight"-Beziehungsreigen. Besonders Jungs sollen hier als potentielle Kinogänger wohl nicht von vorneherein abgeschreckt werden.

    Fazit: D.J. Caruso legt mit „Ich bin Nummer Vier" ein kurzweilig-oberflächliches Popcorn-Spektakel für Teenies vor. Auch wenn man sich hier gerade im Hinblick auf das Highschool-Milieu Hautgout am Vorbild „Twilight" bedient, setzt der Film in der Betonung der Action und in der zunehmenden Verknappung der Liebesgeschichte doch eigene Akzente – ohne deshalb aber gleich eine tatsächlich originelle Geschichte zu erzählen.

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