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    Vengeance - Pfad der Vergeltung
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    1,5
    enttäuschend
    Vengeance - Pfad der Vergeltung
    Von Gregor Torinus

    In den 1970er-Jahren markierten Rape-and-Revenge-Thriller wie Wes Cravens „The Last House on the Left“ oder Meir Zarchis „I Spit On Your Grave“ eine neue Eskalationsstufe des Exploitationfilms. Bei diesen wird eine brutale Vergewaltigung zum Anlass eines nicht minder perfiden Rachfeldzugs, der als moralisch gerechtfertigt dargestellt wird. Die zahlreichen Remakes der vergangenen Jahre und auch jüngere Rachethriller wie James Wans „Death Sentence“ belegen die neuerliche Beliebtheit des umstrittenen Genres. Nun schlüpft Nicolas Cage seinerseits in die Rolle eines gnadenlosen und doch irgendwie guten Rächers. Dabei ist „Vengeance: A Love Story“ allerdings nicht unbedingt ein typischer Genrereißer, denn bis Cages Figur in der Verfilmung von Joyce Carol Oates‘ Roman „Vergewaltigt: Eine Liebesgeschichte“ rächend in Aktion tritt, sind bereits über zwei wenig inspirierte Drittel des von Johnny Martin („Skeleton Man“) inszenierten Films abgelaufen. Und der deutlich gealtert wirkende Oscar-Preisträger (für „Leaving Las Vegas“) guckt dabei die meiste Zeit aus der Wäsche, als wäre er extrem gelangweilt.

    In der Kleinstadt Niagara Falls lernt der Detective John Dromoor (Nicolas Cage) in einer Bar die alleinerziehende Mutter Teena Maguire (Anna Hutchison) kennen. Als Teena später zusammen mit ihrer 12-jährigen Tochter Bethie Maguire (Talitha Bateman) eine Party zum 4. Juli betrunken verlässt, nimmt sie eine Abkürzung durch den Wald. Dort treffen Mutter und Tochter auf vier Meth-Freaks, die Teena brutal vergewaltigen. Bethie flüchtet zu einer Landstraße. Dromoor nimmt das Mädchen im Auto mit und bringt die halb tote Mutter ins Krankenhaus. Teena erholt sich so weit, dass sie zurück nach Hause kann. Dort pflegt sie ihre Mutter Agnes (Deborah Kara Unger). Aber psychisch bleibt Teena stark angeschlagen. Dies macht sich bei einer Anhörung vor Gericht der skrupellose Strafverteidiger Jay Kirkpatrick (Don Johnson) zunutze, der die Täter vertritt. Als es so aussieht, als würde Teena vor Gericht keine Gerechtigkeit wiederfahren, nimmt Detective Dromoor das Gesetz kurzentschlossen selbst in die Hand.

    Der direkt nach dem grottenschlechten „Arsenal“ erscheinende Rachetriller „Vengeance: A Love Story“ ist ein weiteres Zeugnis für Nicolas Cages traurigen Abstieg von einem der meistgefeierten Actiondarsteller Hollywoods zu einem sträflich unterforderten Direct-to-Video-Darsteller. Der Mime, der einst in Actionkrachern wie „The Rock“ oder „Im Körper des Feindes“ geglänzt hatte, verdingt sich in den vergangenen Jahren immer häufiger in drittklassigen Produktionen für den Heimkinomarkt. Selbst gelegentliche Glanzlichter wie der grandios durchgeknallte Crimethriller „Dog Eat Dog“ können nicht darüber hinwegtäuschen, dass Cages beste Tage lange zurückliegen. Auch „Vengeance: A Love Story“  überzeugt nicht wirklich – nicht innerhalb der recht engen Grenzen des Rape-and-Revenge-Genres und erst recht nicht als anspruchsvolle Literaturverfilmung.

    Der erste große Störfaktor ist das enorm verschleppte Tempo. Nach der auslösenden Tat passiert sehr lange nicht viel, stattdessen werden die Auswirkungen der Geschehnisse auf die Psyche der Opfer in den Vordergrund gerückt. Die Neuseeländerin Anna Hutchison („The Cabin In The Woods“) ist ihrer Rolle als gequältes und akut suizidgefährdetes Vergewaltigungsopfer auch durchaus gewachsen. Doch das Drehbuch ist allzu holzschnittartig und wird der Vorlage nicht gerecht. So kommt es nur in zaghaften Ansätzen zu einer glaubhaften vertiefenden Charakterzeichnung. Und das restliche Figureninventar besteht fast ausschließlich aus genretypischen Abziehbildern. Wer hier zu den Guten und wer zu den Bösen gehört, wird mit penetranter Überdeutlichkeit präsentiert. Einzig Don Johnson („Miami Vice“) als ausgekochtes Anwaltsekel zieht sich dabei gut aus der Affäre und setzt einzelne fiese Akzente, während Nicolas Cage nicht einmal seine übliche Eigenwilligkeit einbringt und eine für seine Verhältnisse wahrlich eintönige Darbietung liefert. Erzählerisch hakt es hier an allen Ecken und Enden, dafür ist die visuelle Gestaltung teilweise recht reizvoll. Insbesondere eine nächtliche Szene an den Niagarafällen besticht durch eine ganz spezielle Atmosphäre, aber das kann die Schwächen des Films nicht aufwiegen, der weder als Rache- noch als Liebesgeschichte überzeugt.

    Fazit: „Vengeance: A Love Story“ ist ein holzschnittartiger Rachethriller mit einem stark verschleppten Tempo und einem müden wirkenden Nicolas Cage als lustloser Rächer.

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