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    Die Queen
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    4,0
    stark
    Die Queen
    Von Ulf Lepelmeier

    Am 31. August 1997 verunglückte Diana, Princess of Wales, bei einem Autounfall in Paris und starb nur wenige Stunden später an ihren schweren inneren Verletzungen. Angetrieben von der Boulevardpresse entwickelte sich auf diesen tragischen Unfall folgend eine weltweite Diana-Hysterie, welche in der pompösen Trauerfeier gipfelte, die weltweit 2,5 Milliarden Menschen am Bildschirm verfolgten. Doch das Ableben der „Königin der Herzen“ zog nicht nur das Medienspektakel des Jahres nach sich, sondern führte auch zu einer Krise für die Monarchie. Die ansonsten königstreue Bevölkerung konnte die herzlos erscheinende Haltung Elisabeth II. nicht verstehen. Regisseur Stephen Frears hat den Fokus seines Biographie-Dramas „The Queen“ nun genau auf diese politisch relevante Komponente, welche im Zusammenhang mit Dianas Tod steht, gelenkt und versteht es, stets die richtigen Töne anzuschlagen, so dass sich amüsante und tragische Momente nie gegenseitig im Wege stehen. Das hervorragende Drehbuch sowie die herausragende schauspielerische Leistung Helen Mirrens machen „The Queen“ zu einer gelungenen Parabel auf die Macht der Medien und zu einer Charakterstudie der schon über 50 Jahre regierenden englischen Monarchin.

    „The Queen“ behandelt die Tage von Dianas Tod bis zu ihrer Trauerfeier unter dem Gesichtspunkt der wohl schwersten Krise der britischen Monarchie, die ihr tragisches Ableben hervorrief. Während der frischgewählte englische Premier Tony Blair (Michael Sheen) und die Politiker der Welt ihre Trauer bekundeten und Lobpreisungen auf die Verstorbene aussprachen, gab die Queen keinen Kommentar ab. Während sich vor dem Buckingham Palace die Blumensträuße häuften und im Fernsehen rund um die Uhr Sondersendungen zur Königin der Herzen liefen, saß Elisabeth II. (Helen Mirren) auf ihrem schottischen Landsitz ohne jegliche Anstalten zu machen, in irgendeiner Weise auf die Ereignisse zu reagieren. Auch sprach sie sich dagegen aus, die Fahne am Buckingham Palace auf Halbmast setzen zu lassen, entspreche dieses doch nicht der höfischen Etikette. Die Stimmen im Volke gegen die teilnahmslos erscheinende Monarchin und die Hetze der Presse gegen das Königshaus nahmen besorgniserregende Züge an.

    Diana wurde buchstäblich Opfer der Medienhatz. Ihr Gesicht galt als das meistfotografierte der Welt, wo sie auftrat, war auch immer ein wahres Heer von Paparazzi zugegen, was sicherlich ihre Essstörungen und Depressionen mit auslöste oder sie zumindest verstärkte. Selbst der Unfall resultierte aus einer Verfolgung des Wagens der Prinzessin durch die Fotografen. Die Boulevardpresse hatte vom Charme der Prinzessin stets profitiert, sie letztlich aber, auf Grund von Profitgier, quasi in den Tod getrieben. Doch auch wenn die Umstände des Todes von Diana noch so tragisch waren und sie sicherlich auch zu Lebzeiten mehr geschätzt wurde als die anderen Mitglieder der königlichen Familie, so war doch die globale Anteilnahme, die Stilisierung Dianas zur makellosen Ikone und auch das unvergleichliche Medienecho in diesem Ausmaße vorher nicht vorstellbar gewesen und ließen einen nur verwundern. Durch die gekonnte Einbeziehung von Nachrichtensendungen des Spätsommers 1997 und Fotos der Verstorbenen wird dem Zuschauer noch einmal dieses Medienphänomen vor Augen geführt. Die Hetze gegen die Queen, die sich nie zuvor mit solch einer negativen Medienkampagne konfrontiert sah, wird ebenfalls durch solches Originalmaterial veranschaulicht.

    Auch wenn sich zu Beginn des Films das Gefühl breit macht, dass es sich um eine reine Satire handelt, denn die erste Begegnung zwischen dem frischgewählten Premier Tony Blair und der Queen mutet so an, als wenn ein verängstigter Schuljunge vor seiner gestrengen Lehrerin erscheinen muss, wird doch schnell klar, dass es Regisseur Frears (High Fidelity, Lady Henderson präsentiert) gelungen ist, trotz der satirischen Elemente gerade in Bezug auf die beiden Hauptfiguren ein wirklich authentisch und vorstellbar erscheinendes Bild zu kreieren. Dies ist natürlich auch maßgeblich ein Verdienst der beiden Hauptdarsteller. Michael Sheen (Underworld, „Die vier Federn“), der schon in einem TV-Drama Tony Blair verkörpern durfte, verleiht seinem Charakter bubenhaften Charme, zeigt aber auch die Führungsqualitäten des Premierministers auf. Dem lockeren Lebensstil des jungen Premiers und die von ihm ausgehende Aufbruchstimmung wird das streng geregelte Leben am Hofe gegenübergesetzt. In der Rolle der Queen Elisabeth II. begeistert Helen Mirren (Excalibur, Gosford Park, Kalender Girls), die beim Filmfest von Venedig für ihre Leistung schon mit der Coppa Volpi ausgezeichnet wurde. Die immer wieder zum Theater zurückkehrende Schauspielerin durfte im Jahre 2006 auch schon für die Porträtierung von Elisabeth I. in einer TV-Produktion einen Emmy mit nach Hause nehmen und gilt nun mit ihrer Rolle in „The Queen“ als heißeste Anwärterin auf den Oscar. Mirren meistert ihren Part wirklich großartig und wird mit ihrer meist versteinerten Miene und ihrem würdevollen Blick förmlich zur Queen of England. Sie vermag dem Zuschauer das Handeln der Monarchin, welches auf Beibehaltung der Traditionen und dem Bewusstsein als Staatsoberhaupt zu agieren ausgerichtet ist, begreifbar zu machen. Mit ihrer Präsenz dominiert sie den Film, der ansonsten über einen stimmigen, gut aufspielenden Cast verfügt.

    „The Queen“ ist stets amüsant, teils wirklich komisch und erinnert mit seinem trockenen Humor an Robert Altmans „Gosford Park“. Doch auch für die tragischen Elemente wird genug Raum gelassen, so sind der Unfall der Prinzessin sowie auch Charles’ Besuch an ihrem Totenbett mit viel Feingefühl in Szene gesetzt. Mit spitzfindigen Dialogen und einem guten Schauspielensemble bedacht, macht Helen Mirren in der Rolle Ihrer Majestät Queen Elisabeth II. den Film erst Recht sehenswert. Und wenn die Queen bei einer Unterredung mit Tony Blair einbringt, dass auch er nicht immer geliebt werden wird, wirkt dieser Ausspruch fast prophetisch, ist doch die ehemalige Beliebtheit des Premiers längst passé und sah er sich auf Grund zunehmender Kritik genötigt, die Niederlegung seines Amtes im Herbst 2007 zu verkünden. Auch die Ära des Strahlemanns Blair, der von den Medien lange Zeit hofiert wurde, die ihn nun aber auch fallen ließen, driftet damit einem sichern Ende entgegen. Die Queen wird hingegen noch ihren 11. Premierminister ernennen und trotz der Schnelllebigkeit der Zeit eine Konstante im englischen Staat bleiben.

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