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    Das perfekte Verbrechen
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    Das perfekte Verbrechen
    Von Carsten Baumgardt

    Da ist er wieder. Plötzlich und wie aus dem Nichts: der 90er-Jahre-Hochglanz-Edeltrash-Thriller. Diese ausgestorben geglaubte Genrespezies erlebt nun zwar keine tatsächliche Renaissance, doch zumindest ist sie wieder präsent – mit großen Stars im Schlepptau. 2006 erlitt Sharon Stone mit Basic Instinct 2 schweren Schiffbruch, zuletzt mühten sich Bruce Willis und Halle Berry mehr schlecht als recht in Verführung einer Fremden und nun steht Supermime Anthony Hopkins mit „Das perfekte Verbrechen“ in der Tür. Regisseur Gregory Hoblit bringt einen ungemein unterhaltsamen Psycho-Thriller an den Start, dem leider zum Schluss hin etwas Luft und Ideen ausgehen.

    Los Angeles: Ted Crawford (Anthony Hopkins) ist in seinem Job ein absolutes Ass. Er hilft Fluggesellschaften nach Abstürzen durch Materialanalysen, die Schwachstellen zu entdecken. Ähnlich dominant ist der reiche Crawford auch im Privatleben. Als er entdeckt, dass seine wesentlich jüngere Frau Jennifer (Embeth Davidtz) eine Affäre mit dem Polizisten Rob Nunally (Billy Burke) hat, zieht er eiskalt die Konsequenzen: Eine Entschuldigung seiner Gattin kommt nicht in Betracht, vielmehr erschießt er Jennifer ohne eine Regung und ruft die Polizei. Zunächst täuscht Crawford eine Geiselnahme vor, um sich später von dem Geiselverhandler Nunally festnehmen zu lassen. Der junge, ehrgeizige Staatsanwalt Willy Beachum (Ryan Gosling) bekommt den offensichtlich eindeutigen Fall zwischen Tür und Angel von seinem Boss, dem Bezirksstaatsanwalt Joe Lobuto (David Strathairn), aufgedrückt. Die vermeintliche Routineverhandlung vor Gericht endet jedoch im Desaster. Die Tatwaffe ist nicht auffindbar und zudem kommt offiziell heraus, dass Polizist Nunally ein Verhältnis mit der Frau des Angeklagten hatte, die nun im Koma liegt. Staatsanwalt Beachum ist blamiert, weil er völlig uninformiert in den Prozess ging. Seine neue Vorgesetzte Nikki Gardener (Rosamund Pike) stützt ihren Schützling, der die Scharte wieder auswetzen will. Von nun liefern sich Beachum und Crawford ein unerbittliches Psychoduell...

    Gregory Hoblit ist ein kleines Phänomen. Seit seinem Kinodebüt 1996 legt der Texaner nun den fünften Spielfilm vor. Alles grundsolide Filme, die gewiss nicht schlecht, aber auch keineswegs überragend sind. Von „Zwielicht“ über Dämon und Frequency zu Das Tribunal: Alle Filme verdienten sich die einheitliche Filmstarts.de-Wertung von sechs Punkten... auch das neueste Werk aus dem Hause Hoblit bewegt sich in dieser Region, legt aber einen Punkt zu, selbst wenn „Das perfekte Verbrechen“ sein Potenzial nur in den ersten zwei Dritteln voll ausnutzt.

    Schon die erste Einstellung zeigt dem Zuschauer, was hier Sache ist. Nachdem Crawford seine Arbeit mit herrlicher Arroganz erledigt hat, braust er mit seinem sündhaft teuren Sportwagen-Cabrio in den glutroten Sonnenuntergang. Großartig. In diesem hübsch photographierten Edeltrash-Stil, der in den 90er Jahren seine Blütezeit hatte, entwickelt sich ein ebenso spannendes, wie höchst unterhaltsames Katz- und Mausspiel zwischen Staatsanwalt Beachum und dem Angeklagten Crawford. Die Charaktere sind nicht frei von Klischees, aber durch die Überzeichnung schon wieder sympathisch. Es ist eine Freude, Ryan Gosling (Stay, Wie ein einziger Tag, Mord nach Plan) und Anthony Hopkins (Das Schweigen der Lämmer, Das Spiel der Macht) zuzusehen, wie sie versuchen, sich gegenseitig auszustechen. Dabei mischt Regisseur Hoblit eine gehörige Portion Witz bei, so dass sich der Unterhaltungswert auf hohem Niveau bewegt. Der junge Gosling, einer der besten Schauspieler seiner Generation, kann mit dem großen Hopkins mithalten, wenn auch mit anderen Waffen. Gegen die überstrahlende Präsenz des Altmeisters, der sichtlich Spaß daran hat, seine Figur beinahe grotesk zu überziehen, kann kaum jemand bestehen. Aber Gosling stellt jugendlichen Charme und gleichermaßen charmante Arroganz dagegen. Die Nebenrollen sind zum Großteil ebenfalls sehr gut besetzt. Eye Candy Rosamund Pike (Stolz und Vorurteil, James Bond 007 - Stirb an einem anderen Tag, Doom) und David Strathairn (L.A. Confidential, Good Night, And Good Luck) geben dem Staatsanwaltsbüro ein integeres Gesicht, während Embeth Davidtz (Junebug, Schindlers Liste) nur einen sehr kurzen Auftritt hat, diesen aber mit Charisma und edler Eleganz füllt. Lediglich Billy Burke (Im Feuer) fällt als Cop Nunally ein wenig aus dem Rahmen, er bleibt im Vergleich zu seinen Mitstreitern blass.

    Einen Pferdefuss hat „Das perfekte Verbrechen“ leider doch noch: Dem Thriller geht schon merklich vor dem Ende ein wenig die Puste aus. Sind die Schlachten erst einmal geschlagen, ist es für den Unterlegenen dramaturgisch schwer, wieder zurück ins Spiel zu kommen. Dazu vermiest sich Hoblit mit seinem tpyischen Hollywood-Ende selbst den Spaß, den es zuvor gemacht hat, einer kuriosen Wendung nach der anderen zu folgen. Das Karussell dreht sich schnell und schneller... aber am Schluss ist die Enttäuschung da, sich doch nur auf der Stelle bewegt zu haben. Damit kehren wir wieder zu Hoblits Ausgangsproblem zurück: Der Mann ist ein guter Handwerker, der immer etwas Interessantes zu zeigen hat, aber die besondere Finesse von großen Filmemachern geht ihm ab. Macht aber nichts. Dafür unterhält „Das perfekte Verbrechen“ einfach zu gut.

    Dass der Plot und die Ausgangsidee aus der Feder von Daniel Pyne und Glenn Gers völlig hanebüchen sind, bedarf keiner weiteren Erklärung. Dieser Gerichts-Thriller, der keiner sein will - das Geschehen spielt nur einen Bruchteil der Handlung im Gerichtssaal - ist ein reines Entertainmentkonstrukt. „Ein Popcorn-Thriller mit Hirn“, wie Regisseur Hoblit ihn selbst tituliert. Noch etwas mehr von letzterem hätte aus „Das perfekte Verbrechen“ vielleicht einen perfekteren Film gemacht. So bleibt ein hochglänzender Spannungsfilm, der trotz der offensichtlichen Nachlässigkeiten für Genrefreunde zu empfehlen ist, weil er eben das macht, was er angibt zu tun: unterhalten... nicht ganz so clever und filigran, wie es möglich gewesen wäre, aber immerhin.

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