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    Freddy's New Nightmare
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    4,0
    stark
    Freddy's New Nightmare
    Von Robert Cherkowski

    Gern wird die „Nightmare"-Reihe um den schaurigen Kindermörder Freddy Krueger der unheilvollen Fantasie des Horror-Auteurs Wes Craven zugeschrieben. Dies trifft jedoch nur auf den ersten und besten Serienteil zu. Der zweite Franchise-Vater, New-Line-Cinema-Produzent Robert Shaye, stand stets im Schatten des Regisseurs. Craven wollte es ursprünglich bei einem einzigen Film belassen. Zwar steuerte er noch Drehbuch-Ideen für den dritten Teil bei, dass der nach dem Erstling stärkste Serieneintrag aber überhaupt vor die Kameras ging, ist Shaye zu verdanken. Der Produzent erkannte das Franchise-Potential der Serie und holte handwerklich fähige Jungregisseure an Bord. Langfristig gehen sowohl die kommerziellen Höhenflüge als auch der künstlerische Niedergang der Freddy-Reihe auf sein Konto – vor allem mit Shayes Drift in Richtung Horror-Comedy war Craven nie einverstanden. Nachdem das reguläre Franchise mit dem würdelosen sechsten Teil zu Grabe getragen worden war, bestand jedoch ausgerechnet Craven auf einen neuen Freddy-Film, auf eine Ehrenrettung seiner Schöpfung. Und so stülpte sich Robert Englund ein weiteres vermeintlich letztes Mal den Klingenhandschuh über. Ein Glück! Ohne Shaye als Produzent gelang es Craven mit „Freddy's New Nightmare", die Reihe ebenso hochwertig zu beenden, wie sie begonnen wurde.

    Ihre Rolle im Horror-Klassiker „Nightmare on Elm Street" hat Heather Langenkamp (Heather Langenkamp) berühmt gemacht. Doch seit die Serie eingestellt ist, wird sie von Albträumen geplagt, in denen ihr der mörderische Traum-Slasher Freddy Krueger (Robert Englund) wie einst in den Filmen nach dem Leben trachtet. Zuerst tut sie seine nächtlichen Besuche als Hirngespinste ab und versucht ihr Leben in geregelten Bahnen zu führen, während der ihr Produzent Robert Shaye (in schmieriger Pracht: Robert Shaye) sie zu einem weiteren Nancy-Auftritt überreden will. Freddy-Darsteller Robert Englund (sympathisch und unmaskiert: Robert Englund) gemahnt derweil zur Gelassenheit. Als jedoch bei einem Filmdreh zwei Special-Effects-Angestellte auf Freddy-typische Weise ums Leben kommen, geht sie der Sache auf den Grund. Regisseur Wes Craven (schauspielerisch nicht unbegabt: Wes Craven) klärt Heather auf, dass der Traumkiller echt ist und sich zuvor nur durch Filme im Zaum halten ließ. Jetzt wo die Serie eingestellt ist, bahnt er sich erneut den Weg in die Realität – wo er es mitunter auch auf Heathers Sohn Danny (Miko Hughes) abgesehen hat...

    „Freddy's New Nightmare" schlichtweg als siebten und abschließenden Teil der „Nightmare"-Reihe zu betrachten, das greift zu kurz. Einerseits weil neun Jahre später mit dem Funsplatter-Crossover „Freddy vs. Jason" noch ein Spin-Off nachgeschoben wurde. Andererseits weil „Freddy's New Nightmare" eigentlich kein Sequel sondern vielmehr ein cleveres Spiel mit verschiedenen Meta-Ebenen ist. Im Verlauf der Begegnung zwischen Film und Film-im-Film beleuchtet Craven die Mechanismen der öffentlichen Wahrnehmung von Horrorkino, die Popularität des Schreckens, die vierte (Lein)Wand und den kreativen Niedergang der Serie selbst. Dabei nimmt seine Albtraum-Dekonstruktion in gleich doppelter Hinsicht einen Sonderstatus ein, da „Freddy's New Nightmare" sowohl einen Epilog zur „Nightmare"-Reihe als auch einen Prolog zu den wenig später entstandenen „Scream"-Filmen darstellt. Bereits hier wurden die Regeln, die Klischees und die DNA des Horrorfilms unter dem Mikroskop betrachtet, wenngleich die Versuchsanordnungen noch nicht ganz so ausgereift scheinen wie in „Scream".

    Sowohl vor als auch hinter der Kamera ist „Freddy's New Nightmare" eine große Homecoming-Party all derer, die schon am ersten Teil beteiligt waren und die nun ihre Arbeit unter neuen Vorzeichen fortsetzen. So findet sich hier etwa auch der technische Stab von einst wieder ein, um noch stärkere Arbeit und damit ein auf zwanglose Art virtuoses Stück Horror-Unterhaltung abzuliefern. Vor der Kamera macht insbesondere Robert Shaye Eindruck. Der Mann, selbst ein gescheiterter Schauspieler, spielt sich selbst hingebungsvoll selbstironisch, wenn er als schmieriger Produzent auf die Fortsetzung der Reihe pocht. In Momenten wie diesen wird die Hassliebe zwischen Craven Shaye auf höchst liebenswerte Weise ausformuliert. Auch sonst machen die Darsteller eine gute Figur dabei, Riffs auf ihre Rollen von vor 10 Jahren zu liefern. Heather Langenkamp, John Saxon und Robert Englund spielen hier praktisch drei Rollen: Erstens sich selbst in überhöhter Form, zweitens ihre alten Rollen aus dem Serienerstling und drittens in der Kombination der ersten beiden Aspekte als Protagonisten und Antagonisten der Horror-Erzählung „Freddy's New Nightmare".

    Besonders Englund glänzt als als kauziger Schauspieler und als übermenschlicher Bösewicht in doppelter Hinsicht in der Rolle seines Lebens. Das gelingt großartig, da man Freddy hier endlich wieder richtig fies sein lässt. So entbehren seine Übergriffe diesmal jeglicher Komik und glänzen wie selten zuvor durch böse Fantasie und grimmige Konsequenz. Wenn Heathers Freund Chase (David Newsom) während des Sekundschlafes hinterm Steuer „verstirbt" oder Dannys Babysitterin Julie (Tracy Middendorf) in einer schockierend inszenierten Mordszene draufgeht, die an Tinas (Amanda Wyss) Tod im ersten Serienteil erinnert, findet die Reihe nach vielen Irrwegen wieder zum derben Punch der frühen Franchise-Tage zurück und presst das Publikum einmal mehr in die Sitze! Auch die Fantasy-Elemente kommen wieder besser zum tragen, wenn es Danny und Heather im Finale in die höllenartigen, von züngelnden Flammen, langen Korridoren und Verließen nur so wimmelnden Katakomben von Freddys Welt verschlägt. Da macht es auch nichts, dass der Body Count hier mit vier Abgängen äußerst überschaubar bleibt.

    Leicht hätte dieser Spaziergang durch das Spiegelkabinett der Postmoderne nach hinten losgehen können. Dass dem nicht so war, liegt vor allem an Cravens Fingerspitzengefühl, hier nicht nur einen schlauen Meta-Film, sondern auch noch einen so funktionellen wie verspielten Horror-Reißer zu schaffen, der vieles neu macht. So werden etwa Freddys Make Up und Kostüm modifiziert – dabei gewinnt die Figur eine neue Aura totaler Souveränität verliehen, etwas, das dem schlaksigen Horror-Harlekin früherer Teile so deutlich gefehlt hat. Der schräge Humor, der in den vergangenen Teilen auf so plumpe Weise in den Mittelpunkt gerückt wurde, ist hier vollkommen verschwunden. „Freddy's New Nightmare" ist ein groß produzierter und im besten Sinne altmodischer Film, der durch Look und Mode in den 90ern verwurzelt bleibt, in seiner No-Nonense-Attitüde, der Grimmigkeit der Gewaltausbrüche und der Konzeptlastigkeit eher an das überbordende Horrorkino eines Mario Bava oder Dario Argento erinnert. Cravens Franchise-Abschluss lebt von seiner Stimmung, dem intelligenten Aufbau und der Kompetenz aller Beteiligten, die diesen Film zu einem würdigen Abschluss der Reihe werden ließen.

    Fazit: Mit „Freddy's New Nightmare" ließ Wes Craven den Albtraum auf der Elm Street nach einer ebenso interessanten wie qualitativ wechselhaften Horrorfilm-Reihe so ausklingen, wie er sie einst begonnen hat: mit einem klugen und düsteren Horror-Autorenfilm.

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