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    The Book of Eli
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,0
    solide
    The Book of Eli
    Von Björn Helbig

    Nach der Verfilmung von Alan Moores Graphic Novel From Hell war es lange Zeit still um Albert und Allen Hughes geworden. Doch nun melden sie sich mit einem Endzeit-Western zurück, für den das Regie-Brüderpaar nicht nur die Stars Denzel Washington und Gary Oldman gewinnen konnte, sondern der auch optisch und inhaltlich einiges zu bieten hat. Die philosophische Dimension von „Book Of Eli“ ist zwar nicht sonderlich tiefgründig, aber immer noch interessant genug, um dem postapokalyptischen Drama zusätzliche Würze zu verleihen.

    Im Jahr 2044 ist Amerika vollständig verwüstet. Die wenigen Menschen, die die Apokalypse überlebt haben, vegetieren in armseligen Verhältnissen in den Überresten der Städte vor sich hin oder ziehen plündernd umher. Auch ein namenloser Mann (Denzel Washington) gehört zu den wenigen, die auf eigene Faust durch die unwirtliche Landschaft streifen. Außer Waffen zur Verteidigung, einigen Tauschwaren und Wasser befindet sich noch ein Buch in seinem Besitz, das er in den Westen tragen will. Als er in einer heruntergekommenen Stadt Halt macht, um seine Vorräte aufzufüllen, wird der skrupellose Stadthalter Carnegie (Gary Oldman) auf den kampfstarken Einzelgänger aufmerksam. Als Carnegie von dem Buch erfährt, will er es unbedingt an sich bringen, doch der geheimnisvolle Mann kann zusammen mit der jungen Solara (Mila Kunis) entkommen. Daraufhin nehmen Carnegie und seine Schergen die Verfolgung auf …

    Über den Mann, der wie ein Kriegermönch durch das postapokalyptische Amerika zieht, erfährt der Zuschauer lediglich Bruchstücke. Erst spät im Film nennt er seinen Namen: Eli. Zuvor stellt er lediglich wiederholt unter Beweis, dass er in der Welt, in der das Recht des Stärkeren gilt, zu überleben versteht. Schon zu Beginn wird der Zuschauer Zeuge, wie Eli sich gegen eine Gruppe von Banditen zur Wehr setzt - kompromisslos, effektiv, aber nicht ohne eine gewisse Sanftheit, als er dem letzten Schurken den Gnadenstoß verpasst und das weibliche Mitglied der Gang, das vielleicht selbst nur ein Opfer war, verschont. An dieser Stelle wird nicht nur der Held des Films eingeführt, sondern es werden auch schon erste Nuancen seines Charakters deutlich. Außerdem offenbaren die Hughes-Brüder wie schon in „From Hell“ einen außergewöhnlichen visuellen Stil, der – neben den atmosphärisch tristen Landschaften, die an die Mad Max-Filme erinnern – besonders in dieser ersten Auseinandersetzung deutlich wird.

    In der nächsten Etappe des Films offenbart sich die zweite Stärke. Als der Einzelgänger Eli in die Stadt kommt und dort auf seinen Gegenspieler trifft, wird deutlich, dass den Hughes-Brüdern mit Denzel Washington (Training Day, American Gangster) und Gary Oldman (The Dark Knight, Das fünfte Element) ein kleiner Besetzungscoup gelungen ist. Die beiden Darsteller liefern nicht nur für sich genommen eine überzeugende Leistung, sondern offenbaren ihr ganzes Potenzial erst im Mit- und Gegeneinander. Bei ihrem ersten Treffen werden zwar nur wenige Worte gesprochen, doch zeigt sich schon hier, dass beide Charaktere für ganz und gar unterschiedliche Systeme stehen, die beide für sich genommen, aber gerade auch im Konflikt zueinander spannend sind. Auch wenn es „Book Of Eli“ bei ein paar wenigen und dazu einfach gearteten Aussagen belässt, deutet sich die potentielle philosophische Dimension zumindest immer wieder an.

    Nur selten plakativ, aber meist angenehm unaufdringlich ist „Book Of Eli“ von vielen Zitaten und Anspielungen durchzogen. Schon unter diesem Gesichtspunkt macht es Laune, dem Film, der zuweilen wie eine Mischung aus Stephen Kings „Das letzte Gefecht“ und Cormac McCarthys „Die Straße“ wirkt, aufmerksam zu folgen. Am auffälligsten sind natürlich die zahlreichen Bibelverweise, angefangen beim Namen des Helden bis hin zu San Francisco, seinem Ziel im Westen. Ebenso präsent sind auch die Zitate aus der Popkultur. An einer Stelle rezitiert Eli beispielsweise den Text eines Johnny-Cash-Songs von dem Album „Live At Folsom Prison“, an anderer Stelle sind ein paar Takte von Ennio Morricones Score zu Es war einmal in Amerika zu hören, dann wieder erscheint kurz das Filmplakat von L.Q- Jones fabelhafter Endzeitgroteske „A Boy And His Dog“ im Bild. Dabei obliegt es dem Zuschauer herauszufinden, welche der Anspielungen als einfache Referenz zu verstehen ist und welche einen tieferen Sinn hat.

    Ebenfalls stark sind mit Tom Waits (Das Kabinett des Dr. Parnassus), Mila Kunis (Max Payne) und Ray Stevenson („Rome“) die Nebenrollen besetzt. Vor allem Stevenson sorgt als Anführer von Carnegies Gang für Blockbuster-untypische Zwischentöne in der ansonsten eher gesichtslosen Meute. Neben den guten darstellerischen Leistungen macht sich weiter positiv bemerkbar, dass der Film trotz zahlreicher Gelegenheiten selten ins reine Action-Fach abdriftet. Es gibt eine gute Handvoll Scharmützel, von denen lediglich eins (leider das längste) over the top ist. In dieser Sequenz trifft Eli auf Carnegie und seine Mannen, überall sind plötzlich hochkalibrige Waffen und es wird geballert, was die Uzi hergibt. In dieser Sequenz ist „Book Of Eli“ doch wieder nur ein ganz normaler Krawallfilm – und nicht mal ein besonders guter. Die übrigen Actionszenen sind aber auf den Punkt inszeniert, in ihrem jeweiligen Kontext sinnvoll und belegen das Gespür der Macher für die richtige Dosierung.

    Nach dem ausbalanciertem Hauptteil macht Drehbuchautor Gary Whitta dann doch noch einen großen Schritt in den Bereich der christlichen Fantastik, was einigen Zuschauern bestimmt sauer aufstoßen wird - während Magie, naturreligiöse Thesen oder fernöstliche Mystik im Allgemeinen ohne weiteres angenommen werden. Insofern seien empfindlichen Zuschauer hier schon einmal gewarnt: „Book Of Eli“ trägt in dieser Hinsicht dick auf. Doch auch dieses Fantasy-Element ändert nichts an der Grundaussage, dass Religion letztlich das ist, was der Mensch aus ihr macht.

    Fazit: „Book Of Eli“ ist ein zitatengespickter, philosophisch angehauchter Endzeitfilm, der trotz des weniger gelungenen Endes und der mitunter überbetonten christlichen Bezüge mit starken Darstellern und einer stimmungsvoll inszenierten Geschichte gut unterhält.

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