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    Death Note
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    4,0
    stark
    Death Note
    Von Christoph Petersen

    Ob nun nur imaginär im Hirn, in einem gut versteckten Büchlein unter dem Bett oder gar für jeden öffentlich zugänglich im Internet, irgendwo haben wohl viele von uns eine eigene Liste mit Leuten, die sie lieber tot sehen würden. Eine kleine, dreckige Phantasie, die als Ventil sicherlich hervorragend funktioniert, deren Realitätwerdung sich aber wohl nur die allerwenigsten wirklich wünschen. Aber wer weiß schon bestimmt, was er alles tun würde, wenn er plötzlich die Möglichkeit dazu hätte? In seinem Mystery-Zweiteiler „Death Note" (es macht übrigens definitiv keinen Sinn, nur den ersten Teil oder nur „Death Note: The Last Name" zu sehen, beide gehören untrennbar zusammen) spielt Regisseur Shusuke Kaneko dieses Szenario nun durch. Ein jugendlicher Gerechtigkeitsfanatiker erhält die Fähigkeit, jeden zu töten, dessen Namen und Gesicht er kennt. Und er macht ausgiebig Gebrauch davon. Das Ergebnis ist eine stimmige Mischung aus spannendem Fantasy-Thriller, bissiger Popkultur-Satire und moralischem Märchen. Für alle, die sowohl auf politisch brisante Genrefilme wie zuletzt „The Host", auf verstrickte Cop-Thriller à la „Infernal Affairs" und zugleich die quietschbunten Absonderlichkeiten der japanischen Kultur stehen, sind die „Death Note"-Filme ein definitives Must-See auf dem FantasyFilmFest 2007.

    Vor den Füßen des jungen Polizeischülers Light Yagami (Tatsuya Fujiwara) landet aus dem Nichts ein schwarzes Notizheft mit der Aufschrift „Death Note". Die Einleitung verspricht, dass jeder stirbt, dessen Namen man in das Innere schreibt. Zwar glaubt Light nicht sofort an den Hokus-Pokus, aber neugierig ist er doch. Er probiert das Heft an einem Verbrecher aus, den er gerade in den Nachrichten gesehen hat. Und es funktioniert, nur Augenblicke später bricht der Bösewicht mit einem Herzinfarkt zusammen. Fortan macht es sich Light zur Aufgabe, die Welt von all dem Abschaum zu reinigen, der seiner Meinung nach nicht hart genug für seine Taten bestraft wurde. In nur wenigen Wochen sterben so mehr als 150 Gefängnisinsassen. Die Behörden können kaum mehr abstreiten, dass zwischen den Todesfällen ein Zusammenhang besteht, nur können sie sich nicht erklären, wie ein Täter an seine inhaftierten Opfer herankommen sollte. In der Öffentlichkeit wird der geheimnisvolle Mörder hingegen als Erlöser gefeiert. Als eine Gruppe von FBI-Ermittlern Light verstärkt in ihren Fokus nimmt, lässt er sich von seinem Größenwahn übermannen und bricht mit seinen Vorsätzen. Statt nur Schuldige zu töten, wendet er das „Death Note" nun auch gegen seine Häscher. Der einzige, der Light nun noch das Wasser reichen könnte, ist der in Süßigkeiten vernarrte Superagent L (Ken'ichi Matsuyama), der überraschend schnell auf Lights Spur kommt, diesem jedoch zunächst nichts nachweisen kann...

    Während die Fortsetzung „Death Note 2 - The Last Name" in erster Linie von dem direkten Duell zwischen Light und L handelt, dreht sich der erste Teil noch hauptsächlich um Lights Entwicklung, die er durchläuft, nachdem er das teuflische Notizbuch in die Finger bekommen hat. Zunächst will er nur seinen Gerechtigkeitsdurst stillen. Doch dann wird er immer süchtiger nach dem Gefühl von Allmacht, welches ihm das Töten von Menschen verschafft. Schließlich redet Light sich gar ein, dass auch ein paar unschuldige FBI-Agenten, die sich ihm in den Weg stellen, zu Gunsten seines großen Plans von einer besseren Welt dran glauben müssen, dass auch ihr Tod im Kontext seines Schaffens gerechtfertigt ist. Dieser Umgang mit der Hauptfigur, die trotz allem beim Zuschauer noch unerwartet viele Sympathiepunkte sammeln kann, ist fast immer interessant, spannend und in den besten Momenten sogar richtiggehend provokativ. Nur ein einziges Mal schießt der Film dabei ein wenig über das Ziel hinaus. Friedrich Nietzsches philosophische Abhandlung „Jenseits von Gut und Böse" (und zwar im deutschen Original!) hätte Light nun wirklich nicht lesen müssen, seinen moralischen Größenwahn hätte man auch so ohne offene Fragen bestens nachvollziehen können.

    Auch wenn „Death Note" mit einer hochinteressanten moralischen Fragestellung in seinem Kern aufwartet, muss man hier dennoch keinesfalls eine hochtrabende Philosophiestunde voller erhobener Zeigefinger fürchten. Vielmehr sind und bleiben Kanekos zwei Werke reine Unterhaltungsfilme, die sich ihrer anspruchsvollen Thematik zwar auf intelligente, zugleich aber auch ungemein verspielte, manchmal sogar augenzwinkernde Weise nähern. In erster Linie sind die Filme spannend und machen jede Menge Spaß, eher nebenbei kann man sich dann noch freuen, dass man sich hier von überraschend geistreichem Pulp amüsieren lässt. Zwei Kritikpunkte, die von einigen Seiten erhoben wurden, muss man im Endeffekt wohl als Geschmackssache abhaken. Zum einen das auf wenige Charakterzüge und Mimiken limitierte, in diesen aber zugleich auch überzogene Spiel vor allem der beiden Hauptdarsteller. Zum anderen die auf den ersten Blick heutigen Standards nicht genügende Animation des Todesengels Ryuuk. Allerdings passen sich diese beiden Punkte, die dem Film eine gewisse Animeartigkeit verleihen, perfekt in den an jeder Ecke popkulturelle Phänomene zitierenden Stil der Produktion ein.

    Fazit: „Death Note" endet mit einem wirklich fiesen Cliffhanger, man möchte sofort wissen, wie das Katz-und-Maus-Spiel zwischen Light und L weitergeht. Und was könnte mehr für einen Film sprechen?

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