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    Die Bienenhüterin
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,0
    solide
    Die Bienenhüterin
    Von Julian Unkel

    Obwohl sie im Februar erst ihren 15. Geburtstag feierte, zählt Dakota Fanning schon zu den Größen im Schauspielgewerbe. Bereits mit sieben Jahren spielte sie an der Seite von Sean Penn in Ich bin Sam, und wurde für ihre Darstellung prompt für den renommierten Screen Actors Guild Award nominiert – bis heute ist sie die jüngste Schauspielerin, der je diese Ehre je zuteil wurde. In der Folge stieg Fanning zum begehrtesten Kinderstar Hollywoods auf und spielte unter anderem zusammen mit Denzel Washington (Mann unter Feuer), Robert de Niro (Hide And Seek) und Tom Cruise (Krieg der Welten). In dem von Will Smith und seiner Frau Jada Pinkett Smith produzierten Drama „Die Bienenhüterin“ beweist Fanning nun eindrucksvoll, dass sie auch reifere Rollen meistern kann. Mit ihrer beachtlichen Leistung führt sie ein insgesamt stark aufspielendes Darstellerensemble an, das den Film von Regisseurin Gina Prince-Bythewood trotz einiger inhaltlicher Schwächen mühelos trägt.

    South Carolina, 1964: Die vierzehnjährige Lily (Dakota Fanning) hat ihre eigene Mutter als Kleinkind erschossen, ein tragischer Unfall. Seitdem wächst sie bei ihrem gefühlskalten, mit der Situation völlig überforderten Vater (Paul Bettany) und ihrer farbigen Tagesmutter Rosaleen (Jennifer Hudson) auf. Als innerhalb von kurzer Zeit sowohl Lily als auch Rosaleen körperlich misshandelt werden, reißen die beiden aus. Ihre Flucht führt sie in den Ort Tiburon, wo sie bei den farbigen Schwestern August (Queen Latifah), June (Alicia Keys) und May Boatwright (Sophie Okonedo) unterkommen. Die haben es trotz ihrer Hautfarbe geschafft, eine erfolgreiche Bienenzucht aufzubauen. Während Lily von August in die Imkerkunst eingeführt wird, kann sie sich das erste Mal in ihrem Leben frei von jeglicher Angst entwickeln – und kommt zugleich auch der Vergangenheit ihrer Mutter auf die Spur...

    „Die Bienenhüterin“ ist in einer Zeit angesiedelt, in der der Civil Rights Act, der die Rassentrennung in den USA für illegal erklärte und die farbige Bevölkerung auch beim Wahlrecht gleichstellte, zwar bereits auf Papier existierte, aber in den Köpfen vieler weißer Amerikaner noch nicht angekommen war. Die Diskriminierung von Farbigen und Frauen in den Südstaaten spielt daher eine wesentliche Rolle und dient der Story als Motor: Ihre Flucht beschließt die mit einem natürlichen Sinn für Gerechtigkeit ausgestattete Lily, nachdem Rosaleen beim Versuch, sich für die Wahl zu registrieren, von einigen Rednecks verprügelt wird. Bisweilen wirkt Prince-Bythewoods Anklage des rassistischen Klimas sehr oberflächlich und oberlehrerhaft, was vor allem an der plakativen Charakterzeichnung liegt – so sind alle weißen Männer ausnahmslos tumbe Rassisten, die weder Farbige noch Frauen achten. Weitaus gelungener sind hingegen die Szenen, in denen Prince-Bythewood weniger aufdringlich vorgeht und mit subtilen Details aus dem Alltagsleben der Figuren überrascht. Etwa wenn Lily mit einem schwarzen Jungen gemeinsam einen Film ansehen will, dieser das Kino aber über einen gesonderten Eingang für Farbige betreten muss.

    Der gesellschaftliche Kontext bildet den Hintergrund für die im Mittelpunkt stehende Entwicklungsgeschichte von Lily. Ohne Mutter und von einem überforderten Vater aufgezogen, begegnet sie mit der gutmütigen August das erste Mal in ihrem Leben einer Elternfigur, die ihr mit Rat und Weisheit zur Seite steht. Dakota Fanning meistert diese Sequenzen mit einer nuancierten Darbietung und sorgt auch dann für die nötige Glaubwürdigkeit, wenn das Drehbuch etwas zu dick aufträgt. Die Farm der Boatwrights erscheint zumeist als Hort überbordender Glückseligkeit, dem auch zwei in kurzer Folge auftretende tragische Ereignisse nichts anhaben können. Dieser Optimismus ist vor allem gegen Ende, wenn sich alle Konflikte in Wohlgefallen auflösen, in Anbetracht der historischen Situation nicht ganz leicht zu schlucken.

    Dass „Die Bienenhüterin“ dennoch nur sehr selten in kitschige Gefilde abdriftet, ist der großartigen Darstellerriege zu verdanken. Neben Fanning kommt Queen Latifah (Noch einmal Ferien) die meiste Aufmerksamkeit zuteil. Die Rolle der liebenswürdigen August scheint ihr auf den Leib geschrieben, mit ihrer energetischen Darbietung schafft sie es mit Leichtigkeit, den ihrer Figur innewohnenden Optimismus auch auf den Zuschauer zu übertragen. Herausragend ist auch Sophie Okonedo (Hotel Ruanda), die als manisch-depressive May Boatwright für die bewegendsten Momente sorgt. Die hauptberufliche R’n’B-Sängerin Alicia Keys offenbart nach einigen unscheinbaren Auftritten in Smokin‘ Aces und Nanny Diaries ebenfalls schauspielerisches Talent und verleiht ihrer kämpferischen June glaubhaft auch eine verletzliche Seite. Die ehemalige „American Idol“-Kandidatin Jennifer Hudson (Oscar für Dreamgirls, Sex And The City) überzeugt, auch ohne ihre Sangeskünste einzusetzen. In der einzigen erwähnenswerten Männerrolle ist letztlich auch Paul Bettany (The Da Vinci Code – Sakrileg, A Beautiful Mind) passend besetzt, auch wenn er seiner zunächst drehbuchbedingt eher oberflächlichen Böser-Vater-Rolle erst gegen Ende etwas Ambivalenz verleiht.

    Der Originaltitel „The Secret Life of Bees“ bezieht sich auf eine Aussage von August, wonach Bienen in den zugedeckten Bienenkästen unbemerkt von der Außenwelt ein glückliches Leben führen. Für Lily und Rosaleen fungiert das Anwesen der Boatwrights als solch ein Kasten, der ihnen abgeschottet von allen gesellschaftlichen und familiären Zwängen eine freie Entwicklung ermöglicht. Wirklich glaubwürdig ist das abgeschiedene, zuckersüße Idyll sicher nicht, weshalb es „Die Bienenhüterin“ für ein realistisches Gesellschaftsporträt auch am nötigen Tiefgang mangelt. Dank der ausgezeichneten Schauspielleistungen bleibt dennoch ein gelungener Coming-of-Age-Film, dessen Botschaften und Weisheiten nicht neu sind, aber feinfühlig und anrührend erzählt werden.

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