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    I'm Not a F**king Princess
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,5
    durchschnittlich
    I'm Not a F**king Princess
    Von Rochus Wolff

    Als die Fotografin Irina Ionesco der Welt ihre minderjährige Tochter als Aktmodell präsentierte war das Geschrei der schockierten Öffentlichkeit groß. Auch ein 1977 im SPIEGEL als Titelbild veröffentlichtes Foto (Schlagzeile: „Die verkauften Lolitas") führte zu heftigen Diskussionen und einer Rüge des Deutschen Presserates. Nun hat ihre Tochter, Eva Ionesco, mit „I'm Not A F**king Princess" ihre Kindheit zwischen Schulhof und „erotischen" Fotos in den Mittelpunkt ihres Regiedebüts gerückt, das jedoch die politischen und ästhetischen Diskussionen der Zeit weitgehend außen vor lässt. Stattdessen konzentriert sich Ionescos Werk vor allem auf den Konflikt zwischen Mutter und Tochter und destilliert daraus ein Drama, das gelegentlich in einer überzeichneten Traumwelt zu spielen scheint.

    Violetta Giurgu (Anamaria Vartolomei) lebt schon seit langem in der kleinen Wohnung ihrer Urgroßmutter (Georgetta Leahu), während ihre Mutter Hanah (Isabelle Huppert) an einer Karriere als Künstlerin arbeitet und kaum Zeit für die Erziehung ihrer Tochter aufbringt. Als Hanah jedoch entdeckt, dass sich Violetta wunderbar als Fotomodell für ihre Zwecke eignet, nimmt sie sie unter ihre Fittiche und stellt sie ihren Freunden und Gönnern vor. Anfangs freut sich Violetta über die neugewonnene Aufmerksamkeit ihrer Mutter, bis schließlich Konflikte zwischen den beiden entstehen, während die öffentliche Wahrnehmung von Hanahs Bildern sogar vor Gericht diskutiert wird.

    Ionescos Film verzichtet weitgehend auf dramatische Zuspitzungen – die Handlung schreitet langsam, aber kontinuierlich fort. Kleine Konflikte am erzählerischen Wegesrand werden nie auf die Spitze getrieben und versanden meist. Gerade deshalb ist es auch nicht so leicht, eine Abrechnung der Regisseurin (und Drehbuchautorin) Ionesco mit ihrer eigenen Biografie zu finden – zu widersprüchlich, gelegentlich auch unentschlossen in der Bewertung wirkt die filmische Aufarbeitung. Das ist, wenn man den autobiografischen Anteil des Films für gesichert nehmen will, womöglich Absicht. Ein wenig – so scheint es - ist die Tochter willfährige Komplizin ihrer Mutter, und vielleicht mag es der erwachsenen Eva Ionesco im Rückblick so erscheinen, als habe sie sich seinerzeit zu bereitwillig auf das Handeln ihrer Mutter eingelassen. Nur allzu gerne jedenfalls lässt Violetta sich dem drögen Alltag mit ihrer Urgroßmutter entreißen, zu sehr wirkt die mütterliche Wohnung wie eine Zauberwelt, voll tiefer (und dunkler) Geheimnisse. Dann beginnt dort das Spiel mit den Kostümen und den Accessoires, und selbst wenn Violetta es im weiteren Verlauf zu hassen lernt, labt sie sich doch an der Aufmerksamkeit, die ihr zukommt. Das seltsame, (auch inszenatorisch) verfängliche Spiel mit Verführung und Erotik und das Interesse älterer Männer mag für das Mädchen erst spannend wirken, bevor es irritierend, ärgerlich oder gefährlich wird.

    Der deutsche Titel „I'm Not A F**king Princess" stellt die Ablehnung, mit der sich Violetta zum Ende hin von ihrer Mutter lösen wird (so radikal wie berechtigt), gleich vorab deutlich aus; der Originaltitel „My Little Princess" ist da weniger offensichtlich und nimmt eher die Perspektive der Mutter ein. Um deren Figur freilich dreht sich hier eigentlich alles, und das liegt nicht zuletzt an der furios-manisch agierenden Isabelle Huppert, gegen die alle anderen Darsteller hier keine Chance haben. Als Hanah scheinen für sie nur die Bilder und ihre Karriere als Fotografin ausschlaggebend zu sein. Dass viele ihre Fotos, von der der Film wohlweislich nur relativ zahme Versionen zeigt, für anstößig halten, kann (oder will) Hanah indes nicht verstehen. Die Namen Balthus und Lewis Carroll fallen zwar - der gewissermaßen kunsthistorische Kontext wird also hergestellt. Für Hanah jedoch ergibt sich daraus kein Blick auf die gesellschaftlichen Kontroversen.

    Auch der Film buchstabiert die skandalträchtige Tragweite nie wirklich aus, sondern nutzt diese Blindheit nur dazu, die Konzentration auf die Figuren zu erhöhen, ihre Handlungsweisen als psychologische Muster schärfer hervortreten zu lassen. Die stets glamourös gekleidete Hanah wirkt wie aus der Zeit gefallen; in ihrer Selbstdarstellung und ihren Bildern scheint die Sehnsucht nach den Stars vergangener Jahre durchzuscheinen, nach Marlene Dietrich oder den Puppenbildern von Hans Bellmer. Darin spiegelt sich auch die Künstlichkeit des Films wieder, der nie so recht konkret werden will.

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