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    Wenn Liebe so einfach wäre
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,5
    durchschnittlich
    Wenn Liebe so einfach wäre
    Von Andreas Staben

    Neben Nora Ephron (Julie & Julia, Schlaflos in Seattle) ist Nancy Meyers die profilierteste Autorin und Regisseurin Hollywoods. Wie ihre Kollegin gibt sie vor allem dem nicht in erster Linie an Comic- oder Fantasy-Verfilmungen interessierten weiblichen Publikum unterhaltsame Alternativen, Meyers weiß eben Was Frauen wollen und Was das Herz begehrt. Im amerikanischen Weihnachtsgeschäft 2009 tritt sie mit einer weiteren Variation ihrer bewährten Mischung aus Humor und Gefühl, Starbesetzung und klassischem Erzählgestus gegen die Schwergewichte Sherlock Holmes und Avatar an. Auch wenn diese Rechnung mit einem Einspiel von 22 Millionen Dollar am Eröffnungswochenende sehr wohl aufgegangen ist, lässt sich die romantische Komödie „Wenn Liebe so einfach wäre“ nicht als rundum gelungen bezeichnen. Wie schon der Vorgänger Liebe braucht keine Ferien krankt auch Meyers` neuestes Werk an inhaltlicher und atmosphärischer Unausgewogenheit.

    Jane Adler (Meryl Streep) ist eine wahre Künstlerin in der Küche und betreibt erfolgreich eine Bäckerei in Santa Barbara. Das halbwegs geordnete Single-Leben der seit zehn Jahren geschiedenen dreifachen Mutter gerät aus den Fugen, als sie sich nach einem feucht-fröhlichen Abend voller sentimentaler Erinnerungen im Bett mit ihren Ex-Ehemann Jake (Alec Baldwin) wiederfindet. Der charmante Anwalt ist nicht mehr glücklich in seiner neuen Ehe mit der wesentlich jüngeren Agness (Lake Bell), die ihn mit ihrem Kinderwunsch bedrängt. Aus dem einmaligen Ausrutscher wird eine Affäre, die das ehemalige Ehepaar auch vor den erwachsenen Kindern geheim hält. Und dann ist da noch der grundsolide Innenarchitekt Adam (Steve Martin), der Jane ebenfalls den Hof macht. Als Schwiegersohn in spe Harley (John Krasinski) mitbekommt, was zwischen Jane und Jake vorgeht, verkomplizieren sich die Dinge zusätzlich...

    Die Regisseurin, von Filmstarts in der „Liebe braucht keine Ferien“-Kritik als „Frauenrechtlerin des Mainstreams“ bezeichnet, gibt ihren Geschichten immer einen weiblichen Touch. Dennoch läge es ihr selbst wohl fern, sich als Feministin zu bezeichnen. So steht nach Diane Keaton in „Was das Herz begehrt“ mit Meryl Streep nun erneut eine Frau in einem für Hollywood-Verhältnisse bereits extrem fortgeschrittenen Alter im Mittelpunkt. Jane ist beruflich erfolgreich und attraktiv, natürlich kocht sie auch wie eine Göttin und ist eine wundervolle Mutter. Ein Blick auf das traumhafte Anwesen, in dem sie residiert, zeigt uns endgültig, dass wir es mit einer reinen Traumfabrik-Phantasie zu tun haben, die in keiner Weise in einer sozialen Realität verankert ist. Lubitschs klassische Komödienheldinnen aus den 30er Jahren (etwa in „Serenade zu dritt“) sind emanzipierter als diese Jane Adler. Gleich in der Eröffnungsszene spielt Meyers ihre Protagonistin gegen die junge zweite Ehefrau des Ex-Manns aus, um mit einem schalen Gag die Ausgangssituation zu enthüllen. Lake Bell („Boston Legal“, „Surface“, Das Gesetz der Ehre) hat als Agness die undankbare Aufgabe, wie zur ständigen Mahnung ihre gute Figur vorzeigen zu müssen und dazu ein verkniffenes Gesicht zu ziehen. Sympathien für „die andere Frau“ untergräbt Meyers systematisch und ohne jede Spur von komischer Überhöhung.

    Die Widerhaken im vermeintlich fortschrittlichen Blick auf den Geschlechterkampf zeigen sich bei der Behandlung von Nebenfiguren genauso wie bei Janes Überlegungen, sich einer kosmetischen Operation zu unterziehen. Aber auch was das Alter der Protagonisten angeht, verfolgt Meyers eine zweideutige Strategie. Am Ende des Films wundert sich Jane, dass der vernünftige Adam so erwachsen handelt. Nicht zufällig hat der zurückhaltend agierende Steve Martin (L.A. Story, Der rosarote Panther, Baby Mama) als einsamer Architekt, der sich um den Ausbau von Janes Haus kümmern soll, die trotz einer vielversprechenden Ausgangssituation langweiligste Rolle, denn alle anderen Hauptfiguren verhalten sich impulsiv und unüberlegt. Während Jane und Jake sich fast wie verspätete Teenager aufführen, reagieren die erwachsenen Kinder wie traumatisierte Achtjährige auf die erneute Romanze ihrer Eltern.

    Auf ihre eigene Weise fällt Meyers dem Jugendwahn anheim, indem sie nicht nur viele Situationen infantilisiert (minutenlang zeigt sie uns die von einem Joint benebelte Jane), sondern auch viele eigentlich ernsthafte oder gefühlvolle Momente mit oft bemüht wirkenden komischen Effekten überfrachtet. So sabotiert sie letztlich auch die Bemühungen der Darsteller: Meryl Streep (Mamma Mia!, Glaubensfrage) erreicht hier trotz aller Klasse nicht annähernd die Tiefe ihrer nicht unähnlich angelegten Rolle in „Julie & Julia“ (für beide Parts ist sie jeweils für einen Golden Globe nominiert). Dennoch blitzt in ihrem Zusammenspiel mit Alec Baldwin ein Einverständnis auf, das die Szenen des wiedervereinten Paars zu den Höhepunkten des Films macht, ihre Interaktion lässt Last und Lust einer gemeinsamen Vergangenheit spüren. serie,30 Rock-Star Baldwin verleiht dem ruhelosen Egomanen Jake ein erstaunlich nuanciertes Profil und sorgt gemeinsam mit dem leider unterforderten John Krasinski (Away We Go, Ein verlockendes Spiel) als großherziger Schwiegersohn für die Emotionen in diesem überproduzierten Vehikel mit seinen steril wirkenden Luxusdekors und der künstlich wirkenden Konstruktion, deren Originaltitel „It's Complicated“ sich gleich in mehrfacher Hinsicht als programmatisch erweist. Amerikanische Kritiker räumen Baldwin für sein charismatisches Porträt eine Außenseiterchance auf eine zweite Oscar-Nominierung als bester Nebendarsteller nach The Cooler ein. Das wäre dann eine Pointe, die Nancy Meyers sicher gefallen würde: Schließlich moderiert Baldwin gemeinsam mit seinem Co-Star Steve Martin diesmal die Preisverleihung.

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