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    33 sceny z zycia
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    1,5
    enttäuschend
    33 sceny z zycia
    Von Stefan Ludwig

    Krebs ist wie die meisten schwerwiegenden Krankheiten in unserer Gesellschaft immer noch ein unangenehmes Thema. „33 Szenen aus dem Leben“ nimmt sich dieser tödlichen Krankheit in einer Mischung aus schwarzer Komödie und Drama an. Die polnische Regisseurin Malgoska Szumowska scheut sich nicht, den nahenden Tod in aller Deutlichkeit auf die Leinwand zu projizieren. Der Film scheitert jedoch an seiner merkwürdigen Charakterauswahl, der mangelhaften deutschen Synchronisation und einer zu künstlichen Erzählform.

    Die erfolgsverwöhnte Künstlerin Julia (Julia Jentsch) verzweifelt, als ihre Mutter plötzlich unheilbar an Krebs erkrankt. Da ihr Mann beruflich zu beschäftigt ist, um ihr zur Seite zu stehen, klammert sie sich an ihren nachdenklichen Freund Adrian (Peter Gantzler). Als nach dem Tod ihrer Mutter auch ihr Vater plötzlich an Herzversagen stirbt, ist ihre heile Welt endgültig zutiefst erschüttert. Die Familie fehlt ihr als Rückhalt in dieser schweren Zeit. Um das zu kompensieren, stürzt sie sich in ihre Arbeit – und eine Affäre…

    „33 Szenen aus dem Leben“ nimmt sich dem Thema Tod an, ohne ein Blatt vor den Mund zu nehmen. Den körperlichen und geistigen Verfall von Julias Mutter zeigt Malgoska Szumowska in praktisch maximalem Zoom. Wenn sie halluziniert, hält die Kamera voll auf das zerfurchte Gesicht und die schwarzen Augenränder. So verständlich eine gewollt realistische Darstellung erscheint, so sehr befremdet diese jedoch den Zuschauer. Das liegt an der kaum vorhandenen Einführung der Charaktere. Ein einziger Familienabend zu Beginn soll ausreichen, um sich mit den Figuren zu identifizieren. Doch bevor der Betrachter überhaupt verstanden hat, wie die Familie sich zusammensetzt, ist bereits die Mutter im Krankenhaus und die dramatischen Ereignisse reihen sich nahtlos aneinander.

    Malgoska Szumkowska hat mit diesem Film versucht, den schnell aufeinander folgenden Tod ihrer eigenen Eltern zu verarbeiten. Das lässt auch die drastische Darstellung ohne Scheu vor Details verständlich erscheinen. Nach diesen beiden Schicksalsschlägen hat sie sich Notizen über ihre Gefühle gemacht, aus denen später die 33 Szenen des Films entstanden. Ob diese nun für einen Spielfilm ausreichen, fragt sich die Regisseurin zweifelnd in ihrem Kommentar zum eigenen Film. Diese Frage ist mit „Nein“ zu beantworten. Denn obgleich Thema und Geschichte sich zu einem exzellenten Film verarbeiten ließen, ist zumindest die deutsche Version in zahlreichen Momenten unfreiwillig komisch. Zu häufig fragt sich der Zuschauer, ob die Dialoge wirklich so schlecht geschrieben sind, oder vielleicht einfach nur die Synchronregie versagt hat.

    Was die Regiearbeit angeht, versucht sich die ehemalige Dokumentarfilmerin an einer betont künstlerischen Form. So unterbricht sie den Erzählfluss immer wieder mit einer sekundenlangen schwarzen Leinwand, die von dramatischer Orchester-Musik unterlegt ist. Welche Sinn diese Einschübe haben, bleibt schleierhaft. Soll der Zuschauer in sich kehren? Oder vielleicht die fehlende Dramatik der Szenen selbst ausgeglichen werden? Die gewollt ambitionierte Inszenierung wirkt an vielen Stellen prätentiös und überzogen.

    Als Hauptdarstellerin konnte Regisseurin Szumowska für die deutsch-polnische Produktion mit Julia Jentsch eine der besten Schauspielerinnen ihrer Generation für sich gewinnen. Die exzellente Theater- und Filmschauspielerin kann den Film trotz aller Bemühungen nicht retten. Zwar spielt sie ihre von existenziellen Zweifeln geplagte Figur sehr überzeugend, doch das ändert nichts an den groben Schwächen der Geschichte. Die übrige Darstellerriege füllt ihre Rollen ebenfalls gut aus, was für die übermäßig schwierigen Figuren, mit denen man schlicht nicht mitfühlen kann, jedoch nicht entschädigt.

    Die Charaktere sind durch die Bank weg eher negativ angelegt. Zwar erinnert der ein oder andere schlechte Charakterzug auch an einen selbst, doch Identifikation bleibt aus. Das Prinzip, nur unsympathische Figuren zu entwerfen, kann durchaus gelingen, man denke nur an American Beauty. Doch in „33 Szenen aus dem Leben“ wird dieses Prinzip zur Farce, weil zumindest der dramatische Part des Films ein Mitfühlen des Zuschauers zwingend voraussetzt.

    Wenn die Mutter am Heiligabend halbtot auf der Couch vor sich hinvegetiert, der Vater den Weihnachtsbaum auf sie drauf schmeißt und die versammelte Familie kurz darauf in schallendes Gelächter ausbricht, kann man sich zwar ungefähr denken, was das soll, nämlich eine gewisse Befreiung von der unmenschlichen Anspannung signalisieren, doch die Groteske hinter der Szene will nicht zünden. Der Film besteht nicht nur aus 33 Szenen, er besteht auch aus 33 Stimmungen und Tonlagen, die sich für den Zuschauer einfach nicht zu einem stimmigen Ganzen zusammenfügen wollen und ihn befremdet zurücklassen.

    Fazit: „33 Szenen aus dem Leben“ ist ein unzulänglicher Versuch, dem Thema Krebs im Kino zu begegnen. Die Inszenierung wirkt zu gewollt. Die Charaktere sind unpassend. Und über die deutsche Synchro sollte man am besten gar kein Wort mehr verlieren. Malgoska Szumowska schöpft das Potential ihres dritten Spielfilms nicht ansatzweise aus, viele Szenen wirken so, als ob sie so persönlich seien, dass nur ein Insider sie nachvollziehen könnte. Das lässt den Film trotz seiner durchschnittlichen Spieldauer von 96 Minuten unnötig lang erscheinen.

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