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    THX 1138
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    4,5
    hervorragend
    THX 1138
    Von Sven Maier

    „THX 1138”. Was verbirgt sich hinter diesem kryptischen Titel? Fragt man nach „Star Wars” oder Krieg der Sterne, wird es nur wenige Menschen geben, die keine Ahnung haben, worum es sich dabei handelt. Dabei hat George Lucas nicht nur mit seiner Sternen-Saga Filmgeschichte geschrieben. „THX 1138”, sein erstes großes Projekt, war zwar kein Kassenschlager, bekam aber exzellente Kritiken und wurde sogar bei den Filmfestspielen in Cannes aufgeführt. An „Krieg der Sterne” war 1971 nicht zu denken und auch „Indiana Jones” lag in weiter Ferne, als ein junger, aufstrebender Filmemacher noch bereit war zu experimentieren ...

    Die Menschen einer fernen Zukunft haben alle Gefühle aus ihrem Alltag verbannt. Mit Drogen werden sie in einem Dämmerzustand gehalten, ihr Wille nach Freiheit unterdrückt und die bloße Idee von Unabhängigkeit kann gar nicht erst entstehen. Der Wert des Einzelnen ist gleich null, Arbeitsunfälle bei der Herstellung von Robotern - wo der Protagonist THX (Robert Duvall) arbeitet - sind an der Tagesordnung. Das, was den Einzelnen einmal ausgemacht hat, geht verloren. Der Mensch existiert nur noch als eine Reihe von Buchstaben und Ziffern. Selbst die Religion ist auf reine Automatik reduziert, sich ständig wiederholende Phrasen, die den Schein des Geborgenseins auszufüllen versuchen.

    „Are you now, or have you ever been?” (Roboter)

    Der Vorspann beginnt und die grünen Buchstaben sinken von oben nach unten ein. Verbunden mit der Musik wird bereits jetzt eine Atmosphäre der Bedrückung verbreitet. „THX 1138” ist eine Dystopie. Die düstere Zukunftsvision, die George Lucas hier zeichnet, greift die grundlegenden Gedanken auf, die auch schon Autoren wie Aldous Huxley („Schöne neue Welt”, 1932), George Orwell („1984”, 1949), Ray Bradbury (Fahrenheit 451, 1953) oder Anthony Burgess (Uhrwerk Orange, 1962) beschäftigt haben. Vor allem haben sie eines gemeinsam: Sie zeigen eindrücklich, was mit dem Individuum in einer totalitären Gesellschaft passiert. Der Staat möchte keine Individuen. Er möchte Drohnen, die nur dazu fähig sind zu arbeiten und zu konsumieren. Eine Revolte wird durch Medikamente im Keim erstickt. Liebe, als stärkstes Gefühl, ist in der Lucas'schen Horrorvorstellung verboten. THX ist bereits so abgestumpft, dass er Gewaltvideos via Hologramm ansieht, um überhaupt irgend etwas zu spüren. Der menschliche Geist lässt sich jedoch nicht für immer bändigen. Der Mensch rebelliert gegen sein inneres und äußeres Gefängnis. Er möchte ausbrechen und die Welt so erfahren wie er es für richtig hält. Der Kampf gegen die Unterdrücker, der in „Krieg der Sterne” an der Oberfläche ausgetragen wird, findet hier im Inneren statt. Gefühle, die THX nie zuvor erfahren hat, stürzen auf ihn ein, als seine Mitbewohnerin LUH (Maggie McOmie) ihn dazu bringt, die Medikamente nicht mehr einzunehmen... und er kann sich selbst nicht mehr verstehen.

    „Buy more. Buy more now. And ... be happy” (Roboter)

    Im eindeutigen Gegensatz zu den meisten Filmen verlässt sich Lucas nicht in der Hauptsache auf Dialoge der Darsteller, um die Handlung voranzutreiben. Stattdessen wird mit optischen und auditiven Effekten experimentiert, die den Film zu einem wahrhaften Sinn-Erlebnis zu machen. Daher erinnert er streckenweise an den Höhepunkt der Stummfilme, wie Fritz Langs Metropolis (im genaueren Vergleich erschließen sich noch weitere Parallelen). Es handelt sich nicht um Film als ein „Fenster zur Wirklichkeit”, sondern einer eigenen, virtuellen Welt. Die Farbreduzierung und die Verbindung von Klängen und Musik als Einheit können die Aufmerksamkeit des Zuschauers auf das Wesentliche lenken. „THX 1138” ist sicherlich kein leicht verständlicher, einfacher Film für zwischendurch. Anlehnungen finden sich zwar in vielen Unterhaltungsfilmen wieder (z.B. Equilibrium, Die Insel), aber die Thematik wird nie in dieser erschreckenden, meisterhaften Art und Weise dargestellt, wie es George Lucas gelungen ist. Die sterile Gesellschaft spiegelt sich sowohl in der Aufmachung und den Kulissen wider, als auch in der Struktur des Films selbst. Das Ende bleibt offen und überlässt dem Zuschauer die eigene Interpretation.

    „I think I ran over a wookie back there on the expressway... ”

    Ein großer Einfluss auf George Lucas stellen die frühen Fernsehserien von „Buck Rogers“ (wie im Vorspann des Films zu sehen) und von Flash Gordon dar, was man wohl am leichtesten an „Krieg der Sterne” sehen kann. Mit „THX 1138” erschuf Lucas aber etwas Eigenes: einen herausragenden Science-Fiction-Film, der einen bleibenden Eindruck hinterlässt.

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