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    House at the End of the Street
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    House at the End of the Street
    Von Tim Slagman

    Jennifer Lawrences Karriere entwickelt sich in den vergangenen Jahren ganz so als hätte sie ein cleverer Agent am Reißbrett entworfen: Stark war sie im düsteren Indie-Drama „Winter's Bone", wofür sie mit gerade 20 Jahren eine Oscar-Nominierung erhielt. Danach ging es gleich in den Mainstream mit „X-Men: Erste Entscheidung", es folgte die Hauptrolle in dem Blockbuster-Franchise „Die Tribute von Panem", bei dem sie auch für die Fortsetzungen schon fest gebucht ist. Parallel bleibt Lawrence auch den kleineren Produktionen weiterhin treu und sucht neue schauspielerische Herausforderungen, wie etwa in der Komödie „Silver Linings", für die sie bereits viel Kritikerlob einheimste und die wohl eher den zukünftigen Weg ihrer Karriere weist als Mark Tonderais intelligenter Psychothriller „House at the End of the Street", der bereits 2010 gedreht wurde und in dem Lawrence noch einmal in ihrer „Winter's Bone"-Paraderolle als Teenager zu sehen ist, der in der Not über sich hinauswächst.

    Nach dem Sarah (Elisabeth Shue) und ihre Tochter Elissa (Jennifer Lawrence) Chicago verlassen haben, verschlägt es sie in ein amerikanisches Provinzkaff. Die anderen Bewohner der Kleinstadt entpuppen sich als oberflächlich und spießig, die Jugendlichen als Saufköppe. Als einer von ihnen bei einer Party aufdringlich wird, tritt Elissa den langen Weg nach Hause zu Fuß an. Ihr Nachbar Ryan (Max Thieriot), der zufällig mit dem Auto vorbeikommt, bietet an, sie mitzunehmen. Elissa zögert – denn Ryan ist der letzte Bewohner des Nachbarhauses, in dem seine Schwester Carrie-Ann (Eva Link) einst die Eltern ermordete. Im Ort gilt er als Sonderling, ja als Freak, doch als es strömend zu regnen beginnt, steigt Elissa ein. Zwischen den beiden entwickelt sich eine Freundschaft, womöglich sogar mehr, doch die Vergangenheit will einfach nicht ruhen...

    Alles beginnt mit dem Doppelmord, inszeniert in wabernden, wackligen Bildern aus der Perspektive eines Kindmonsters, getrieben von einem Hirn, das die Formen der Umwelt in schrille Primärfarben aufzulösen scheint. Im Gegenschuss verdeckt langes strubbeliges Haar die Augen des Killermädchens, eine Darstellungsform, die an den japanischen Horrorfilm erinnert, vor allem an den modernen Klassiker „Ringu". Man kann durchaus sagen: Aufdringlicher und überspitzter inszeniert geht es kaum mehr. Umso verblüffender ist dann, wie differenziert Mark Tonderai in der Folge eine kranke und verletzte Seele wie Ryan in Szene setzt. Erst zum Finale hin opfert er die Komplexität wieder der effektvollen Zuspitzung, bis dahin jedoch verzichtet er auf allzu schrille Töne und nimmt sich viel Zeit, die langsame Annäherung zweier Einsamer zu beschreiben.

    Max Thieriot („Jumper", „Chloe") spielt Ryan beinahe ein wenig zu zurückgenommen, schafft es aber dennoch, glaubhaft zu machen, dass hier einer unter der Last seiner Familiengeschichte und seiner Isolation zu zerbrechen droht. Tonderai, der seinen Film nach einer Idee des eher als Regisseur bekannten Jonathan Mostow („Terminator 3", „Surrogates") gedreht hat, muss es gar nicht mehr als große Enthüllung in Szene setzen, dass Ryan unter der Falltür im Keller ein Geheimnis verbirgt, durch das sein Verhalten noch einmal in einem anderen Licht erscheint.

    Mark Tonderai („Hush") versucht sich durchaus erfolgreich an einer Vermenschlichung des Genres, für die sich auch in Kauf nehmen lässt, dass er manchen Schockmoment dann doch zu routiniert und uninspiriert herbeiführt. Elissa jedenfalls muss einige harte Lektionen über das Leben lernen und so ist „House at the End of the Street" letztlich gar kein Teenie-Slasher, sondern durchaus eine Coming-of-Age-Geschichte der düsteren Sorte. Jennifer Lawrence spielt Elissa bereits sehr routiniert als unsicheren, orientierungslosen, aber dennoch willensstarken Neuankömmling – in der Welt von „House at the End of the Street" kann sie sie sich ähnlich wie in „Winter's Bone" nicht länger leisten, Kind zu bleiben.

    Fazit: Regisseur Mark Tonderai nähert sich seinen Figuren mit großem Respekt und sehr behutsam, das macht seinen Psychothriller zu einem angenehm unspekulativen und einfühlsamen Genre-Beitrag, der immer dann am schwächsten gerät, wenn die Spannungsschraube auf konventionelle Art angezogen werden soll.

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