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    Beats, Rhymes & Life: The Travels of a Tribe Called Quest
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,0
    solide
    Beats, Rhymes & Life: The Travels of a Tribe Called Quest
    Von Sophie Charlotte Rieger

    Die Zutaten einer Geschichte über die Entstehung einer Hip-Hop-Gruppe sind in der Regel die folgenden: Jugend im Ghetto, Gewalt, Drogen und schließlich der Kampf darum, dieser Misere mit Hilfe der Musikkarriere zu entrinnen. Der Schauspieler Michael Rapaport („The 6th Day") löst sich in seiner Dokumentation „Beats, Rhymes & Life: The Travels of A Tribe Called Quest" von diesen Stereotypen und zeigt Rapper jenseits des Klischees vom knallharten Ghetto-Produkt. Der Regiedebütant kann sich dabei allerdings nicht ganz entscheiden, ob er von einer außerordentlichen Band oder von einer besonderen Freundschaft erzählen will. Das Ergebnis ist ein im besten Sinne sehr interessanter Film, der Fans von A Tribe Called Quest begeistern wird und so manch anderen zumindest überraschen dürfte.

    Michael Rapaport beleuchtet die Entwicklung der Hip-Hop-Gruppe von ihren Anfängen bis heute. Im Zentrum stehen die Musiker Q-Tip und Phife Dawg. Ihr Konflikt bildet den Rahmen der sonst chronologisch erzählten Geschichte. A Tribe Called Quest wird in den 80er Jahren ursprünglich von vier scheinbar unzertrennlichen Freunden gegründet, doch zehn Jahre später trennt sich die Gruppe im Unfrieden. Eine Wiederannäherung der beiden Streithähne Q-Tip und Phife Dawg scheint lange Zeit ausgeschlossen. Zudem verschlechtert sich der Gesundheitszustand des Diabetikers Phife Dawg dramatisch und die hohen Kosten für Medikamente bringen ihn in eine finanziell prekäre Lage. Doch sowohl für den Kranken als auch für die Band gibt es Hoffnung.

    Statt aggressiv wirkender Ghetto-Rapper präsentiert Rapaport in „Beats, Rhymes & Life: The Travels of A Tribe Called Quest" vier sensible Männer, die recht bedacht auf ihre gemeinsame Zeit zurück blicken. Dabei wahren sie stets ihre Privatsphäre. Persönliche Anekdoten gibt es kaum, im Vordergrund steht die Musik. Lediglich Phife tritt auch als Privatfigur in Erscheinung. Der starke Fokus auf das professionelle Leben der Hip-Hopper ist dem Thema des Films angemessen und bietet eine willkommene Abwechslung zur klassischen Hip-Hop-Schicksalsgeschichte à la „8 Mile" oder „Notorious B.I.G.". Allerdings erschwert es Rapaports nüchterne Perspektive auch, eine Beziehung zu den Protagonisten aufzubauen und die Konflikte wirklich nachzufühlen.

    Nach jeder Menge Interviews und Archivaufnahmen schlägt der Film dann mit dem Bruch zwischen den Bandmitgliedern überraschend ins Gegenteil der sachlichen Hip-Hop-Historie um und Michael Rapaport rückt Krankheit und Streit in den Fokus. Dabei kommt es zu Augenblicken, deren Rührseligkeit kaum zur vorher etablierten Stimmung passt. Ist der Film etwa nicht die Geschichte einer Hip-Hop-Gruppe, sondern die einer Männerfreundschaft? Nach seinem Ausflug in emotionsgeladene Sphären kehrt Rapaport dann wieder zur eingangs etablierten distanzierten Perspektive zurück. Der spontane Zickzack-Kurs zwischen Musiker- und Schicksalsdoku wirkt inkonsequent – zumindest bleibt die Frage offen, warum Rapaport sich erst so lange nicht für das Private zu interessieren scheint, nur um dann fast ins Melodramatische auszuschlagen.

    Fazit: Mit seinem sprunghaften Tonfall wirkt „Beats, Rhymes & Life: The Travels of A Tribe Called Quest" zwar phasenweise durchaus irritierend – die Abkehr von jedwedem Ghetto-Klischee macht den Film dennoch zu einer außergewöhnlichen Auseinandersetzung mit der Hip-Hop-Musik und -kultur.

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