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    Notting Hill
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    Notting Hill
    Von Tobias Diekmann

    „Welcome to British charm, a fan site of the charmer, Hugh Grant.“ So oder ähnlich dürften etliche Aussagen vom Wortlaut her auf den englischen Schauspieler zutreffen, und das auch abseits überschwänglicher Fanseiten, aus der dieser Willkommenssatz stammt. Hugh Grant steht seit jeher für einen Typus Mann, dessen Rollen in den Filmen meist einer ähnlichen Kategorie übergeordnet sind: der romantischen Komödie. Denn niemand ist so schön (und demnach häufig) Charmebolzen, trotteliger Junge von nebenan und Lieblingsschwiegersohn aller Mütter wie eben Grant. Auch der Megaerfolg „Notting Hill“ aus dem Jahre 1999 macht da keine Ausnahme. Vielmehr stellt er eine der besseren im Feld etlicher schlechter Rom Coms dar, denn zu der bereits genannten Allzweckwaffe gesellt sich niemand geringeres als Julia Roberts, die hier nicht nur eine millionenschwere Rekordgage einfahren konnte, sondern ihrerseits einen Anteil dieses gelungenen Films trägt. Am meisten punkten kann „Notting Hill“ jedoch mit den in diesem Genre normalerweise eher vernachlässigten Nebencharakteren, die durch die Bank weg hervorragend besetzt sind, und den Film dadurch um einiges mehr an Witz und (sorry, Mr. Grant) Charme verleihen.

    William Thacker (Hugh Grant) lebt ein eher beschauliches Leben als Leiter einer kleinen Buchhandlung im Londoner Stadtteil Notting Hill. Doch plötzlich ändert sich die Ruhe, als eines Tages die Hollywoodgröße Anna Scott (Julia Roberts) in seinem Laden auftaucht und er wenig später mit eben dieser auf unglückliche Weise wieder zusammen trifft, indem er ihr Orangesaft über die Bluse kippt. Er bittet Anna aus Höflichkeit in sein Haus, wo sie gleich Spike (sensationell: Rhys Ifans) begegnet, Williams äußerst skurrilen Mitbewohner. Anna ist fasziniert von William und seinem „einfachen“ Leben. Sie beginnt eine zarte Romanze mit ihm, in deren weiterem Verlauf der Filmstar William sogar zu der Geburtstagsfeier seiner Schwester begleitet, wo sie auch gleich den Rest seiner nicht minder liebenswert-verrückten Familie kennen lernt. Doch aufgrund ihrer großen Popularität, die ihr ein unbehelligtes Leben nicht ermöglicht, und unter „Mithilfe“ von Trottel Spike steht die Beziehung auf wackeligen Beinen, und sowohl Anna als auch William müssen sich fragen, wie viel sie für die gemeinsame Liebe bereit sind, von ihrem in allen Bereichen unterschiedlichen Leben aufzugeben.

    Natürlich haben wir es bei „Notting Hill“ im Ganzen betrachtet mit einer extrem konventionell gestrickten romantischen Komödie zu tun, in deren Fokus die beiden Liebenden stehen, mit denen wir aufs allseits bekannte Finale zusteuern können. Natürlich hat Regisseur Roger Mitchell bei der Wahl seines Hauptdarstellers im Vorfeld einige Male „Vier Hochzeiten und ein Todesfall“ gesehen. Und natürlich lässt Mitchell bei einer Spielzeit von zwei Stunden seinen Protagonisten in einigen Szenen dann doch ein wenig zu lange Anna hinterher trauern. Aber das sind alles Faktoren, die man locker beiseite wischen kann.

    Wirklich schade ist lediglich, dass die Querverweise von der Figur Anna Scott zur Schauspielerin Julia Roberts nur teilweise genutzt und ausgeführt werden. So sind die Auswirkungen von Scotts „Fehltritten“ mit einem normalen Mann wie Thacker zwar kurz angerissen, aber in ihrer Konsequenz zu wenig dargelegt. Die auftauchenden Nacktfotos dienen z.B. lediglich dazu, sie William wieder ein Stück näher zu bringen, werden im weiteren Verlauf in ihren möglichen Folgen für den Weltstar Anna Scott (in Analogie zu Roberts) aber gänzlich ignoriert. Hier wollte man sich wohl doch nicht zu sehr von der eigentlichen Geschichte rund um das „Kriegt er sie oder kriegt er sie nicht“–Spiel lösen, was aber in der Gesamtbetrachtung und das, was der Film leisten will, auch nicht weiter tragisch ist.

    Denn von diesen Faktoren abgesehen, ist „Notting Hill“ eine durch und durch amüsante und liebenswerte Komödie. Roberts und Grant harmonieren in ihren Rollen perfekt zueinander, und etablieren dank eines funktionierenden Drehbuchs ein Gefühl für witzige Dialoge, die sich vor allem auf ihre unterschiedlichen Lebensstandards beziehen, und immer wieder den Raum für genügend romantische (und auch leicht tragische) Momente öffnen. Die richtig guten Pointen ernten nämlich allesamt die liebenswerten Sidekicks, die hier ein ums andere Mal den Hauptakteuren die Show stehlen. Allen voran überzeugt Rhys Ifans als durchgeknallter WG-Kumpane, der mit originellen T-Shirts und einem unnachahmlichen Gespür für die größten Fettnäpfchen die Lacher auf seiner Seite verbuchen kann. Ifans schafft es, seine Figur stets ein bisschen über der Schmerzgrenze des Peinlichen zu halten, ohne dabei zu einer bloßen Karikatur zu verkommen, die nach der dritten Szene langweilen würde. Stattdessen schimmert die warme Menschlichkeit von Spike immer wieder durch, die ihm wirklich alle Sympathiepunkte beschert, und einen erfrischenden Gegenpart zu dem eher zurückhaltenden Spiel von Mitbewohner William liefert.

    Doch auch die anderen Familienmitglieder sorgen dafür, dass die Szenen rund um den Geburtstag seiner Schwester Honey (Emma Chambers) zu den amüsantesten im Film zählen. Hier entwickelt sich zudem ein Humor, der überraschend bissig daherkommt und mit dem „Kampf um den letzten Muffin“ einen denkwürdigen Höhepunkt liefert, was den Dialogwitz betrifft.

    „Notting Hill“ gehört also eindeutig zu den guten der romantischen Komödien, und kann dank exzellenter Darsteller und flottem Drehbuch gerade in diesem sich ständig wiederholenden Genre einige neue (komische) Akzente setzen. Dass diese gerade bei den Nebenfiguren auszumachen sind, ist nicht oft der Fall, und somit umso ausdrücklicher erwähnenswert. Für die Romantik sind schließlich allein Grant und Roberts zuständig, so dass sich beide Elemente in einem guten Verhältnis zueinander befinden, und diesen Film (achtung!) charmant aus der breiten Masse hervorheben.

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