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    Triple 9
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,0
    solide
    Triple 9
    Von Christian Horn

    Auf dem Papier hat „Triple 9“ das Zeug zu einem großartigen Copthriller. Das Drehbuch von Matt Cook stand 2010 auf der sogenannten Black List der besten nicht produzierten Hollywood-Drehbücher eines Jahres, auf der sich einst auch spätere Hits wie „Juno“ oder „Slumdog Millionaire“ befanden. Als bekannt wurde, dass der Australier John Hillcoat („The Proposition“, „The Road“) das Skript mit einer erlesenen Besetzung um Chiwetel Ejiofor (oscarnominiert für „12 Years A Slave“), Woody Harrelson („True Detective“) und Oscar-Gewinnerin Kate Winslet („Steve Jobs“) inszenieren würde, schien zumindest der künstlerische Erfolg von „Triple 9“ fast schon festzustehen. Die hohen Erwartungen erfüllt das Endergebnis allerdings nur in einzelnen Szenen, ansonsten verschenkt Hillcoat mit seinem rauen Thriller der alten Schule viel Potenzial und verzettelt sich in seinem Dickicht aus zu vielen Figuren und konstruierten Handlungssträngen immer wieder.

    In Atlanta prägen blutige Auseinandersetzungen zwischen diversen Gangs das Straßenbild. Über allem thront die Russenmafia unter dem Befehl von Irina Vlaslov (Kate Winslet), deren Würgegriff bis in die Reihen der Polizei reicht. So erpresst Vlaslov den Cop Michael Atwood (Chiwetel Ejiofor), der mit ihrer Schwester Elena (Gal Gadot) einen Sohn hat. Mit seinen Kollegen Marcus Belmont (Anthony Mackie) und Jorge Rodriguez (Clifton Collins Jr.) sowie den Ex-Soldaten Russel (Norman Reedus) und Gabe Welch (Aaron Paul) muss Michael im Auftrag der Mafiabraut waghalsige Raubüberfälle begehen. Für die Ausführung eines weiteren Coups planen die korrupten Cops die Ermordung eines Polizisten als Ablenkungsmanöver. Ihr Opfer soll der neue Kollege Chris Allen (Casey Affleck) sein. Während Vlaslov den Druck erhöht, kommt der Polizeisergeant Jeffrey Allen (Woody Harrelson), der zugleich Chris' Onkel ist, der Bande um Michael auf die Schliche ...  

    Die Grundstimmung von „Triple 9“ ist durch und durch grimmig. Mit abgehackten Köpfen, beinharten (Klischee-)Straßengangs und unvermittelten Gewaltausbrüchen etabliert John Hillcoat Atlanta als Sündenpfuhl aus Korruption und roher Brutalität. Das kantige Sounddesign und der pulsierende Soundtrack von Atticus Ross („The Social Network“) tragen ihrerseits zu der  von Nihilismus durchtränkten Atmosphäre bei. Ähnlich wie in „The Town“, „Sicario“ und anderen (Action-)Thrillern ist überdies auch in „Triple 9“ das ästhetische Erbe von Michael Manns stilprägendem 1995er Meisterwerk „Heat“ deutlich zu erkennen. Blaustichige, übersichtlich arrangierte Bilder und eine besonnene Montage prägen hier schon die ebenso ökonomisch wie effektiv inszenierte Auftaktsequenz, in der ein Raubüberfall der bad cops aus dem Ruder läuft. Solchen beeindruckend in Szene gesetzten Momenten stehen allerdings deutliche erzählerische Schwächen gegenüber. So ist das Figurenarsenal eher in die Breite als in die Tiefe angelegt und das daran geknüpfte Geflecht aus kompliziert verschränkten Abhängigkeiten und Machtverhältnissen wird nur halbherzig in den Blick genommen, vieles bleibt in bloßen Andeutungen stecken.

    Wie bei Copthrillern durchaus üblich verschwimmen auch in „Triple 9“ die Grenzen zwischen Helden und Antihelden, allerdings werden aus der dazugehörigen moralischen Ambivalenz kaum erzählerische Funken geschlagen, dafür sind die Charaktere zu schablonenhaft gezeichnet. Als oberflächlichste Figur erweist sich in diesem „Männerfilm“ ausgerechnet die Mafiachefin Vlaslov, die nicht mehr als das Abziehbild einer Gangsterbraut ist. In dieser Rolle wirkt eine versierte Schauspielerin wie Kate Winslet klar unterfordert – und sie ist hier nicht die einzige. Auch andere starke Darsteller wie Chiwetel Ejiofor, Norman Reedus („The Walking Dead“), Aaron Paul („Breaking Bad“), Anthony Mackie („The Hurt Locker“) oder Clifton Collins Jr. („Pacific Rim“) kommen schon allein wegen der Fülle an Figuren kaum zur Entfaltung. Am ehesten setzt noch Woody Harrelson Akzente, der als aufrechter Gesetzeshüter die Sympathien des Publikums auf sich zieht. Und so kommt „Triple 9“ letztlich nicht über den Status eines handwerklich sauberen Polizeifilms mit edler, aber kaum geforderter Besetzung hinaus.

    Fazit: Der prominent besetzte Copthriller bietet solide Genreunterhaltung, aber das riesige Potenzial der Darsteller und des Stoffes wird nicht annähernd ausgeschöpft.

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