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    Tatort: Trautes Heim
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,0
    lau
    Tatort: Trautes Heim
    Von Lars-Christian Daniels

    Die Kölner Hauptkommissare Max Ballauf (Klaus J. Behrendt, „Rommel") und Freddy Schenk (Dietmar Bär, „Männer wie wir") sind nicht nur eines der beliebtesten, sondern auch eines der dienstältesten Ermittlerduos der Krimireihe „Tatort" – mehr Dienstjahre haben nur die Kollegen aus München und Ludwigshafen auf dem Buckel. Anders als die bayerischen Kommissare Ivo Batic (Miroslav Nemec) und Franz Leitmayr (Udo Wachtveitl) teilen die Ermittler aus der Domstadt aber das gleiche Schicksal wie Lena Odenthal (Ulrike Folkerts) und Mario Kopper (Andreas Hoppe): Die Figuren harmonieren zwar prächtig, entwickeln sich aber schon seit Jahren kaum noch weiter.

    Vieles wirkt festgefahren, und wirklich gute Drehbücher gab es in den vergangenen Jahren – man denke an frühere Hochkaräter wie „Manila" oder „Odins Rache" – viel zu selten. Auch „Trautes Heim", dem nach „Schmale Schultern" zweiten Kölner „Tatort" unter Regie von Christoph Schnee („Das Millionen Rennen"), fehlt es an Mut zu Neuem und unverbrauchten Ideen.

    Der achtjährige Lukas Schäfer (Nick Schuck) wird am helllichten Tag auf offener Straße in Köln entführt. Auf der Flucht vom Tatort gerät der maskierte Entführer in Panik und überfährt einen Motorradfahrer, der die Tat beobachtet und sich an die Fersen des Täters geheftet hatte. Die Hauptkommissare Ballauf (Klaus J. Behrendt) und Schenk (Dietmar Bär), die im Polizeipräsidium wie gewohnt von Assistentin Franziska Lüttgenjohann (Tessa Mittelstaedt) unterstützt werden, stehen zunächst vor einem Rätsel: Warum wurde ausgerechnet der kleine Lukas entführt? Die Familie scheint intakt und stammt aus einfachen Verhältnissen, ein hohes Lösegeld ist also nicht zu erpressen. Ist etwa ein Sexualstraftäter am Werk? Erst als Ballauf und Schenk dahinter kommen, dass Familienvater Roman Sasse (Barnaby Metschurat) seit Jahren ein bemerkenswertes Doppelleben führt, kommt langsam Licht ins Dunkel...

    Gut ein Jahr nach „Keine Polizei" gibt es im Kölner „Tatort" schon wieder einen Entführungsfall, bei dem die klassische Auftaktleiche nur dazu dient, die populären Kommissare der Mordkommission überhaupt in die Suche nach einem verschwundenen Kind zu verwickeln. Nach einer kurzen Stippvisite in der Wohnung des Opfers spielt dieses schon bald keine Rolle mehr: Der Kidnapper ist praktischerweise auch der Mörder, und so ermitteln Ballauf und Schenk schon bald in der Familie des entführten Kindes, in der sich – der Titel „Trautes Heim" legt es bereits nahe – nach ersten Nachforschungen zwischenmenschliche Abgründe auftun. Dass Familienvater Roman Sasse dank einer praktischen Alibi-Agentur seit neun Jahren ein wasserdichtes Doppelleben bei einer Zweitfamilie führt, ist zwar nicht bis ins Detail glaubwürdig, aber zumindest eine halbwegs erfrischende Idee, an denen es den Krimi-Folgen aus der Domstadt ansonsten oft mangelt.

    „Trautes Heim" ist über weite Strecken ein am Reißbrett entworfener Sonntagabendkrimi nach Schema F, in dem die mehr (Sandra Borgmann) oder weniger (Lasse Myhr) gut aufgelegten Nebendarsteller zwar häufig schluchzen und schreien, aber selten bedrückende Atmosphäre oder knisternde Spannung aufkommen will. Die müde inszenierte Verschleppung des kleinen Lukas, ein paar düstere Szenen in Gefangenschaft, das obligatorische Verpatzen der Geldübergabe zu Füßen des Kölner Doms und nicht zuletzt die nervtötenden Männerprobleme von Assistentin Franziska, die die Drehbuchautoren Roland Heep und Frank Koopmann („Hai-Alarm auf Mallorca") mit der Brechstange in den Plot quetschen: „Trautes Heim" bietet nichts, was man in der öffentlich-rechtlichen Krimireihe nicht schon deutlich besser gesehen hätte. Dass Tessa Mittelstaedt („Morden im Norden") nach vierzehn Jahren genug von ihrer Rolle als ewiger Sidekick hat und im nächsten Kölner „Tatort" „Franziska" ihren Abschied feiert, ist leicht nachzuvollziehen: Einmal mehr wirkt ihre aufs Kaffeekochen und Recherchedienste beschränkte Figur schlichtweg überflüssig. Ballauf und Schenk hingegen scheinen ihre besten Zeiten langsam aber sicher hinter sich zu haben. Das Zusammenspiel der Ermittler ist bei ihrem 57. gemeinsamen Einsatz erneut nur laues Mittelmaß.

    Fazit: Wenn der „Tatort" „Trautes Heim" heißt, muss man kein ausgewiesener Krimi-Experte sein, um früh zu erahnen, wo der Hase in der 871. Ausgabe der Erfolgsreihe lang läuft. Auch daneben entpuppt sich die WDR-Produktion vor allem aufgrund des einfallsarmen Drehbuchs früh als Enttäuschung.

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