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    Apple Stories
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,5
    durchschnittlich
    Apple Stories
    Von Michael Meyns

    Vor 20 Jahren waren Handys noch dick wie Backsteine, seit sie leicht, handlich und erschwinglich sind, gibt es fast so viele Mobiltelefone wie Menschen auf der Erde. Das beliebteste Modell ist dabei das iPhone von Apple, das als loser roter Faden für Rasmus Gerlachs Dokumentation „Apple Stories“ dient. Von Reparaturshops in Hamburg, wo findige Techniker defekte Handys wiederbeleben, Minen in Afrika, wo unter härtesten Bedingungen die Rohstoffe abgebaut werden, ohne die die moderne Elektronik nicht denkbar wäre, bis hin zu einer illegalen Fertigungsanlage für Apple-Ersatzteile in China reicht die Reise, auf die Gerlach den Zuschauer mitnimmt. Auf dieser verliert der Filmemacher allerdings etliche Male den Faden, so dass aus der zu Beginn angepeilten kritischen Auseinandersetzung mit Apple, ein bloßes Aufzeigen von ganz allgemeinen Fragen rund ums Handy wird.

    Man kennt die Bilder: Wenn irgendwo auf der Welt ein neuer Apple-Store öffnet, inszeniert der Megakonzern dazu Bilder von ungebrochener Begeisterung. Schlangestehende Menschen, die teils seit mehreren Tagen darauf warten, endlich das neueste Apple-Produkt kaufen zu dürfen, während drinnen stets lächelnde Angestellte Freude suggerieren. Doch in den vergangenen Jahren hat dieser schöne Schein zunehmend Risse bekommen: Wenn selbst die „Simpsons“ sich regelmäßig über die sektenartige Obsession mit Apple-Produkten lustig machen, ist der von dem 2011 verstorbenen Steve Jobs errichtete Thron kurz vorm Umkippen.

    Dennoch ist Apple – aktuell die wertvollste Marke der Welt – immer noch ein leichtes Ziel für Globalisierungskritik unterschiedlichster Couleur. Zu obszön mutet es an, wenn in Zulieferbetrieben in China dutzende Menschen Selbstmord begehen, Interviews mit Konzernmitarbeitern unter Strafe verboten sind oder in afrikanischen Minen schlecht bezahlte Arbeiter in Flip-Flops Rohstoffe abbauen. All diese Aspekte reißt Rasmus Gerlach in seiner Dokumentation an. Das Ergebnis wirkt dennoch so, als hätte der Dokumentarfilmer erst im Laufe der Arbeit die Entscheidung getroffen, Apple anzugreifen.

    Der Konzern mit dem Apfel-Logo steht zwar im Fokus, doch dass etwas auch Nokia und Samsung ihre Produkte in Billiglohnländern produzieren, bleibt außen vor. Apple ist am bekanntesten und am leichtesten angreifbar, auch weil der Konzern Interviews verweigert, was perfekt ins Bild passt. Gerlach gelingt es aber zu selten, seine Attacke zielgerichtet zu führen. Apple hat es wie kaum ein anderer moderner Konzern mit einer – fraglos brillanten – Marketingmaschinerie geschafft, sich einen coolen, hippen und positiven Anstrich zu geben. Die Firma gilt teilweise fast als Vertreter des „guten“ Kapitalismus, dessen wunderschöne Geräte scheinbar unter himmlischen Bedingungen entstehen. Doch wenn Gerlach ausführlich über so genannte Konfliktrohstoffe berichtet, die aus Krisengebieten in den legalen Handel mit Rohstoffen geschmuggelt werden, hat das mit Apple speziell nichts zu tun, sondern weist auf ein grundsätzliches Problem hin.

    Immer wieder verliert Gerlach den Faden, schweift zu Bildern ab, die zwar irgendwie mit Handys zu tun haben, aber in seinem Film fehl am Platz wirken: Besonders frappierend wird dies, wenn er völlig kontextlos die Proteste auf dem Tahir-Platz in Kairo zeigt, auf denen Menschen eben auch Handys benutzt haben. Die Bedeutung des Mobilfunks für die Revolutionen in den arabischen Ländern ist fraglos ein interessantes Thema, das intensiver zu erkunden spannend gewesen wäre. In Rasmus Gerlachs Film sind dazu allerdings nur Ansätze vorhanden. Er schneidet viele relevante Aspekte an, dabei belässt er es aber in seinen „Handy Stories“.

    Fazit: Rasmus Gerlach liefert in seiner Dokumentation „Apple Stories“ interessante Einblicke in die oft problematischen Methoden der Handyproduktion und schießt sich dabei besonders auf den Marktführer Apple ein, bleibt aber zu oft an der Oberfläche und vernachlässigt zu sehr, dass seine Vorwürfe alle Technologiekonzerne betreffen.

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