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    Unbeatable
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    4,0
    stark
    Unbeatable
    Von Stefan Dabrock

    Hongkong-Actionkino-Ikone Bruce Lee verband einst die unterschiedlichsten Elemente aus so verschiedenen Kampfsportarten wie Kung Fu, Judo, Boxen und mehr und entwickelte auf diesem Weg seinen eigenen Kampfstil Jeet Kune Do. Man könnte sagen, Lee hat somit auch (ungewollt) dem so genannten Mixed Martial Arts (MMA), jener modernen Art des Vollkontaktwettkampfes, bei dem sich die Kämpfer der unterschiedlichsten Tritt- und Schlagkräfte bedienen und deren Wettkämpfe in Deutschland aufgrund der Brutalität nicht mehr im Fernsehen gezeigt dürfen, den Weg bereitet. Dieser weltweit beliebte Sport steht zwar im Mittelpunkt von „Unbeatable“, doch Dante Lams starkes Action-Melodram bietet noch mehr als krachende Fights. Souverän variiert der Regisseur die Mechanismen des Sportfilms, womit ihm ein bewegendes Werk über die Fähigkeit, den Respekt vor sich selbst wiederzuerlangen, gelingt.

    Der ehemalige Boxchampion Fai (Nick Cheung) schlägt sich in Hongkong als Taxifahrer durchs Leben, nachdem er eine Haftstrafe wegen manipulierter Kämpfe abgesessen hat. Aufgrund zu hoher Wettschulden muss er jedoch nach Macao fliehen, wo er in der Trainingshalle eines alten Kumpels (Philip Keung) als Hausmeister arbeitet und bei der psychisch angeschlagenen Wang Mingjun (Mei Ting) zur Untermiete wohnt. Die alleinerziehende Mutter der 10-jährigen Leung Pui-dan (Crystal Lee) leidet unter dem Unfalltod ihres Sohnes, für den sie mitverantwortlich ist. Zwischen Fai und Pui-dan entwickelt sich eine fürsorgliche Beziehung, die jedoch durch die Vergangenheit des Boxers gefährdet wird. Gleichzeitig lernt Fai in der Trainingshalle Lin Siqi (Eddie Peng) kennen, der für sich und seinen nach einem gescheiterten Finanzdeal mittellosen Vater das Preisgeld einer in Macao stattfindenden MMA-Meisterschaft gewinnen will. Fai nimmt Siqi unter seine Fittiche, um mit dem Schüler noch einmal an die eigenen Erfolge anzuknüpfen.

    Hongkong-Action-Routinier Dante Lam („The Sniper“, „The Stool Pigeon“), der auch am Drehbuch mitgearbeitet hat, kennt die klassische Dramaturgie eines Sportlerdramas aus Erfolgen, Rückschlägen und großem Finale ganz genau und folgt dieser in „Unbeatable“. Doch sein Werk hebt sich trotz des gängigen Handlungsverlaufs deutlich vom Genre-Durchschnitt ab. Dafür sorgt schon die sorgfältige Figurenzeichnung. Fais Vergangenheit als Boxchampion, der Kämpfe manipuliert hat, ist gleichermaßen ruhmreich wie schändlich. Gleichzeitig übernimmt er Verantwortung für Pui-dans Familie und versucht Siqi zum Sieg zu führen. Diese Vielfältigkeit macht den Reiz des Films aus, zumal Hauptdarsteller Nick Cheung („Election 2“, „Nightfall“) Fai so nuanciert spielt, dass er die facettenreiche Tragik eines gefallenen Menschen genau auf den Punkt bringt. Neben Fais Schicksal sind Pui-dans Wunsch nach einem normalen Familienleben und Siqis Versuch, im Ring seine eigene Vergangenheit als zielloser Herumtreiber zu überwinden, weitere Bestandteile von Lams kraftvollem Melodram.

    Aus dem Zusammentreffen der drei Figuren entstehen emotionale Momente, die unter die Haut gehen. Mal droht Pui-dans Ersatzfamilie auseinanderzubrechen, weil ihre Mutter in die Psychiatrie eingewiesen werden soll und Fai aufgrund seiner Vorstrafe nicht als Vormund in Frage kommt. Dann wendet sich der geschlagene Siqi mit einer im Ring gehaltenen Rede über den Willen nicht aufzugeben, indirekt an seinen finanziell und psychisch angeschlagenen Vater. Auf diese Weise unterstreicht Lam immer wieder, dass es im Kern von „Unbeatable“ um den Verlust der Selbstachtung geht. Fand dieser Kampf im ersten Teil des Films noch außerhalb des Ringes statt, verstärkt Lam in der zweiten Hälfte die melodramatischen Aspekte mit erstklassig inszenierten, effektvollen Martial-Arts-Kämpfen. Dynamische Schnittfolgen, wuchtige Schläge, Zeitlupenstilisierungen und variantenreiche Choreografien entpuppen sich als energiegeladene Metaphern für den Mut, mit dem man sein Leben angehen muss. Auch wenn gekämpft wird, auch wenn die Knochen brechen oder das Schicksal unbarmherzig zu sein scheint, ist das Ende der Fahnenstange erst dann erreicht, wenn man sich selbst verrät.

    Fazit: Aus einer konventionellen Geschichte macht Dante Lam in seinem MMA-Film „Unbeatable“ dank vielschichtiger Figuren ein packendes, emotionales und unbedingt sehenswertes Action-Melodram. Das liegt vor allem an Hauptdarsteller Nick Cheung, der eine der besten Leistungen seiner Karriere abliefert und nicht umsonst als Bester Schauspieler bei den Golden Horse Awards 2013, dem Äquivalent zu den Oscars in der chinesischsprachigen Welt, nominiert ist.

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