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    Taxi - nach dem Roman von Karen Duve
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    Taxi - nach dem Roman von Karen Duve
    Von Gregor Torinus

    Es gibt Filme, die werden zum Kult, weil sie auf besondere Weise den Geist einer bestimmten Zeit und eines bestimmten Ortes einfangen. So war Paris selten romantisch-verträumter als im surrealen 80er-Jahre-Gangster-Märchen „Diva“. Der Protagonist von Jean-Jacques Beineix‘ Neon-Bilderrausch war ein Postbote, der mit dem Mofa durch die französische Hauptstadt kurvte. Ein fernes Echo dieses Klassikers gibt es nun in Kerstin Ahlrichs' Buchverfilmung „Taxi – nach dem Roman von Karen Duve“, wenn die Hauptdarstellerin als Taxifahrerin im nächtlichen Hamburg der Achtziger unterwegs ist. Ob das ruppig-romantische Drama seinerseits zum Kultfilm werden kann, muss sich indes erst noch zeigen, jedenfalls lässt es die typische norddeutsche Coolness und die Schroffheit der Hansestadt von vor 30 Jahren lebendig werden.

    Rosalie Thomass („Das Leben ist nichts für Feiglinge“) spielt Alexandra, das erklärte Alter Ego der Romanautorin Karen Duve. Die 25-Jährige hat ihre Ausbildung zur Versicherungskauffrau geschmissen und fährt jetzt Taxi. In ihren nächtlichen Touren durch Hamburg findet sie die langersehnte Freiheit, mit ihren schrulligen Kollegen und den bunt gemischten Fahrgästen kommt keine Langeweile auf. Sie transportiert Geschäftsleute, Punks, Spießbürger, Partygänger, Zirkusartisten und Zuhälter – und sie hat Sex mit ihrem Künstler-Kollegen Dietrich (Stipe Erceg) und mit dem kleinwüchsigen Psychologen Marc (Peter Dinklage, „Game of Thrones“). Alex‘ unbedingtes Streben nach Unabhängigkeit wird von einer starken Bindungs- und Entscheidungsangst begleitet, die Kehrseite der Freiheit ist die Verlorenheit.

    Hauptdarstellerin Thomass bringt subtil die inneren Widersprüche der wortkargen Protagonistin zum Ausdruck, immer wieder rückt die Kamera das Gesicht der kühlen Schönheit in den Mittelpunkt und lenkt den Blick auf ihr schwer zu entzifferndes Mienenspiel: Alexandra ist gleichsam die Verkörperung des gesellschaftlichen Aufbruchs der 80er Jahre, aber auch ihres Hangs zur Oberflächlichkeit. Von der nächtlichen Neon-Beleuchtung, über die Punk- und Wave-Musik bis hin zu den verkorksten politischen Diskussionen atmet „Taxi“ aus jeder Pore den Geist dieser Zeit. Aus ihren eigenen  Erfahrungen hat Romanautorin Karen Duve ein wahrhaftiges Bild eines Milieus und einer Epoche destilliert, das Regisseurin Ahlrichs auf der Kinoleinwand in eine sinnlich-stimmungsvolle Zeitreise verwandelt.

    Fazit: „Taxi“ ist ein charmanter Film über das nächtliche Hamburg der 80er Jahre, der mehr von seiner besonderen Atmosphäre lebt als von seiner rudimentären Geschichte.

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