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    Rico, Oskar und das Herzgebreche
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    4,0
    stark
    Rico, Oskar und das Herzgebreche
    Von Jörg Brandes

    Im Sommer 2014 formierte sich auf deutschen Leinwänden ein echtes Dream-Team. Der furchtlose und im Grunde gar nicht so dumme „tiefbegabte“ Rico und der etwas ängstliche neunmalkluge Oskar hatten sich zwar nicht gesucht, zum Vergnügen von Kritikern und knapp 800.000 Kinogängern aber gefunden. Kurz nach dem Start von „Rico, Oskar und die Tieferschatten“ begannen bereits die Dreharbeiten zum zweiten Film nach Andreas Steinhöfels Buchtrilogie um die beiden ungleichen Freunde. Eile schien geboten, schließlich werden auch die beiden famosen Hauptdarsteller nicht jünger. Regisseurin Neele Leana Vollmar („Maria, ihm schmeckt’s nicht!“) pausierte aus familiären Gründen, so übernahm der Jugendfilm-erfahrene Wolfgang Groos („Vorstadtkrokodile 3“, „Die Vampirschwestern“) die Inszenierung der Fortsetzung. Und auch unter neuem künstlerischem Kommando ist „Rico, Oskar und das Herzgebreche“ ein weiterer toller Kinospaß für die ganze Familie geworden, der kaum hinter dem ersten Teil zurückbleibt.

    Nachdem Rico (Anton Petzold) und Oskar (Juri Winkler) dem „Schnäppchen-Entführer“ Mister 2000 das Handwerk legten, haben die beiden es in ihrem Umfeld um die Berliner Dieffenbachstraße zu einer gewissen Berühmtheit gebracht und werden von den Kessler-Zwillingen umschwärmt. Doch nun sind die Jungs an einer neuen Sache dran, die nichts mit ihren groupiehaften Verehrerinnen zu tun hat: Oskar hat beobachtet, dass die Bingospielhallenchefin Ellie Wandbeck (Katharina Thalbach) bei der Gewinnvergabe schummelt. Und ausgerechnet Ricos flippige Mutter Tanja (Karoline Herfurth) scheint mit ihr unter einer Decke zu stecken. Wird sie womöglich erpresst? Um mehr herauszufinden, tun sich Rico und Oskar mit dem ebenfalls Bingo spielenden Herrn von Scherten (Henry Hübchen) zusammen.

    Wolfgang Groos hält sich im Großen und Ganzen an das bewährte Konzept. Er greift sogar eines der komischen Highlights des Vorgängerfilms wieder auf: Musste sich im ersten Teil eine von Anke Engelke gespielte Eisverkäuferin mit einer ausufernd komplizierten Bestellung von Oskar herumschlagen, trifft es diesmal eine genervte Kellnerin (Annette Frier) in einer Pizzeria. Groos setzt hier und an anderen Stellen ein wenig stärker auf Klamauk als seine Vorgängerin, aber das tut dem Vergnügen auch für die erwachsenen Zuschauer kaum Abbruch. Dafür sorgen allein schon die vielen witzig-spritzigen Dialoge. Und die launigen Visualisierungen von Ricos oft umständlichen Gedankengängen können sich auch diesmal wieder sehen lassen. Zudem überzeugen bei allem Spaß und aller kindgerecht erzeugten Spannung auch die ernsteren Momente. Wenn etwa Oskar mal wieder traurig ist, weil er sich von seinem Vater im Stich gelassen fühlt, dann wird das deutlich spürbar. Umso schöner, dass er bei seinem Kumpel und dessen Mutter jederzeit willkommen ist.

    Den Löwenanteil am Gelingen des Films haben jedoch die hochtalentierten Nachwuchsdarsteller Anton Petzold und Juri Winkler. Sie verkörpern nicht nur perfekt ihre unterschiedlichen Figuren, sondern harmonieren auch einmal mehr prächtig miteinander – die innige Freundschaft zwischen Rico und Oskar wirkt bei ihnen absolut echt. Daneben glänzt Karoline Herfurth („Fack ju Göhte“) erneut als Ricos offenherzige Mutter und auch das Wiedersehen mit einigen anderen Bewohnern des Hauses „Dieffe 93“ fällt erfreulich aus – obwohl die Leinwandzeit etwa von Ronald Zehrfeld („Phoenix“) als Polizist Simon Westbühl, den Rico gern mit seiner Mama verkuppeln würde, und Milan Peschel („Der Nanny“) als misanthropischer Steinezüchter Fitzke recht knapp bemessen ist. Wesentlich mehr Raum bekommen dagegen zwei Neuzugänge: Henry Hübchen („Alles auf Zucker“) reüssiert als vornehmer Bingo-Veteran, dessen Hilfsbereitschaft wesentlich größer ist als sein Fahrkönnen. Und als Ellie Wandbecks Sohn Boris, der auch noch Tanjas Nachtclub-Chef ist, gibt Moritz Bleibtreu mit unvorteilhafter Frisur, schielendem Blick und Stotterproblem einen Schurken ab, der einem fast leidtun kann – insbesondere wenn er von seiner ebenso exzentrischen wie durchtriebenen Mutter zur Fußmassage genötigt wird.

    Fazit: „Rico, Oskar und das Herzgebreche“ hält dem Vergleich mit dem tollen Vorgängerfilm stand – und steigert die Vorfreude auf „Rico, Oskar und der Diebstahlstein“, der 2016 folgen wird.

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