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    Clifford der große rote Hund
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,0
    solide
    Clifford der große rote Hund

    Groß genug? Zu rot? Hauptsache das Herz am rechten Fleck!

    Von Oliver Kube

    Ein paar erwachsene (!!!) Menschen, die offenbar zu viel Zeit oder keine anderen Sorgen auf der Welt haben, versuchten nach der Veröffentlichung des ersten Trailers von „Clifford der große rote Hund“, in den Sozialen Netzwerken einen sogenannten „Shitstorm“ anzuzetteln. Ihnen zufolge war der Realfilm-Hund wahlweise zu rot oder nicht groß genug geraten. Andere monierten, dass ein Golden Retriever gecastet wurde - obwohl der Original-Autor Norman Bridwell seinen vierbeinigen Titelhelden doch nach dem Vorbild eines Drahthaar-Vizslas erschaffen hatte.

    Ob diese Personen damit erreichen wollten, dass Regisseur Walt Becker („Alvin und die Chipmunks: Road Chip“) den Look noch einmal komplett über den Haufen wirft, wie es 2018 bei „Sonic The Hedgehog“ nach ähnlichen, aber noch heftigeren Protesten geschehen ist, wissen wir nicht. Aber weil Clifford nun mal keine ikonische Videospiel-Figur, sondern „nur“ ein Fantasie-Tierchen aus einem Kinderbuch beziehungsweise einer Trickfilm-Serie aus dem Vormittagsprogramm ist, verlief sich das Shit-Stürmchen dann doch recht schnell wieder im Sande. Und das ist völlig okay. „Clifford der große rote Hund“ ist schließlich auch so ein amüsant-sympathischer Zeitvertreib für Kids, bei dem – zumindest streckenweise – auch die mit im Kino sitzenden Eltern ihren Spaß haben können.

    Als Emily Elizabeth ihr neues Haustier geschenkt bekommt, ist es noch ein kleiner roter Hund ...

    Die aufgeweckte Emily Elizabeth (Darby Camp) lebt mit ihrer alleinerziehenden Mutter Maggie (Sienna Guillory) neuerdings in New York City, hat dort aber bisher weder in der Schule noch in der Nachbarschaft richtigen Anschluss gefunden. Als Maggie beruflich für ein paar Tage nach Chicago muss, beauftragt sie ihren liebenswerten, aber arg chaotischen Bruder Casey (Jack Whitehall) mit der Kinderbetreuung. Bei einem Spaziergang stoßen Onkel und Nichte auf ein Zelt, in dem der ebenso freundliche wie exzentrische Mr. Bridwell (John Cleese) herrenlose junge Tiere an Kinder verteilt. Emily Elizabeth verliebt sich sofort in einen winzigen, seltsamerweise roten Hundewelpen, zu dem Mr. Bridwell ihr erklärt, dass er allein durch ihre Liebe wachsen würde.

    Schon am nächsten Morgen füllt der auf den Namen Clifford getaufte Vierbeiner Emily Elizabeths Zimmer fast komplett aus. Das besorgte Mädchen macht sich mit ihrem neuen Riesenfreund auf den Weg zum Tierarzt. Dabei werden sie natürlich ständig fotografiert und die Nachricht vom roten Hund verbreitet sich über die Sozialen Medien wie ein Lauffeuer. Die geposteten Bilder rufen wiederum den schon seit Jahren erfolglos nach einem Wachstumsmittel forschenden Unternehmer Zack Tieran (Tony Hale) auf den Plan, der Clifford unbedingt einfangen und in sein Labor schaffen will. Eine wilde Jagd quer durch die Stadt entbrennt. Dabei erkennt Emily Elizabeth, dass sie und Clifford offenbar doch auf viel mehr Freund*innen als gedacht zählen können…

    Es ist doch völlig schnuppe, warum der jetzt groß und rot ist

    Emily Elizabeth wird von Darby Camp aus „Big Little Lies“ erfrischend forsch und mutig gespielt – und ihr reicht die „Liebes“-Erklärung von Mr. Bridwell, um Cliffords plötzlichen Wachstumsschub zu akzeptieren. Das Wichtigste für die Sechstklässlerin ist schließlich, ihrem neuen Haustier dabei zu helfen, in der ungewohnten Umgebung anzukommen und ihn vor Tieran und seinen Häschern in Sicherheit zu bringen. Den Kindern im Kinosaal dürfte es ganz ähnlich gehen ...

    ... weshalb auch erwachsene Zuschauer*innen sich besser nicht zu lange mit der Frage aufhalten sollten, was mit dem Wauwau vielleicht nicht stimmen könnte. Denn Antworten werden sie ohnehin nicht erhalten. Machen wir es also am besten einfach wie der von „Jungle Cruise“-Star Jack Whitehall augenzwinkernd und schlagfertig verkörperte Onkel Casey: Der lässt sich nämlich auch ohne groß nachzudenken auf den ganzen Wahnsinn ein und hat seinen tierischen Spaß dabei.

    ... aber schon am nächsten Morgen ist es schwer, Clifford überhaupt noch durch die Haustür zu bekommen.

    „Clifford der große rote Hund“ ist nahezu durchgehend temporeich gestaltet, ohne ins Hektische zu kippen. Langeweile kommt jedenfalls nie auf. Allerdings müssen wir hier attestieren, dass die visuellen Effekte, besonders in Bezug auf Clifford, oft nicht wahnsinnig überzeugend geraten sind. Sein Fell schaut aus, als hätte ihn jemand kurz vor dem Fall der ersten Klappe noch schnell mit einem Eimer Rostschutzfarbe angestrichen. Das hätte sicher glaubhafter gemacht werden können. Noch gravierender sind aber die wechselhafte Dimensionierung von Clifford im Vergleich zu seiner Umgebung sowie die gelegentlich recht nachlässig wirkenden Anschlussschnitte. So sieht die Interaktion zwischen Hund und Menschen selbst für das ungeübte Auge nur selten aus, als wären beide tatsächlich gemeinsam an einem Ort und nicht erst nachträglich am Computer zusammengefügt worden.

    Enttäuschend kurz fällt zudem der Auftritt von Monty-Python-Legende John Cleese („Die Ritter der Kokosnuss“) aus. Zwar ist sein Mr. Bridwell mit dem Geschenk an Emily Elizabeth quasi der Auslöser der Geschichte. Doch dann bekommen wir die Figur nur noch einmal kurz im großen Finale zu sehen. Schade, denn seine wenigen Szenen meistert Cleese mit dem ihm eigenen Charme gekonnt. Während auch Clifford mit seiner Tollpatschigkeit zuverlässig niedliche Pointen liefert, zünden gerade die Gags, in die allein menschliche Charaktere involviert sind, längst nicht zu 100 Prozent. Darüber hinaus sind ein paar der Nebenfiguren – etwa die osteuropäische Nachbarin (Tovah Feldshuh) oder der knurrige Hausmeister – doch arg klischeehaft dargestellt. Dafür wird die Message, dass „anders“ nicht gleich „schlecht“ oder „beängstigend“ sein muss, kindgerecht und verständlich vermittelt – und spätestens mit dem wärmenden Happy End ist klar: „Clifford der große rote Hund“ hat sein Herz ebenso wie sein tapsiger Titelheld definitiv am rechten Fleck.

    Fazit: Auch wenn er längst nicht perfekt ist, macht dieser turbulente Familienfilm einfach Spaß. Sicherlich werden sich viele kleine Kinofans nach dem Film ebenfalls einen vierbeinigen Freund wie Clifford wünschen – niedlich, flauschig, liebenswert, nur vielleicht lieber doch nicht ganz so riesig.

     

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