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    Atom Heart Mother
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    4,0
    stark
    Atom Heart Mother
    Von Michael Meyns

    Allzu oft werden Filme aus mehr oder weniger repressiven Staaten wie dem Iran daran gemessen, ob sie regimekritisch sind. Als wäre das Dasein in einer Autokratie ausschließlich von Unterdrückung und Protest geprägt und nicht vor allem von ganz normalem Dingen, Träumen und Hoffnungen. Dass dieses ganz „normale“ Leben immanent politisch sein kann, zeigt das starke Drama „Atom Heart Mother“ des iranischen Regisseurs Ali Ahmadzadeh, ein Highlight im Programm des Forums der Berlinale 2015. Das Road Movie spielt in einer einzigen Nacht in Teheran: Zwei jungen Frauen begegnen auf dem Heimweg von einer Party zunehmend merkwürdige Gestalten... Was als ausgelassenes Porträt der jungen Generation beginnt, wird zunehmend zum surrealen Trip, der am Ende gar in die Dimensionen der Filme von David Lynch („Lost Highway“) vorstößt.

    Auch im Iran wird gern gefeiert, was allerdings nicht an öffentlichen Orten stattfindet, sondern in Privaträumen. Auf dem Heimweg von so einer Privatparty sind die Freundinnen Arineh (Taraneh Alidoosti) und Nobahar (Pegah Ahangarani) in ausgelassener Stimmung und auch ein wenig angetrunken. Wenig überraschend, dass sie bald einen Unfall bauen, worauf ihnen ein merkwürdiger Fremder namens Toofan (Mohammad Reza Golzar) aus der Patsche hilft. Doch was anfangs wie ein Wink des Himmels wirkte, erweist sich bald als zunehmend sinistre Bedrohung…

    Ob der Fremde, der die Protagonistinnen über ihr Leben, eine Raubkopie von „Argo“ (der ganz nebenbei als einfältiger, latent rassistischer Blick auf den Iran kritisiert wird) und ihr Verhältnis zur Revolution ausfragt, vielleicht so etwas wie der Satan ist, lässt Ahmadzadeh offen - eine verführerische Gestalt ist Toofan in jedem Fall. Er verspricht die Frauen aus ihrem eingeschränkten Leben zu befreien, sie in eine andere Welt zu entführen: Auf ganz subtile Weise wird hier dann eben doch vom nicht ganz freien Leben im Iran erzählt. So ausgelassen die Frauen in einer bemerkenswerten Szene zum Kitsch-Klassiker „We are the World“ Karaoke gesungen haben, so frei sie sich in ihrem Auto meist auch fühlten, am Ende leben sie doch in einem System, das ihnen viele Möglichkeiten nimmt. Doch davon erzählt Ahmadzadeh nicht plakativ, sondern nuanciert und genau dies macht seinen Film so eindrucksvoll.

    Fazit: Aus einem klassischen Road Movie formt der iranische Regisseur Ali Ahmadzadeh in „Atom Heart Mother“ einen zunehmend beklemmenden Film, in dem die Einschränkungen des Lebens im Iran auf subtile Weise deutlich werden.

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