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    Tatort: Du gehörst mir
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    1,5
    enttäuschend
    Tatort: Du gehörst mir
    Von Lars-Christian Daniels

    Als die Ludwigshafener „Tatort“-Urgesteine Lena Odenthal (Ulrike Folkerts) und Mario Kopper (Andreas Hoppe) zuletzt im Hip-Hop-Milieu ermittelten, mündete das in eine mittelschwere Krimi-Katastrophe: 2001 wurde im desaströsen „Tatort: Fette Krieger“ kein müdes Rapper-Klischee ausgelassen. Mittlerweile etwas in Vergessenheit geratene deutsche Hip-Hop-Größen wie DJ Tomekk, Harris oder MC Rene gaben missratene Gastspiele in einem „Tatort“, der bis heute zu den schwächsten und realitätsfernsten aus Ludwigshafen zählt. In Roland Suso Richters „Tatort: Du gehörst mir“ treffen Odenthal und Kopper erneut auf einen erfolgreichen Rapkünstler – doch anders als im 15 Jahre alten Fall, in dem der vollkommen überzeichnete MC Fett (Bernd Gnann) schon nach wenigen Minuten das Zeitliche segnete, bleibt der Musiker diesmal am Leben und gerät sogar unter Mordverdacht. Das Ergebnis ist aber erneut nicht überzeugend: Der 64. Einsatz der dienstältesten „Tatort“-Kommissarin ist der vorhersehbarste „Tatort“ seit Monaten und zugleich ein äußerst anstrengender Krimi, weil sich die Ermittler pausenlos in die Haare kriegen.

    In einem Ludwigshafener Parkhaus wird der Bodybuilder Tarim Kosic (Luca Riemenschneider) tot aufgefunden. Er wurde von einem Auto zerquetscht und anschließend verbrannt. Weil die Hauptkommissare Lena Odenthal (Ulrike Folkerts) und Mario Kopper (Andreas Hoppe), die bei ihren Ermittlungen von Fallanalytikerin Johanna Stern (Lisa Bitter) und Spurensicherungsleiter Peter Becker (Peter Espeloer) unterstützt werden, im Wagen des Toten anabole Steroide finden, führt ihr Weg direkt in ein nahegelegenes Fitnessstudio: Kosic hat dort regelmäßig mit seinem Kumpel Daniel Peters (Vladimir Burlakov) Gewichte gestemmt und offenbar auch gedealt. Bei einem DNA-Vergleich stellt sich heraus, dass Kosic der mutmaßliche Täter in einem Vergewaltigungsfall war: Sein Opfer, die junge Balletttänzerin Marie Rainders (Elisa Afie Agbaglah), liegt seitdem im Koma. An ihrem Bett im Krankenhaus halten ihre Mutter Birte (Sandra Nedeleff) und ihre beste Freundin Evelyn Zoller (Lilli Fichtner) Wache. Auch der Rapper Yago „El Macho“ Torres (Matthias Wiedenhöfer) gerät ins Visier der Ermittler: Er war offenbar schwer in Marie verliebt...

    Büro ist Krieg! Das wusste schon Kult-Chef Bernd Stromberg (Christoph Maria Herbst) – und was für die Abteilung Schadensregulierung M-Z der Capitol Versicherung gilt, trifft seit ein paar Monaten auch auf die Dienststelle der „Tatort“-Ermittler aus Ludwigshafen zu. Die Filmemacher haben es sich dort nämlich gemeinsam mit dem SWR zur Aufgabe gemacht, die altgedienten Kommissare und ihre neuen Kollegen in ausufernden Streitgesprächen aufeinander loszulassen: Schon in Beiträgen wie dem „Tatort: Die Sonne stirbt wie ein Tier“ oder dem „Tatort: LU“ ging das 2015 allerdings kolossal in die Hose. Anders als bei den nicht minder erfahrenen „Tatort“-Kollegen aus Köln oder München, wo die Jung-Assistenten Tobias Reisser (Patrick Abozen) und Kalli Hammermann (Ferdinand Hofer) zuletzt frischen Wind ins Präsidium brachten, hat die ambitionierte Frischzellenkur mit Fallanalytikerin Johanna Stern (Lisa Bitter) die Lage im Südwesten noch verschlimmert: Die nervtötende Karriere-Mami („Der Tatort lag auf dem Weg zur Kita, passte ganz gut rein!“) machte bisher vor allem durch permanentes Tablet-Gefuchtel und anstrengenden Dauerzoff mit Lena Odenthal auf sich aufmerksam. Immerhin: Drehbuchautor Jürgen Werner hat Stern im „Tatort: Du gehörst mir“ strikten Tablet-Verzicht verordnet.

    Ansonsten bleibt in Ludwigshafen alles beim Alten – sieht man einmal davon ab, dass sich die oft nur schwer erträglichen Streitereien nicht länger auf Stern („Ich erstelle  Täterprofile, keine Kollegenprofile!“) und Odenthal beschränken: Diesmal ist es vor allem Kopper, der sich in einer Tour angegriffen fühlt und gegen die Kolleginnen schießt. Auch Assistentin Edith Keller (Annalena Schmidt) keift fleißig mit, was sich allerdings kaum glaubwürdiger gestaltet: Anders als in Werners starken Dortmunder „Tatort“-Beiträgen, die dem Drehbuchautor 2015 eine Grimme-Preis-Nominierung bescherten, wirkt hier fast jeder Schreibtischkonflikt verkrampft und gewollt, was auch daran liegen mag, dass der Zuschauer über eine Andeutungen über mögliche Beziehungsprobleme bei Kopper und Stern hinaus wenig über die Hintergründe für die permanenten Aggressionen erfährt. Angesichts der zwischenmenschlichen Dauerkrise gerät der Kriminalfall immer wieder in den Hintergrund – der ist allerdings mit gleich mehreren überdeutlichen Hinweisen auf den Mörder auch dermaßen durchschaubar angelegt, dass die Tätersuche zum Kinderspiel wird.

    So ist der 975. „Tatort“ einer jener Beiträge, bei denen man schon nach zehn Minuten den Ausgang prophezeien kann: Drei bis vier Verdächtige, von denen einer stirbt und ein anderer aus dem Blickfeld gerät – wer eins und eins zusammenzählen kann, wird kaum auf die halbherzigen falschen Fährten im Mittelteil des Krimis hereinfallen. Auch sonst erreichen Drehbuchautor Werner und Regisseur Roland Suso Richter („Mogadischu“), der zuletzt den vielgelobten Stuttgarter „Tatort: Preis des Lebens“ inszenierte, nicht das hohe Niveau ihrer früheren Arbeiten: Die Figuren sind allesamt Stereotypen, ihr Handeln stets ausrechenbar. Matthias Wiedenhöfer gibt als nach außen harter, aber eigentlich sensibler Mark Medlock-Verschnitt El Macho (!) mit Baseball-Cap, auffälligem Hals-Tattoo und falschen Goldzähnen den Rapper aus dem Bilderbuch, während Lilli Fichtners Mauerblümchen Evelyn praktischerweise jeden wichtigen Moment mit ihrer beneidenswerten, weil wunderschönen und erfolgreichen Freundin Marie in Selfie-Videos dokumentiert hat. So können auch die auffallend ausgeblichenen und in kalten Farben gehaltenen Bilder – eine durchaus hübsche Verpackung – nicht über die inhaltlichen Schwächen des Krimis hinwegtäuschen.

    Fazit: Roland Suso Richters „Tatort: Du gehörst mir“ ist ein schwacher und vorhersehbarer Krimi aus Ludwigshafen, in dem sich die Ermittler unentwegt zoffen.

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