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    Spione Undercover
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,0
    solide
    Spione Undercover

    007 für die Generation Grundschule

    Von Oliver Kube

    Spionage-Filme faszinieren das Kino-Publikum nun schon seit mehr als einem Jahrhundert. Auch wegen der wachsenden Furcht vor dem Ersten Weltkrieg erreichte das Genre bereits in den Jahren 1914/15 seinen ersten Höhepunkt, als um die 30 solcher Werke in die Lichtspielhäuser kamen und dort nicht nur zur Unterhaltung, sondern auch zu Propaganda-Zwecken eingesetzt wurden. Seitdem haben Spionagefilme immer dann Hochkonjunktur, wenn auf unserer Welt bewaffnete Konflikte drohen oder bereits im Gange sind. So waren besonders der Zweite Weltkrieg und der Kalte Krieg besonders fruchtbare Ären für diese Art des Massen-Entertainments.

    Seit den 1930ern darf neben all der Paranoia, Angst und Anspannung, die mit derlei Geschichten geschürt werden, über Geheimagenten allerdings auch gelacht werden. Laurence Olivier spielte eine der Hauptrollen in „Q Planes“, einem frühen Vertreter des Comedy-Sub-Genres. Dieses hatte in den 1960ern seine – zumindest mengenmäßig – unbestrittene Blütezeit. Seit dem Millennium-Wechsel (und dem 11. September) gibt es mit Blockbuster-Franchises wie „Men In Black“, „Johnny English“, „Spy Kids“ oder „Kingsman“ allerdings eine echte Renaissance zu verzeichnen. Mit dem von Nick Bruno und Troy Quane inszenierten „Spione Undercover“ kommt nun ein turbulenter Animations-Spaß dazu, der sich hauptsächlich an den Kinonachwuchs wendet und diesen auch gut unterhalten dürfte.

    Lance ist der coolste Geheimagent aller Zeiten ...

    James Bond? Jason Bourne? Austin Powers? Im Vergleich zu Lance Sterling (deutsche Stimme: Steven Gätjen) sind diese Typen allesamt (Doppel-)Nullnummern, wenn es darum geht, wer der coolste Geheimagent aller Zeiten ist. Unzählige Male hat der unverschämt gutaussehende Bursche bereits auf ebenso effiziente wie elegante Art die Welt vor dem Untergang bewahrt. Doch jetzt hat der Elite-Spion ein echtes Problem. Denn das seine Wunderwaffen erfindende Nerd-Genie Walter (Jannik Schümann) hat ihn mit experimenteller, bio-dynamischer Tarntechnologie in eine Taube verwandelt, weiß aber noch nicht, wie er das wieder rückgängig machen könnte. Wie aber soll Lance in Gestalt eines putzigen Piepmatz bloß die Machenschaften des mit Roboterarm und scheinbar unerschöpflichen Ressourcen ausgestatteten Killian (Torsten Michaelis) aufhalten, der die Erde ins Chaos stürzen will?

    Volle Kanne 007 zum Einstieg

    Angelehnt an die 007-Tradition startet der erste abendfüllende Film der bisher als Animatoren und Storyboard-Zeichner an Hits wie „Rio“ oder „Hotel Transsilvanien“ beteiligten Regisseure mit einem spektakuläre Action bietenden Teaser. Diese Minuten vor dem von dramatischer Musik begleiteten Vorspann machen das Publikum effektiv mit den beiden Protagonisten bekannt und bieten schon mal einiges an beeindruckenden Animations-Schauwerten. Wir lernen, dass Walter bereits als Kind für seine Polizisten-Mutter niedliche Gadgets bastelte. In der Gegenwart ist seine Mama allerdings tot, weil sie vor zehn Jahren bei einem Einsatz ihr Leben verlor, während von einem Vater nie die Rede ist.

    So wurde Walter zu einem Eigenbrötler, der pazifistisch veranlagt ist und Glitzerkram, Katzenvideos sowie koreanische Seifenopern liebt. Der attraktive und selbstsichere Muskelprotz Lance hingegen wird von allen bewundert und angehimmelt. Die auch optisch klar an ihren Originalsprecher Will Smith („Bad Boys For Life“) angelehnte Figur ist offenbar der in einer Tour lockere Sprüche klopfende Rockstar unter den Spionen. Entsprechend monumental ist sein Ego, das ihn denken lässt, er bräuchte weder Verstärkung noch Freunde. Schon gar kein milchgesichtiges, schwächliches und in Gesellschaft anderer ausgesprochen ungeschicktes Naturwissenschafts-Genie wie Walter.

    ... zumindest bis er sich plötzlich im Körper einer Taube wiederfindet.

    Wer schon einige Geschichten dieser Art gesehen hat, ahnt natürlich, worauf das Ganze am Ende hinausläuft. Trotzdem macht es über weite Strecken Spaß, dem ungleichen Duo dabei zuzusehen, wie es sich langsam zusammenrauft und zu einem Team wird. Alle anderen Figuren – wie etwa Lances verdächtig nach Helen Mirren aussehende Chefin Frieda Freud, die gegen die beiden Helden ermittelnde Marcy Kappel von der Abteilung für innere Angelegenheiten oder die Antagonisten Killian und Katsu Kimura – sind und bleiben bis zum Ende eher eindimensional. Das ist etwas schade, weil die Figuren allesamt originell und detailreich animiert sind. Da wäre mehr drin gewesen.

    Eine Katastrophe ist dieses unausgeschöpfte Potenzial für den Film allerdings nicht. Denn im Laufe der Handlung passieren auch so mehr als genügend aufregende Dinge. Die von Washington DC (auch jenseits bekannter Touristen-Hotspots erstaunlich detailgetreu dargestellt) über ein mexikanisches Ferienparadies bis nach Venedig führende Hatz auf den Bösewicht bietet schließlich jede Menge visuelle Abwechslung. Die turbulente Inszenierung täuscht auch geschickt darüber hinweg, dass es vielleicht etwas zu lange dauert, bis der fiese Widersacher erst knapp eine Stunde nach seinem Debüt in der Einleitung mal wieder zu sehen ist.

    Für jeden was zum Lachen

    Die größtenteils auf Slapstick und Körperhumor aufgebauten Gags zielen freilich eindeutig auf ein junges bis sehr junges Publikum ab. Entsprechend harmlos sind die Witze und die Intensität der Action gehalten. Die FSK-Einstufung ab 6 Jahren geht trotz Spionage-Thematik jedenfalls völlig in Ordnung. Aber auch für Erwachsene gibt es Szenen (wenn auch längst nicht so viele wie etwa bei Pixar), an denen man seine Freude haben kann: Speziell der Mittelteil mit Lance als erst schwer genervtem, dann die Vorteile seines unauffälligen neuen Äußeren schätzendem Federvieh funktioniert für alle Altersstufen richtig gut.

    Das beginnt schon mit der umwerfenden Transformationssequenz, in der aus dem Zwei-Meter-Hünen ein kleiner Vogel wird. Zur hohen Gag-Frequenz tragen hier vor allem die drei schrägen „echten“ Tauben bei, die den etwas widerwilligen Lance in ihren Schwarm aufnehmen. Die beiden größten Action-Sequenzen (ganz am Anfang, wenn der Superagent allein gegen mehr als 70 Yakuza-Kämpfer mit Schwertern antritt, sowie der finale Showdown mit Killian) sind aufgrund ihrer viel zu epischen Ausmaße allerdings leicht ermüdend und hätten eine Straffung vertragen können. Das Finale öffnet zudem auf nicht allzu plumpe Weise die Tür für eine Fortsetzung – und gegen die ist bei entsprechenden Box-Office-Ergebnissen auch gar nichts einzuwenden. Vielleicht lassen sich die genannten Schwachstellen ja in einem Sequel auch noch abschalten.

    Fazit: Die primäre Zielgruppe dieses zwischen purem Slapstick und (gelegentlich etwas zu lang geratenen) Action-Einlagen hin und her oszillierenden Animations-Abenteuers sind Kids - und die werden an diesem leicht überdrehten, mitunter hyperaktiv anmutenden Agenten-Abenteuer sicher ihren Spaß haben.

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