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    Sing 2 - Die Show Deines Lebens
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    4,0
    stark
    Sing 2 - Die Show Deines Lebens

    Diesen Film kriegt man so schnell nicht mehr aus dem Ohr

    Von Oliver Kube

    Blickt man auf die Besetzungsliste von „Sing 2 – Die Show Deines Lebens“, der nun fünf Jahre nach dem immens erfolgreichen Animations-Musical „Sing“ in die Kinos kommt, fällt sofort auf, dass einige der Originalfiguren nicht mehr mit von der Partie sind. Unter den Abgängen finden sich sogar einige beim Publikum besonders populäre Charaktere wie die extrem talentierte, aber ein wenig großspurige Maus Mike (im Original gesprochen von Seth MacFarlane) oder das trantütige Slacker-Schaf Eddie Noodleman (John C. Reilly).

    Aber die eventuelle Enttäuschung über die fehlenden Figuren dürfte schnell verfliegen. Denn die neu eingeführten Charaktere, darunter ein desillusionierter Ex-Megastar (Löwe), ein miesepetriger Tanzlehrer (Nasenaffe) und der neue Bösewicht (Wolf), erweisen sich in Sachen Unterhaltungswert als mindestens gleichwertiger Ersatz. Außerdem reißt die erneut von „Per Anhalter durch die Galaxis“-Regisseur Garth Jennings erdachte und inszenierte Story dermaßen mit, dass sich „Sing 2“ als ein in allen Belangen würdiger Nachfolger mit nahezu hundertprozentiger Gute-Laune-Garantie erweist.

    Buster und seine Crew träumen vom großen Musical-Durchbruch in der Entertainment-Metropole Redshore City.

    Nachdem er die eigentlich konkurrierenden Teilnehmer*innen seiner Casting-Show zu einer erstaunlich eingeschworenen Truppe zusammenschweißen konnte, beginnt der ehrgeizige Koala und Theaterleiter Buster Moon (Matthew McConaughey) von noch Gewaltigerem zu träumen. Er will von seiner kleinen Provinzbühne in den Olymp der Entertainment-Welt aufsteigen. Aber wer in Redshore City zur großen Nummer wird, entscheidet allein der mächtige Wolf Jimmy Crystal (Bobby Cannavale). Mit etwas Glück und viel Trickserei schaffen es Buster und seine Gruppe um Ferkelmama Rosita (Reese Witherspoon), Stachelschwein Ash (Scarlett Johansson), Elefantendame Meena (Tori Kelly) und Jung-Gorilla Johnny (Taron Egerton), ihre Idee von einem superaufwändigen Science-Fiction-Musical vorzutragen …

    … doch der Musik-Mogul ist nur mäßig begeistert. Deshalb flunkert Buster ein wenig und behauptet, er wäre mit dem einstigen Rockstar-Löwen Clay Calloway (Bono) befreundet und könnte diesen für sein Musical außerdem zu einem Comeback überreden. Crystal gibt grünes Licht und die Freunde machen sich daran, die „größte Show aller Zeiten“ auf die Beine zu stellen. Nicht einmal die sich ungefragt in den Cast drängende, komplett untalentierte Crystal-Tochter Porsha (Halsey) kann sie aufhalten. Während der Premierentermin immer näher rückt, bleibt trotzdem ein scheinbar unlösbares Problem: Denn um Clay Calloway zum Mitmachen zu überreden, müsste man den zurückgezogen lebenden Eremiten erst einmal ausfindig machen…

    Vollgas von Anfang an

    Wie schon der Vorgänger legt auch das Sequel zu Beginn ein halsbrecherisches Tempo vor. Wer „Purple Rain“ von und mit Prince gesehen hat, der weiß, dass dessen Nummer-eins-Hit „Let's Go Crazy“ mit den Worten flott und turbulent nur lächerlich unzureichend umschrieben ist. Für „Sing 2“ wurde die Nummer vom Cast aber trotzdem in einer nochmal deutlich schnelleren Version eingesungen. Auf der Leinwand wird sie dazu von ebenso rasanten Kamerabewegungen wie hochfrequentierten Schnitten begleitet. Selbst beim deutlich gemächlicher interpretierten Elton-John-Song „Goodbye Yellow Brick Road“ (übrigens von Taron Egerton gesungen, der den realen Popstar ja auch schon in „Rocketman“ verkörpert hat) müssen empfindlichere Kinobesucher*innen aufgrund des Schnittgewitters ein mittelschweres Schleudertrauma befürchten.

    Alles läuft hier ein wenig arg hektisch ab und als Zuschauer*in wird man so sehr durch die Szenen gescheucht, dass kaum eine realistische Chance besteht, die wunderbar detaillierte Animation angemessen zu würdigen. Was schade ist, denn wenn auf der heimischen Provinzbühne ein an „Alice im Wunderland“ erinnerndes Gesangsstück aufgeführt wird, während Ash parallel einen Soloauftritt in einem Punkrock-Schuppen absolviert, passiert am Rande und im Hintergrund jede Menge Sehenswertes. Aber dafür muss dann wohl irgendwann die Blu-ray herhalten, um per Einzelbild-Funktion wirklich alles mitzubekommen. Nach der ein wenig anstrengenden Eröffnungsviertelstunde wird die Geschwindigkeit aber dankenswerterweise merklich gedrosselt. Spätestens wenn die Rasselbande im Bus in Richtung Las Vegas, äh, Redshore City sitzt, beruhigt sich der Film – und das, obwohl sich die Dimension der Erzählung im Vergleich zum Vorgänger deutlich vergrößert hat.

    Ein Wolf im Wolfspelz: Wer in Redshore City Erfolg haben will, muss erst an Jimmy Crystal vorbei!

    Fortan macht es noch mehr Spaß, die erneut grandiose visuelle Umsetzung und die nahezu durchgehend perfekt passende Songauswahl zu genießen. Es wird sofort klar, dass Jennings sich als erfahrener, vielfach ausgezeichneter Regisseur von Videoclips für Stars wie R.E.M., Radiohead oder Blur in diesem Metier rundum wohlfühlt und bereit ist, sogar kleine Risiken einzugehen. Ein tolles Beispiel dafür ist das melancholische, fast schon sentimentale „Stuck In A Moment You Can't Get Out Of“, das im exakt richtigen Augenblick kommt und dennoch überrascht. Obwohl es ein Titel aus dem Repertoire von Bonos Band U2 ist, wird es hier von Scarlett Johansson auf berührend verletzliche Weise vorgetragen. Umso ergreifender ist es dann, wenn die Bono und Johansson zu einem weiteren U2-Evergreen („I Still Haven't Found What I'm Looking For“) doch noch gemeinsam ans Mikro treten.

    Die mehr als 40 aus den Bereichen Pop, Rock, Rap, Electro, Soul, Latin und Jazz stammenden, größtenteils natürlich nur angespielten Lieder wurden von den hiesigen Sprecher*innen (u.a. Bastian PastewkaPeter Maffay und Silbermond-Frontfrau Stefanie Kloß) übrigens nicht auf Deutsch performt. Stattdessen sind hier auch in der Synchro-Fassung die englischen Originalstimmen zu hören. So mögen einigen Zuschauer*innen vielleicht ein paar Feinheiten der an vielen Stellen auf die Texte abgestimmten Handlung durch die Lappen gehen. Das ist aber nicht allzu schlimm, da die Präsentation der Kompositionen die Gefühle auch so sehr gut transportieren und den Charakteren zusätzliche Tiefe verleihen. Das gilt nicht nur bei den nachdenklichen, sondern auch in witzigen oder spannenden Szenen.

    Die kleinen Momente

    Ging es in der Castingshow-Komödie „Sing“ noch primär um die Realisierung individueller Träume, so sind in der Fortsetzung Freundschaft, gegenseitige Unterstützung und Zusammenhalt als wichtigste Werkzeuge beim Erreichen gemeinsamer Ziele das Thema. Das funktioniert prima, ohne allzu plump moralisch zu wirken. Erneut sind es aber speziell die kleinen, auf den ersten Blick vielleicht eher nebensächlichen Momente, die am meisten in Erinnerung bleiben.

    Ganz wunderbar ist etwa das Vorsingen der Konkurrenz von Buster um die Gunst des einschüchternden Entertainment-Gurus im Wolfspelz, das in Form einer herrlich einfallsreichen, von jeder Menge schillernder Figuren bevölkerten Schnelldurchlauf-Collage präsentiert wird. Oder die an klassische Heist-Filme angelehnte Passage, in der sich unsere Held*innen – als schräge Putzkolonne verkleidet – überhaupt erst Zutritt zu dessen Gebäude erschleichen. Diese Vignetten haben auch den bei der von uns besuchten Pressevorführung anwesenden Kids hörbar am meisten Spaß gemacht.

    Fazit: Ein Animations-Musical zum Mitfühlen, Mitlachen und natürlich Mitsingen – mit ganz viel Herz, Humor und jeder Menge potenzieller Ohrwürmer.

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