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    Gott, du kannst ein Arsch sein!
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,5
    durchschnittlich
    Gott, du kannst ein Arsch sein!

    Da braucht es keine Taschentücher

    Von Björn Becher

    Seit dem tränenreichen Erfolg von „Das Schicksal ist ein mieser Verräter“, in dem Shailene Woodley und Ansel Elgort mit ihrer Liebe dem Krebs – zumindest über einen Zeitraum - trotzen, folgten eine ganze Reihe von Filmen, in dem junge Menschen aufgrund einer tödlichen Krankheit nicht nur ihre erste, sondern vermutlich zugleich auch ihre letzte große Liebe erleben. Nach „Dem Horizont so nah“ ist „Gott, du kannst ein Arsch sein!“ nun die nächste deutsche Produktion, die sich diesem Trend anschließt – zumindest auf den ersten Blick.

    Aber es gibt dann doch eine ganze Menge, was das hochkarätig besetzte Road-Movie von André Erkau („Happy Burnout“) von den genannten Vorbildern unterscheidet – wie zum Beispiel der weitgehende Verzicht auf eine überhöhte Dramatisierung und das damit einhergehende Auf-die-Tränendüse-Drücken. In einem Film, der vornehmlich das Leben feiert, nimmt die alles überhaupt erst anstoßende Krankheit erstaunlich wenig Platz ein. Das hat seine Guten, aber auch seine schlechten Seiten.

    Das Ausreißer-Duo hat viel Spaß.

    Steffi (Sinje Irslinger), die gerade hren Realschulabschluss hinter sich gebracht hat, freut sich auf die Zukunft: bald eine Ausbildung bei der Polizei, aber vorher noch das erste Mal – ganz romantisch mit ihrem langjährigen Freund Fabi (Jonas Holdenrieder) auf der Abschlussfahrt in Paris. Doch dann erfährt Steffi, dass sie Krebs hat. Selbst wenn sie sofort mit der Chemotherapie beginnt, hat sie vielleicht noch bis Weihnachten zu leben.

    Doch Steffi sieht gar nicht ein, dass ihre Eltern ihr deswegen die Teilnahme an der Abschlussfahrt verweigern. Sie will weiter zu Fabi nach Paris. Also stiehlt sie ein Auto und macht sich mit dem Motorradakrobaten Steve (Max Hubacher mit Ryan-Gosling-Vibes), der vor seinem Vater (Jürgen Vogel) und dessen Zirkus abgehauen ist, auf den langen Weg in Richtung französische Hauptstadt. Ihre Eltern Eva (Heike Makatsch) und Frank (Til Schweiger) nehmen unterdessen die Verfolgung auf, um ihre Tochter wieder zur Besinnung zu bringen…

    Eine wahres Schicksal als Ausgangspunkt

    „Gott, du kannst ein Arsch sein!“ basiert sehr, sehr lose auf einer wahren Geschichte, die Frank Pape in einem Buch aufgeschrieben hat. Unter anderem der Road-Trip nach Paris ist allerdings fiktiv – im Kino entwickelt sich also ein ganz eigenes Abenteuer. Gemeinsam haben der Film und die als Inspiration dienende Vorlage aber einen ungebrochen-optimistischen Blick auf das Leben, der all die Tragik von Krankheit und (unglücklicher) erster Liebe überlagert.

    So nehmen Steffis Eltern größeren Raum ein, wenn sie auf dem Road-Trip nach Paris ihre ganz eigenen Abenteuer am Straßenrand erleben – wenn zum Beispiel dem verständnisvollen Pastor Frank an der Tankstelle einfach nicht mehr die Kreditkarten-PIN einfallen will. Auch sie müssen in „Gott, du kannst ein Arsch sein!“ noch eine Menge über das Leben lernen und machen ihre ganz eigene Entwicklung durch – was vor allem in einigen Momenten mit der stark aufspielenden Heike Makatsch gut gelingt.

    Auch die Eltern müssen viel lernen.

    Allerdings sorgt diese Doppel-Road-Trip-Erzählung dafür, dass manchen Strecken des Films das nötige Tempo fehlt, weil immer wieder die Perspektive gewechselt wird und dabei ein Teil des Schwungs verloren geht. Vor allem aber erweisen sich die Aufeinandertreffen mit deutscher Schauspielprominenz in schrägen Rollen (Jasmin Gerat als verständnisvolle Kneipenwirtin, Benno Fürmann als cholerisch-gewalttätiger Tankstellenbetreiber) nur selten als lustig. Das ist dann eine eher lahme Nummern-Revue – und so richtig gelungen ist „Gott, du kannst ein Arsch sein!“ vor allem dann, wenn dann doch mal die großen Gefühle angegangen werden.

    Das ist aber bis zum Finale nur selten der Fall. Dass Steffis Krankheit – offensichtlich ganz bewusst – fast völlig ausgeklammert wird und sie nie gesundheitliche Probleme zeigt, ist in einem Film, der das Leben feiert, ein durchaus nachvollziehbarer Schachzug. Allerdings gibt es lange Zeit auch keine romantischen Momente, weil Steffi und Steve, obwohl man früh weiß, dass sie zusammenkommen werden, sich erst mal nur auf den Geist gehen.

    Das Beste (leider erst) zum Schluss

    So tolle Momente Sinje Irslinger („Armans Geheimnis“) aus ihrer Rolle als trotzige Teenagerin, die sich immer mehr als selbstbewusste junge Frau erweist, auch herauszuholen vermag – im Zusammenspiel mit Max Hubacher („Mario“) mangelt es trotzdem an der Chemie. Das liegt allerdings mehr am Drehbuch von Katja Kittendorf („Tonio & Julia“-Reihe) und Comedy-Produzent Tommy Wosch als an dem Schauspielduo. Es gibt einfach zu wenig Momente, in denen zwischen ihnen glaubhaft eine richtige Romanze entstehen kann – auch weil die beiden schnell erst einmal wieder getrennt werden und dann eben auch immer wieder zur Elternperspektive gewechselt wird.

    Wenn nach knackigen 98 Minuten in Paris dann alles zusammenkommt und auch endlich große Gefühle gezeigt werden dürfen, gipfelt das in einem wirklich mitreißenden Finale, das zugleich aber auch noch einmal schmerzlich aufzeigt, was dem Film vorher zu oft gefehlt hat und was hier alles möglich gewesen wäre. „Gott, du kannst ein Arsch sein!“ schafft am Ende zumindest noch ein wenig Gänsehaut –die zuvor bereitgelegten Taschentücher dürften bei diesem Film aber nur bei den wenigsten Zuschauern schon zum Einsatz gekommen sein.

    Fazit: „Gott, du kannst ein Arsch sein!" feiert trotz seines tragischen Themas mit aller Kraft das Leben! So richtig berührend wird das aber erst im Finale.

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