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    Panama - The Revolution Is Heating Up
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,0
    lau
    Panama - The Revolution Is Heating Up

    Auf den Spuren von "Crank" – zumindest ein bisschen

    Von Lutz Granert

    Ende der 1980er Jahre wurde das wirtschaftlich dank Drogenhandel und Geldwäsche durchaus florierende Panama von einer Regierung unter Führung von Diktator Manuel Noriega beherrscht. Aber die Machtverhältnisse in dem kleinen mittelamerikanischen Staat waren instabil: Noriega wurde bei einer Parlamentswahl im Mai 1989 zwar offiziell abgewählt, erkannte das Ergebnis jedoch nicht an und blieb in seinem Amt. Nach einem erfolglosen Militärputsch im Oktober wurde am 15. Dezember 1989 ein in Zivil gekleideter US-Soldat von panamaischen Sicherheitskräften erschossen, nachdem er sich weigerte, an einer Straßensperre sein Auto zu verlassen. Das brachte für die USA, die ihre Handelsrouten durch den Panamakanal zunehmend als gefährdet ansahen, das Fass zum Überlaufen. Die US-Streitkräfte starteten eine Invasion, um Noriega habhaft zu werden und wegen Drogenhandels verurteilen zu können.

    So viel zur politisch aufgeheizten Vorgeschichte der Militäroperation Just Cause, über die das Publikum im Action-Thriller „Panama“ trotz des Untertitels „The Revolution Is Heating Up“ aber nicht wirklich etwas erfährt. Ein paar halbherzig eingestreute historische Fernsehnachrichten und ein Kokettieren mit dem Bezug auf wahre Ereignisse deuten lenken jedenfalls nicht davon ab, dass „Crank“-Co-Regisseur Mark Neveldine das Setting seines im Dezember 2020 an 14 Drehtagen in Puerto Rico hektisch heruntergekurbelten Streifens offenbar herzlich egal ist. Vielmehr nutzt er „Panama“ dafür, hin und wieder zu zeigen, dass er die Inszenierung schnell geschnittener Actionszenen auch 18 Jahre nach seinem Jason-Statham-Highspeed-Kultfilm noch nicht gänzlich verlernt hat.

    Mel Gibson steuert in seinen wenigen Szenen eine unterhaltsame Voll-drüber-Performance bei.

    1989: Nach dem Tod seiner Frau ist der von allen nur Becker genannte CIA-Agent James Mc Leod (Cole Hauser) ein seelisches Wrack. Aber mit dem Trauern ist es jäh vorbei, als ihn sein ehemaliger Kommandant Stark (Mel Gibson) für eine heikle Mission rekrutiert. Becker soll von den USA unterstützten Rebellen in Panama einen russischen Kampfhubschrauber besorgen, um damit den diktatorischen Machthaber Noriega zu töten. Becker heuert undercover als Berater in einem Casino in Panama an und trifft sich mit dem einflussreichen Enrique Rodriguez (Mauricio Hénao), der den Deal als Kontaktperson einfädeln soll. Aber als er die geheimnisvolle Carmila (Kiara Liz) kennenlernt und sich zudem eine Invasion von US-Truppen ankündigt, läuft die Mission zunehmend aus dem Ruder...

    Mark Neveldine und Brian Taylor sorgten 2006 als Regisseure und Kameramänner in Personalunion für eine kleine anarchische Revolution im Actiongenre: Mit „Crank“ fackelten sie ein Potpourri an visuellen Stilmitteln ab, drehten Actionszenen mit hektischen HD-Kameras, setzten unentwegt Filter oder Blenden ein und entwickelten die „Roller Dolly“, ein bis zu 30 Meilen schnelles Rollbrett, auf dem sie ihre Kameras montierten. Aber bereits fünf Jahre später endete nach „Ghost Rider 2: Spirit Of Vengeance“ die – zumindest damals – optisch erfrischende Zusammenarbeit von Neveldine/Taylor auch schon wieder.

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    Auch wenn Brian Taylor an „Panama“ nicht beteiligt war, so scheint die visuelle Handschrift des einstigen Duos auch hier hin und wieder durch. Schon in den ersten Minuten werden schwere Stilmittel-Geschütze aufgefahren: Zu entsättigt-gräulichen Bildern trauert der verdreckt und betrunken eingeschlafene Becker am Grabstein seiner Liebsten, als er vom in Zeitlupe und in Untersicht heranschreitenden Stark und seinem Hund (der ihm in Zeitlupe das Gesicht ableckt) geweckt wird.

    Eine ausgestellt-klischeehafte inszenierte Szene, die aber zum launigen Ton des Action-Thrillers passt, der immerhin zwei Schmankerl bereithält – sofern man keine Abneigung gegen arg wackelige Handkameraaufnahmen oder Reißschwenks hat: Ein Motorradrennen durch ein Waldstück ist zum Teil erfrischend aus Fahrersicht gefilmt und auch wenn Becker im letzten Viertel unter Einsatz der „Roller Dolly“ und unterlegt mit treibenden Gitarren-Riffs einen Attentäter durch die Häuser, Hinterhöfe und Straßen Panamas verfolgt, ist Neveldine spürbar in seinem Element. Zu dieser Lässigkeit passt auch der rotzig-prollige Voice-Over von Stark, der hin und wieder rückblickend die Ereignisse kommentiert.

    Becker (Cole Hauser) lässt sich bei seiner Mission von der verführerischen Carmila (Kiara Liz) ablenken.

    Die Kür ist also durchaus gelungen, die Pflicht indes nicht. Mit seiner Badass-und-Dicke-Hose-Attitüde taugt Cole Hauser (bekannt aus der Erfolgsserie „Yellowstone“) nie als Identifikationsfigur, während man Altstar Mel Gibson („Boss Level“) in seinen wenigen Szenen zumindest eine unterhaltsam-süffisante Überheblichkeit nicht absprechen kann. Über weite Strecken gerät der austauschbare 08/15-Plot von William Barber und Daniel Adams zudem allzu vorhersehbar. Ideenlos werden mit geringem Tempo dramaturgische Checklisten um die undurchsichtige Mission samt korrupter Verräter, Männermachtspielchen und die obligatorische fémme fatale arg schematisch abgearbeitet.

    Bei den vielen unnötigen Dialogszenen Schnaps trinkender Träger luftiger Hemden verliert der Zuschauer irgendwann ebenso das Interesse wie an Beckers zahlreichen – und für US-Verhältnisse freizügigen – Zeitlupen-Sexszenen mit Camila, die seinen übersteigerten Machismo unfreiwillig persiflieren. Hier fällt Neveldine inszenatorisch abgesehen von der gelegentlichen Verwendung eines Stativs nicht wirklich etwas ein. Auch so etwas wie authentisches Zeitkolorit sucht man in „Panama“, dessen politischer Hintergrund nur Fassade bleibt, weitgehend vergebens. Etwas mehr cartooneske Gaga-Action à la „Crank“ hätte dem weitgehend lahmen Thriller gutgetan.

    Fazit: Unruhiges Kameragewackel allein sorgt noch nicht für Tempo und Dynamik! „Panama“ fährt besonders im Mittelteil im Leerlauf – und das historische Setting bleibt ebenso austauschbar wie die Reißbrettcharaktere.

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