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    The Requin - Der Hai
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,0
    lau
    The Requin - Der Hai

    Kein neues Hai-light

    Von Lutz Granert

    Vor zwei Jahren schickte Vietnam einen brachialen Martial Arts-Actioner als Oscar-Beitrag in der Kategorie „Bester internationaler Film“ ins Rennen. „Furie“ um den Feldzug einer kampferprobten Mutter gegen die Entführer ihrer Tochter schaffte es zwar nicht auf die Nominierungsliste, stellte aber einige aufsehenerregende Rekorde auf. Satte 43 Wochen lief der hervorragend choreografierte Reißer von Regisseur Le-Van Kiet in den einheimischen Kinos – und avancierte mit einem weltweiten Einspielergebnis von umgerechnet 5,7 Millionen US-Dollar zum erfolgreichsten vietnamesischen Film aller Zeiten.

    Der Erfolg ebnete Le-Van Kiet den Weg nach Hollywood, wo er mit „The Requin – Der Hai“ und Alicia Silverstone („Killing Of A Sacred Deer“) in der Hauptrolle inzwischen sein nächstes Filmprojekt realisierte. Auch wenn Le-Van Kiet hier wieder eine starke Frau in den Fokus rückt, so kommt der an seinem massiven CGI-Einsatz und generischen Plot krankende Survivalthriller allerdings ernüchternd konventionell daher.

    Der Titelgebende Hai lässt sich ganz schön lange Zeit, bis er das erste Mal in seiner ganzen CGI-Pracht auftaucht.

    Nach einer Fehlgeburt wollen die traumatisierte Jaelyn (Alicia Silverstone) und der inzwischen an der Beziehung zweifelnde Kyle (James Tupper) noch einmal neu anfangen – und dazu erst einmal bei einem gemeinsamen Urlaub ausspannen. Kyle hat dafür in der Nebensaison eine exklusive schwimmende Hütte nahe eines Ferienressorts in Vietnam angemietet. Doch die Urlaubsidylle mit schneeweißen Stränden ist schnell vorbei: Während eines nächtlichen Tropensturms löst sich die Hütte vom Steg und treibt aufs offene Meer hinaus. Das Paar kämpft mit der sengenden Sonne, den schwindenden Wasservorräten – und dann ist da auch noch ein Hai, der aufgrund einer blutenden Verletzung an Kyles Bein angelockt wird...

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    Auch wenn der Titel etwas anderes verspricht: Wirklich viel ist von dem titelgebenden Meeresraubtier nicht zu sehen, zumal es sowieso erst in der 58. von knapp 90 Filmminuten zum ersten Mal auftaucht. Zuvor verwendet Le-Van Kiet in seinem selbstverfassten Drehbuch sehr viel Zeit auf Dialoge und die innere Dynamik der Paarbeziehung. Was langweilig klingt (und zuweilen auch etwas schwerfällig ist), bereitet jedoch dramaturgisch stimmig aufs letzte Drittel vor. Denn Kyle relativiert die Sorgen und Ängste von Jaelyn immer wieder – und trifft dadurch eine ganze Reihe fataler Entscheidungen. So beharrt er etwa darauf, nachts während des Sturms nicht auf ein rettendes Riff zu klettern und entfacht im (immerhin nach wie vor schwimmenden) Korpus der umhertreibenden Holzhütte ein Signalfeuer, das außer Kontrolle gerät.

    Nicht nur beim Publikum, sondern auch in Jaelyn wächst dadurch die Gewissheit, dass sie ohne ihn wohl besser dran wäre – was sich in der letzten halben Stunde dann auch bewahrheiten: Im Finale setzt die inzwischen selbst körperlich verletzte, aber psychisch gestählte Jaelyn nämlich selbstbewusst eine Schiffsschraube und andere behelfsmäßige Waffen im Duell gegen das gefräßige Vieh ein. Trotz einiger unfreiwillig komischer Momente (Jaelyn watet durchs hüfthohe Wasser – Gegenschnitt auf den aus viel tieferen Gewässern angreifenden Hai) ist das auch durchaus spannend und kurzweilig geraten. Dem einstigen Teen-Star Alicia Silverstone („Clueless“) gelingt es mit einer engagierten Performance als emotionales Wrack glaubwürdig, erst im Überlebenskampf über sich hinauszuwachsen – wie es vor einigen Jahren bereits Blake Lively in „The Shallows“ vormachte. Das ist zwar nicht wirklich originell, aber zumindest verleiht Le-Van Kiet wie seinem Vietnam-Hit „Furie“ auch seinem Hollywood-Debüt einen unerwarteten feministischen Subtext.

    Irgendwann sieht auch die traumatisierte Jaelyn (Alicia Silverstone) ein, dass sie vielleicht doch nicht alle Entscheidungen ihrem nicht ganz so hellen Partner überlassen sollte.

    Der wertet den Survival-Thriller mit seinen zuweilen zähen Dialogen und miesen, aber omnipräsenten CGI-Effekten (abgesehen vom solide getricksten Hai) dann auch etwas auf. Sämtliche Szenen im Meer wurden in den Universal Studios in Orlando, Florida gedreht, was man „The Requin“ nicht nur aufgrund des (zu) sauberen Wasser aus dem Tank und der bisweilen künstlich anmutenden Lichtsetzung ansieht.

    Wenn sie nicht ohnehin in unsinnigen Nebel getaucht sind, versinken die mit CGI regelrecht vollgekleisterten Hintergründe oftmals in Unschärfen, die in etwa so natürlich wirken wie der Blur-Modus bei Video-Chats. Und auch das CGI-Feuer, das Depp Kyle in der digital retuschierten Kulisse einer sturmversehrten Hütte entfacht, sieht deutlich billiger aus, als man es bei einem soliden Budget von 8,5 Millionen US-Dollar vermutet hätte. In „Furie“ (und besonders seinen Actionchoreografien) steckte unterm Strich einfach sehr viel besseres Filmhandwerk.

    Fazit: Alicia Silverstone bemüht sich redlich, ihrer psychisch angeknacksten Figur Profil zu verleihen. Darüber hinaus bietet der Survival-Thriller „The Requin – Der Hai“ aber doch nur enttäuschende 08/15-Meterware, bei der vor allem der übermäßige Einsatz schlechter CGI enttäuscht.

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