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    Home Team
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,0
    lau
    Home Team

    Mit Kevin James und Rudel-Kotzen zum Sieg!

    Von Christoph Petersen

    Zwei Jahre, nachdem er 2010 mit den New Orleans Saints zum ersten Mal in der Vereinsgeschichte den Super Bowl gewonnen hatte, wurde Chefcoach Sean Payton für eine komplette Saison von der NFL gesperrt. Wie sich herausstellte, gab es im Team eine Art Kopfgeldsystem, bei dem den Spielern Boni für die gezielte Verletzung gegnerischer Leistungsträger gezahlt wurden – einer der wohl größten Arschloch-Moves der Football-Geschichte. In seiner unfreiwilligen Auszeit trainierte Payton 2012/2013 das bis dahin schrecklich erfolglose Sechste-Klasse-Schulteam seines Sohnes, bis er ein Jahre später zu den Saints zurückkehrte …

    … und genau dieses Zu-seinen-Wurzeln-zurückfinden-Jahr in der texanischen Provinz ist nun die Vorlage für die Netflix-Komödie „Home Team“, die dem Skandal-Trainer allerdings nicht erst am Ende, sondern schon in den ersten Minuten Absolution erteilt. „King Of Queens“-Knuddelbär Kevin James kann man eh nicht lange böse sein - selbst wenn er seine als strohdumm gezeichnete Sekretärin zur Kaugummi-Zuträgerin degradiert. Wenn Payton nur Minuten nach seiner Suspendierung zu kitschiger Musik ein Foto von sich und seinem Sohn betrachtet, ist die Rehabilitation nämlich auch direkt schon abgeschlossen. Nur einmal ganz kurz wird es noch kritisch, wenn sein Sohn ihn fragt, ob die Vorwürfe im Fernsehen denn stimmen würden. Aber auch da kommt als Antwort nur: „Es ist kompliziert.

    Statt NFL-Profis coacht Sean Payton (Kevin James) nach seiner Suspendierung plötzlich einen Haufen zwölfjährige Kids...

    Die Regie-Brüder Charles Kinnane und Daniel Kinnane, die während der Pandemie gemeinsam mit Kevin James in Quarantäne gegangen sind, um wöchentliche Videos für seinen YouTube-Kanal zu produzieren, haben offensichtlich nicht das geringste Interesse daran, die wahren Geschehnisse auch nur halbwegs ernst zu nehmen. Stattdessen wird Sean Payton als Genie gefeiert, der dem bislang punktfreien Team mit einem einzigen neuen Spielzug sofort zum ersten Touchdown der Saison verhilft, während seine Geschichte in eine altbacken-überraschungsfreie Big-Shot-muss-Kleinstadt-Team-trainieren-Form gegossen wird. Inspirierend geht anders – und so kommen hier allenfalls Fans des anarchisch-kindischen Humors von Adam Sandlers Produktionsstudio Happy Madison („The Ridiculous 6“, „The Wrong Missy“) auf ihre Kosten.

    Seinen Humor zieht „Home Team“ nämlich nicht aus seiner Football-Geschichte – sondern aus den vielen karikaturesken Figuren am Rande, die so gar nicht zum „Based On A True Story“-Stempel des Projekts passen, sondern eher an Adam-Sandler-und-seine-Crew-Abhäng-Komödien wie „Kindsköpfe“ & Co. erinnern. Da ist zum Beispiel Adam Sandlers Neffe Jared Sandler als maximal planloser Hotel-Rezeptionist, der völlig grundlos Eier auf seinem Tisch zerschlägt oder sich tierisch darüber freut, wenn er bei „Vier gewinnt“ im Spiel gegen sich selbst ein Unentschieden erzielt (wobei im Film klar zu sehen ist, dass Gelb die Partie eigentlich schon längst gewonnen hat).

    Der Weg zum Sieg: Kotzen wie in "Der Exorzist"!

    Natürlich dürfen in einer Happy-Madison-Produktion auch Adam Sandlers Ehefrau Jackie Sandler (als Paytons Ex-Frau) und Adam Sandlers bester Kumpel Rob Schneider (als ihr neuer Mann) nicht fehlen. Schneider sorgt dabei als veganer Meditationsguru mit seinen neukreierten Powerriegeln dafür, dass sich die komplette Mannschaft samt Trainerstab im vorletzten Spiel der Saison übergeben muss. Da wird buchstäblich im Strahl gereihert, wie es sonst nur Linda Blair in „Der Exorzist“ geschafft hat. Irgendwann besteht zwar das ganze Spielfeld nur noch aus einem gelblichen-schimmernden Magensaft-Matsch, doch statt eines Abbruchs gibt es einen weiteren genialen Spielzug, bei dem sich der Weg durch die gegnerische Verteidigungslinie buchstäblich freigekotzt wird…

    Da ihr nach dieser Szenenbeschreibung wahrscheinlich nun selbst bereits am besten einschätzen könnt, ob „Home Team“ für euch einen Blick wert ist oder nicht, kommen wir dann auch direkt zum ...

    … Fazit: Fans des brachial-absurden Happy-Madison-Humors kommen hier zumindest an den Rändern auf ihre Kosten, solange sie die wahre Geschichte des viel zu leicht vom Haken gelassenen Sean Payton ausblenden. Als Sportfilm und Familien-Komödie ist „Home Team“ hingegen ein Totalausfall.

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