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    Knight Moves - Ein mörderisches Spiel
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    4,0
    stark
    Knight Moves - Ein mörderisches Spiel
    Von Carsten Baumgardt

    Mitte der 80er Jahre sah es für Christopher Lambert, den Mann mit dem berühmtesten Silberblick der Branche, nicht nach einer leidvollen Karriere in B-Movie-Untiefen aus. Doch der in den USA geborene Franzose wusste seinen Kultstatus des ersten Highlander-Films nicht zu nutzen. Sein letzter ernsthafter Versuch in der A-Liga Fuß zu fassen, entwickelte sich in Deutschland zu seinem erfolgreichsten Film, doch die Amerikaner zeigten „Knight Moves“ die kalte Schulter und schickten Lambert auf den Weg in den B-Movie-Sumpf. Dabei hatte das deutsche Publikum bei Carl Schenkels rassigem Psycho-Thriller den besseren Riecher. In exzellenter Optik bietet „Knight Moves“ Hochspannung zum Mitraten - gepaart mit einem launigen Trashfaktor, der den Film zu einem kurzweiligen Spektakel macht.

    Schachgroßmeister Peter Sanderson (Christopher Lambert) ist zu einem internationalen Turnier auf eine abgelegene Insel an die US-Westküste gereist. Seine Konzentration wird jedoch schon bald empfindlich gestört, als die örtliche Polizei in Person von Detective Frank Sedman (Tom Skerritt) vor der Tür steht. Sandersons One-Night-Stand Debi Rutlege (Kehli O’Byrne) ist bestialisch ermordet worden und er hat sie als letztes lebend gesehen. Plötzlich findet sich der Schach-Champion als Hauptverdächtiger in einem Mordfall wieder. Doch der Polizei fehlen die Beweise, deshalb schicken sie die Psychologin Kathy Sheppard (Diane Lane) vor, um sich getarnt an Sanderson heranzuschleichen und ihn einzuschätzen. Sedmans Assistent, Detective Andy Wagner (Daniel Wagner), ist von der Schuld des Schachspielers überzeugt und setzt ihm heftig zu. Bald geschehen weitere Morde und der Killer sendet verschlüsselte Botschaften an die Polizei...

    Mit „Abwärts“ (1984) feierte Carl Schenkel in Deutschland einen Achtungserfolg (960.000 Besucher), mit „Knight Moves“ wollte der Schweizer sich die Eintrittskarte nach Hollywood verschaffen, was jedoch scheiterte. Die amerikanischen Kritiker verrissen den Film, die Zuschauer bekamen ihn kaum zu Gesicht und dann auch noch in einer verstümmelten Version. Die Produzenten trauen den US-Besuchern die vielen verschachtelten Rückblenden der originalen, europäischen Fassung nicht zu und schnitten diese heraus bzw. um. Doch ein bisschen Mitdenken muss schon erlaubt sein. Das ist schließlich der große Spaß an „Knight Moves“. Schenkel und sein Co-Drehbuchautor Brad Mirman („Body Of Evidence“, „Highlander III“) entwerfen ein extrem verzwicktes Rätselspiel, das bis zum Finale offen bleibt und reihenweise falsche Fährten auslegt. Dass sich im Eifer des Gefechts einige Plotholes mit bedenklicher Größe auftun, ist nicht weiter schlimm, da Schenkels straffe Inszenierung kaum ein Luftholen erlaubt.

    Atmosphärisch ist „Knight Moves“ glänzend angelegt, die raue Insellandschaft (gefilmt vor der Küste British Columbias) passt sich hervorragend in die Stimmung ein und sorgt für kühl-elegante Bilder. Ähnlich wie bei John McNaughtons Wild Things schlägt der Plot fast im Minutentakt wilde Haken, denen es zu folgen gilt. Die Kernfrage: Ist Sanderson der Mörder oder wird er nur von diesem benutzt? Die Antwort darauf gibt es spät. Bis dahin unterhält das Thriller bestens, für Freude gepflegten Edeltrashs wird viel geboten, über allem schwebt der Charme einer waschechten Genreproduktion. Schenkel geht mit seinen Figuren nicht zimperlich um und justiert die Daumenschrauben in der richtigen, zwickenden Stellung.

    Ein wirklich guter Schauspieler war Christopher Lambert nie, aber als Highlander passte er einfach als Typ perfekt in die Rolle. Dieses Erfolgsschema kommt ihm auch in „Knight Moves“ zugute. Er gibt seinen Schachgroßmeister aalglatt, arrogant und doch irgendwie sympathisch – womit er exakt die Aufgabe erfüllt, das Publikum im Unklaren zu lassen, ob er es getan haben könnte. Tom Skerritt (Contact, Aus der Mitte entspringt ein Fluss) wirft seine Charakterstärke in den Ring und überzeugt als Polizeichef Sedman, während Diane Lane (Untreu, Unter der Sonne der Toskana) als Love Interest und Eye Candy gut besetzt ist. Daniel Baldwin („Nach eigenen Regeln“) macht als Sandersons Konterpart bei den Cops ebenfalls Spaß. Weil der Film mit deutschen Mitteln finanziert wurde, durften Arthur Brauss („Großstadtrevier“) und Ferdinand Mayne („Im Bann des Zweifels“) die internationalen Stars unterstützen.

    „Knight Moves“ traf in den frühen 90ern den Nerv des deutschen Publikums (1,90 Millionen Besucher) und war wochenlang Gesprächsthema unter Filmfreunden. Es ist ein wenig bedauerlich, dass nur Diane Lane, die von 1988 bis 1994 mit Lambert verheiratet war (ein Kind), karrieretechnisch durchstarten konnte. Zwar hat Lambert im B-Bereich so etwas wie Ikonencharakter, aber dieser Ruhm ist wohl eher zweifelhafter Natur. Ein Blick auf Schenkels schneidigen Hochspannungs-Thriller lohnt auf den Fall… und sei es nur aus nostalgischen Gründen.

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