Mein Konto
    Book Club 2: Ein neues Kapitel
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    Book Club 2: Ein neues Kapitel

    Ein Film wie ein total entspannter Italien-Trip

    Von Kamil Moll

    Die ersten Szenen von „Book Club 2: Ein neues Kapitel“ stammen aus einer Zeit, bei der es sich zumindest so anfühlt, als sei sie schon lange vorüber. Dabei ist der Höhepunkt der Corona-Pandemie ja noch gar nicht lange her: Die Freundinnen Vivian (Jane Fonda), Diane (Diane Keaton), Carol (Mary Steenburgen) und Sharon (Candice Bergen), die sich seit über 40 Jahren zum gemeinsamen Lesen von Büchern treffen, sind durch die verordneten Lockdowns plötzlich dazu gezwungen, ihre persönlichen Zusammenkünfte via Zoom-Schalte abzuhalten. Der Lesekreis wird für die Frauen so zum einzigen sozialen Get-Together, bei dem auch Geburtstage oder der Abschied vom Arbeitsleben gefeiert werden.

    Gerade während dieses Auftaktes sind die Pointen gerade für eine Best-Ager-Comedy doch erstaunlich bissig geraten: Zwischen dem letzten Schluck aus dem Weinglas und dem Entkorken einer neuen Flasche geht Jane Fonda noch kurz auf ihren Balkon, um den Pflegekräften von L.A. zu applaudieren. Nach den ersten 15 Minuten lässt „Book Club 2: Ein neues Kapitel“ das Isolationssetting allerdings schnell wieder hinter sich und entwickelt sich in der Folge zum ersten explizit postpandemischen Reise-Film Hollywoods – allein damit wird er es sicherlich zu einer kleinen Fußnote in der Filmgeschichte bringen.

    Vivian (Jane Fonda) will vor ihrer Hochzeit unbedingt noch etwas Wildes und Aufregendes erleben.

    Als Fortsetzung des Arthouse-Hits „Book Club - Das Beste kommt noch“ (2018) folgt die Story des Films im Wesentlichen erneut dem Prinzip, dass die Lektüre eines bestimmten Buches lose den Ton der Komödie vorgibt: Brachte im ersten Teil noch E.L. James‘ „Fifty Shades Of Grey“-Trilogie eine mehr oder minder gelungene Schnurre über sexuelles Wiedererwachen in Schwung, wird nun Paulo Coelhos Selbstfindungsschmonzette „Der Alchimist“ zum Reisebegleiter eines Italientrips, dessen munter verquere Route keinerlei finanziellen Engpässe oder ökologische Bedenken zu kennen scheint.

    Dem Film vorangestellt ist folgendes Zitat: „In einem bestimmten Moment unserer Existenz verlieren wir die Macht über unser Leben, und es wird dann vom Schicksal gelenkt. Das ist die größte Lüge der Welt.” Wer „Der Alchimist“ nicht gelesen hat, kennt den Spruch vielleicht als peinsamen Aufdruck auf den Kaffeetassen von Bürokolleg*innen. Und doch gelingt mit der hauchdünnen Geschichte, dass Vivian mit ihren Freundinnen einen verspäteten Junggesellinnenabschied in Italien begehen möchte, bevor sie ihren von Don Johnson mit beachtlichem, ledrigem Alterscharme gespielten Liebhaber heiratet, zu großen Teilen eine der gelungensten Komödien der letzten Zeit. Regisseur und Co-Autor Bill Holderman weiß offensichtlich um die eigenen abgehangenen Stereotypen und übersteigert diese mit Hilfe seines wundervollen Cast deshalb nur umso mehr.

    Best Ager auf dem Vormarsch

    Lange Zeit als ambitionslose Spielwiese für ehemals große Hollywoodstars in ihrer letzten Karrierephase belächelt und kritisiert, sind amerikanische Best-Ager-Komödien mittlerweile längst ein üppig wucherndes und sich mit den ihnen eigenen Klischees vergnügendes Subgenre geworden, das einer etwas genaueren und aufgeschlosseneren Gesamtschau lohnt: Im aktuellen Mainstream-Kino füllen solche Komödien dominierend ein Segment aus (2023 erscheinen alleine drei Filme mit Jane Fonda in einer tragenden Rolle, darunter der Best-Ager-Sportfilm „Brady's Ladies“), für das sonst kaum noch andere Stoffe entwickelt werden. Dass die Karrieren von großartigen Schauspieler*innen wie Lily Tomlin und Diane Keaton so wieder revitalisiert werden, trägt nicht zuletzt auch dem Umstand Rechnung, dass die Filmbranche in den letzten anderthalb Jahrzehnten kaum neuere Komödientalente gefördert und entwickelt hat.

    Das Best-Ager-Genre erweist sich dabei zunehmend als erfreulich offen und anschlussfähig an sowohl ältere als auch neuere Komödientraditionen. Gemahnte der erste „Book Club“ mit höherem Erzähltempo und souverän ausgespieltem doppeldeutigen Wortwitz in den besseren Momenten noch an klassische Screwball-Komödien, so wird die Geschichte bei „Ein neues Kapitel“ als genüsslich zelebrierter Hangout-Film in der Tradition der Arbeiten von Adam Sandler und seiner Produktionsfirma Happy Madison erzählt: Dreharbeiten, so scheinen diese Filme wie „Kindsköpfe“, „Murder Mystery“ oder nun eben „Book Club 2“ zu sagen, sind auch nicht viel mehr als eine gute Gelegenheit, um Urlaub zu machen. Und Venedig liegt in dieser Logik eben auch nur einen Katzensprung von Rom entfernt.

    „Book Club 2“ ist ein waschechter Urlaubs-Hangout-Film. Ansteckend entspannend.

    Ein solch entspanntes Erzählkonzept lässt sich somit endlos variieren. Für einen nächsten Teil des „Book Clubs“ schlage ich deswegen eine apokalyptisch-vergnügte Kreuzschifffahrt mit David Foster Wallaces Reisebericht „Schrecklich amüsant – aber in Zukunft ohne mich“ im Handgepäck vor. Anhand von Zitaten aus diesem Text schreibt sich das Drehbuch wie von selbst: „Ich habe 500 amerikanischen Leistungsträgern beim Ententanz zugeschaut. Ich habe Sonnenuntergänge erlebt, die aussahen wie nach einer digitalen Bildbearbeitung, und einen tropischen Mond, der am Himmel hing wie eine fette Zitrone – statt des spröden Gesteinsbrockens unter dem gewohnten US-Sternenzelt.

    Fazit: Mit der Fortsetzung „Book Club 2: Das nächste Kapitel“ liefert Bill Holderman eine der bislang gelungensten Best-Ager-Komödien, die eine wenig originelle Junggesellinnenabschied-Story mit einem wunderbaren Cast in der Form eines erstaunlich entspannten Hangout-Roadtrips erzählt.

     

    Möchtest Du weitere Kritiken ansehen?
    Das könnte dich auch interessieren
    Back to Top