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    Winnie the Pooh: Blood and Honey II
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,5
    durchschnittlich
    Winnie the Pooh: Blood and Honey II

    Erst jetzt beginnt das Twisted Childhood Universe so richtig

    Von Lutz Granert

    Anfang 2022 kündigte die Filmproduktionsfirma Jagged Edge Productions einen Horrorfilm mit Winnie The Pooh und Ferkel an, die im 100-Morgen-Wald fleißig meucheln – womit der Kinderbuchklassiker „Pu der Bär“ von A.A. Milne auf links gedreht wurde. Ein Erlöschen des Urheberrechts an dem Stoff machte diese freie Neu-Interpretation möglich und das Kinopublikum weltweit neugierig: Bei einem Mini-Budget von je nach Bericht zwischen 50.000 und 100.000 Dollar spielte „Winnie The Pooh: Blood And Honey“ weltweit mit rund 5 Millionen Dollar das Vielfache ein – obwohl die Kritiken vernichtend ausfielen (unsere eingeschlossen). Dass der an zehn Drehtagen sichtbar schnell und billig heruntergekurbelte Slasher 2024 beim Anti-Oscar-Schmähpreis „Goldene Himbeere“ gleich fünf Preise, unter anderem in der Kategorie „Schlechtester Film des Jahres“ abholte, ließ die Macher ebenfalls kalt.

    Wer nun für die recht früh verkündete Fortsetzung Schlimmes befürchtet, wird überrascht. Denn der in den vergangenen Jahren sehr rege britische Filmproduzent und Filmemacher Rhys Frake-Waterfield legte das wesentlich höhere Budget bei seinem Sequel gut an. Der Plot gerät etwas gehaltvoller – und auch bei den Masken und Gore-Effekten sind gegenüber dem in allen Belangen grottenschlechten Erstling deutliche qualitative Verbesserungen zu erkennen. Trotzdem ist „Winnie The Pooh: Blood And Honey II“ weit davon entfernt, ein wirklich guter Horrorthriller oder Slasher zu sein: Dafür mangelt es dem Sequel nach wie vor an Spannung und – vor allem bei den vielen plumpen Referenzen an Genreklassiker – auch an der nötigen Raffinesse. Zum Genre-Mittelmaß reicht es aber.

    PLAION PICTURES
    Im Sequel geht es sehr viel blutiger zu.

    Nach dem Massaker im 100-Morgen-Wald wird Christopher Robin (Scott Chambers) für die zahlreichen Morde verantwortlich gemacht. Schließlich finden sich keine Beweise für seine Berichte von mordenden Kindheitsfreunden. Der angehende Arzt wird von den Bewohnern des kleinen Städtchens Ashdown gemobbt und begibt sich in Therapie. Dabei erinnert er sich unter Hypnose an immer mehr Details eines längst vergessenen, traumatischen Kindheitserlebnisses...

    Währenddessen werden im 100-Morgen-Wald die übel zugerichteten Leichen dreier junger Frauen gefunden werden. Wir ahnen es: Die beiden Massenmörder Winnie The Pooh (Ryan Oliva / deutsche Stimme: Toni Nirschl) und Ferkel (Eddy MacKenzie / deutsche Stimme: Santiago Ziesmer) sind zurück. Doch sie agieren nicht mehr im Duo. Denn dieses Mal bekommen sie weitere Unterstützung durch Eule (Marcus Massey / deutsche Stimme: Hans-Rainer Müller) und Tigger (Lewis Santer / deutsche Stimme: Joachim Kaps) ...

    Der Bär ist nur der Anfang: Bambi, Peter Pan & Pinocchio folgen

    Nach dem kommerziellen Erfolg des ersten Teils hat Regisseur, Co-Produzent und Co-Autor Rhys Frake-Waterfield buchstäblich Blut geleckt. So macht er sich nun mit „Winnie The Pooh: Blood And Honey II“ daran, einen in seiner Abstrusität wahrlich gruseligen Slasherfilm-Kanon aufzubauen, der weit über die Figuren rund um den in seinen Kinderabenteuern so gemütlichen, honigliebenden Bären hinausgehen soll. Für sein – Vorbild Marvel lässt grüßen – sogenanntes „Twisted Childhood Universe“ (TCU) hat er sich viel vorgenommen.

    Mit „Bambi: The Reckoning“, „Peter Pan's Neverland Nightmare“ und „Pinocchio: Unstrung“ sind bereits mehrere Horrorversionen von Disney-Klassikern in der Vorproduktion. Dazu kommt noch das bereits angekündigte Sequel „Winnie The Pooh: Blood And Honey 3“. Alle Titel sollen inhaltlich aufeinander aufbauen und über Christopher Robins verdrängte Kindheits-Traumata miteinander zusammenhängen. Keine einfache Aufgabe – und die siebenminütige und ohne temporeich geschnittene Rückblenden oder andere auch nur ansatzweise auflockernde visuelle Stilmittel auskommende erste Erklärung in „Winnie The Pooh: Blood And Honey II” wirkt auch reichlich an den Haaren herbeigezogen.

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    Erneut wird Angst und Schrecken verbreitet.

    Die krude Hintergrundstory um Kindesentführungen und Gen-Experimente ist dann allerdings sogar das Überraschendste in dem von Rhys Frake-Waterfield zusammen mit Matt Leslie (Co-Autor des Retro-Teenie-Horrors „Summer Of 84“) geschriebenen Skript. Dieses wird ansonsten vor allem aus müden Genre-Zitaten zusammengehalten: So verdient sich Christopher Robins Freundin Lexy (Tallulah Evans) Geld als Babysitterin eines kleinen Jungen namens Freddie dazu. Der erschreckt seine Aufpasserin bevorzugt mit Hockeymaske und Fake-Klingen an den Fingern.

    Subtil sind derart plumpe Anspielungen auf gleich drei bekannte Slasher-Reihen wahrlich nicht. Vor allem sind sie im Horror-Genre längst durchgespielt. Im Zeitalter von „Scream“ und Co. erwarten wir schließlich einen erfrischenden Spin oder eine scharfe satirische Zuspitzung. Beides fehlt hier völlig. Selbst der selbstreferenzielle Hinweis auf eine Verfilmung der Geschehnisse des ersten Teils sorgt nur für müdes Schulterzucken.

    Reichlich Kunstblut als größte Stärke

    Die aufwändigeren und beweglicheren Latexmasken der Killertruppe sorgen dafür, dass die vier mordenden Fieslinge nicht nur besser aussehen, sondern ermöglichen Winnie Puuh und Co. nun auch zu sprechen. Das ermöglicht in der deutschen Synchronfassung einen echten Besetzungscoup: So sind unter anderem Santiago Ziesmer und Joachim Kaps zu hören, die Ferkel und Tigger bereits seit über zwei Jahrzehnten in Serien und Filmen sprechen. Eine andere Umbesetzung ist eine der zahlreichen Verbesserungen gegenüber dem ersten Teil: Nachdem Nikolai Leon als Christopher Robin im Vorgänger selten mehr durfte als dauerhaft und hilflos um Gnade zu betteln, folgte ihm in der Rolle Scott Chambers („Doctor Jekyll“) nach. Ihm gelingt es tatsächlich, seiner seelisch gebrochenen Figur so etwas wie Tiefe zu verleihen. Die zähen Dialoge, die mit seiner Trauma-Aufarbeitung einhergehen, bremsen aber das recht spannungsfrei ausgetretenen Slasher-Pfaden folgende Szenario zusätzlich aus.

    Dieses wird immerhin gekonnt rot gefärbt, denn Gore-Fans freuen sich im letzten Drittel über reichlich Kunstblut. Wenn Winnie the Pooh, Ferkel, Tigger und Eule in einem Techno-Club und der Industriehalle nebenan ein feierwütiges Party-Volk meucheln, macht das durchaus Spaß. Brachiale Kills mit Bohrmaschine und Säge gibt es hier dann endlich mal nicht wohldosiert, sondern im Minutentakt. Ohne das unsägliche Kameragewackel des ersten Teils sind die Gore-Einlagen in der Fortsetzung wesentlich zeigefreudiger und reicher an brutalen Details. Ein erst hier plötzlich so richtig in Erscheinung tretender Tigger steckt sich da zum Beispiel die Augäpfel einer blind davonkriechenden Teenagerin auf seine Klauen. Bei so viel Freude am kreativen Gemetzel sieht man dann auch gerne darüber hinweg, dass das wohl erneut schnell am Reißbrett entworfene Skript die Frage, wo er vorher abgeblieben ist, nicht beantwortet.

    Fazit: Mit höherem Budget und einem Tick mehr Story reicht es nach dem grottenschlechten Erstling sogar zu Genre-Mittelmaß. So richtig Lust auf das große Twisted Childhood Universe bekommt man durch den mit öden Filmreferenzen angereicherten, insgesamt recht deftigen Slasher „Winnie The Pooh: Blood And Honey II“ allerdings noch nicht.

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