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    Constantine
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    Constantine
    Von Jürgen Armbruster

    Ho, ho, ho… zur Abwechslung mal wieder eine Comic-Verfilmung. Wird auch langsam Zeit. An die Letzte können wir uns schließlich kaum noch erinnern… Doch Spaß bei Seite. Als Autor kommt man sich mittlerweile ganz schön blöd vor. Immer wieder dieselbe Leier. Aber es ist nun mal so. Ja, Francis Lawrence’ „Constantine“ ist eine Comic-Verfilmung. Und ja, davon gibt es in letzter Zeit eine ganze Menge. Aber sei’s drum. Auch wenn der Film zwischenzeitlich auf reichlich konfusen Gefilden wandert, ist er letzten Endes eine kurzweilige Angelegenheit. Und darauf kommt es schließlich an. Oder etwa nicht?

    John Constantine (Keanu Reeves) ist schon ein armer Schlucker. Seit er ein Kind ist, sieht er Dinge, die eigentlich nicht für die Augen der Menschheit bestimmt sind. Grausame Dinge. Dämonen, Engel und allerlei anderes Getier nichtirdischen Ursprungs. Irgendwann wird ihm dies alles zuviel. Er versucht sich selbst umzubringen. Und was passiert mit Selbstmördern? Richtig, sie wandern in die Hölle. So was tut man schließlich nicht. Das ist pfui! Aber spätestens jetzt ist klar, dass Constantine nicht verrückt ist. Die Viecher aus seinen Tagträumen sind tatsächlich real. Doch er hat Glück. Er wird reanimiert und erhält nochmals eine Chance in der Welt der Lebenden. Fortan kämpft er auf der Seite der Guten gegen das Böse. Sein Ziel: Absolution! Einmal Sightseeing in der Hölle reicht. Schließlich will dort niemand zwei Mal hin.

    „Constantine“ basiert auf der hierzulande mal wieder eher unbekannten DC Comics/Vertigo-Comics-Serie „Hellblazer“. Das zugrunde liegende Konzept ist simpel. Es gibt einen Himmel und eine Hölle. Dort hausen der liebe Gott und der böse Teufel. Und denen ist in ihrem ewig währenden Leben zwischen Alpha und Omega stinklangweilig. Die Unendlichkeit ist ja auch ein recht langer Zeitraum. Also gehen sie einen perfiden Wettstreit ein. Es geht um die Seelen der Menschen. Wer mehr für sich gewinnt, der hat gewonnen. Doch da es ein wenig langweilig wäre, wenn sie selbst wie die Mähdrescher über die Kontinente hinweg jagen würden, vereinbaren sie folgendes: Sie dürfen lediglich passiv über ihre Helfer Einfluss auf die Menschheit ausüben. Auf der Seite der Guten wären dies die Engel, bei den Bösen die Half-Breeds, also irgendwas zwischen Dämon und Mensch.

    Um was geht es nun eigentlich genau in „Constantine“? Gute Frage. Zunächst einmal hätten wir da unseren Helden John Constantine, der fleißig allerlei fieses Zeugs bekämpft. Dann wäre da die ihm gegenüber zunächst skeptische Polizistin Angela Dodson (Rachel Weisz), die in eigener Sache Ermittlungen im Zusammenhang mit dem mysteriösen Tod ihrer Zwillingsschwester durchführt. Des weitern mit von der Partie: der Erzengel Gabriel (Tilda Swinton), des Teufels rechte Hand Balthazar (Gavin Rossdale) und jede Menge okkulte und obskure Artefakte. Alles klar? Nein? Kein Wunder. Zunächst ergibt das alles, was sich so auf der Leinwand abspielt, auch keinen wirklich Sinn. Erst nach und nach fügen sich die einzelnen Puzzelteile zusammen und es kommt für den Zuschauer zu einem halbwegs versöhnlichen und schlüssigen Ende. All zu sehr sollte allerdings nicht über das Gesehene nachgedacht werden. Wer nach Ungereimtheiten sucht, wird diese sicherlich auch finden.

    Doch das Sympathische: „Constantine“ ist sich durchaus bewusst, dass er nicht durch eine tiefschürfende Geschichte Bonuspunkte einfahren kann. Will er auch gar nicht. Stattdessen konzentriert sich der Film voll auf seine Stärken. Und genau an dieser Stelle müssen wir zunächst einmal bei Francis Lawrence einsteigen. Dieser ist im großen Filmgeschäft bisher ein vollkommen unbeschriebenes Blatt. In seiner Biographie findet sich bislang nicht ein einziger Spielfilm. Stattdessen stolpert man bei der Recherche über (Achtung, festhalten!) Musikvideos wie Justin Timberlakes „Cry Me A River“ oder Will Smith’ „Black Suits Coming“. Nicht gerade viel versprechend, macht aber nichts. Was Lawrence hier gemeinsam mit Tim Burtons Stamm-Kameramann Philippe Rousselot („Charlie und die Schokoladenfabrik“, „Big Fish“, „Planent der Affen“, „Interview mit einem Vampir“) abliefert, ist ein optisches Feuerwerk alles erster Güte. Technisch ist „Constantine“ absolut auf der Höhe der Zeit. Die Kulissen sorgen mit ihrem gotischen Touch für ein düsteres Ambiente und die Spezial-Effekte sehen nicht nur teuer, sondern auch richtig schick aus. Highlight sind dabei ganz klar die Abstecher in die lodernde Hölle…

    Bei den Darstellern beginnen wir mit einer Floskel, die uns gerne fünf Euro ins Phrasen-Schwein wert ist. Keanu Reeves ist Keanu Reeves und wird auch immer Keanu Reeves bleiben. Wer den in Beirut geborenen Sunnyboy bisher nicht mochte, wird sich durch seinen Auftritt in „Constantine“ sicherlich nicht bekehren lassen. Im Grunde spielt Reeves ja auch seit Jahren immer wieder dieselbe Rolle: Den charismatischen (Anti-)Helden wider Willen. Man nehme seinen "Matrix"-Helden Neo, mische diesen mit guten Schuss des Exorzisten Vater Merrin und fertig ist sein John Constantine. Dazu noch immer eine Kippe im Mundwinkel und einen knackigen Spruch auf den Lippen. So wollen die Fans Herrn Reeves eben sehen. Und in solche Rollen passt ein Herr Reeves eben auch. Mehr gibt’s zu dem Thema eigentlich nicht zu sagen.

    Die weibliche Hauptrolle wurde mit Rachel Weisz („About A Boy“, „Das Urteil“) besetzt. Eine solide Wahl, wenn auch nicht mehr. Das Wichtigste an Frau Weisz ist ohnehin ihr Ausschnitt, denn dieser wird in jeder möglichen Szene so breit es geht ins Bild gedrückt. Nicht gerade subtil, aber da sich das Gezeigte ganz nett anschauen lässt, soll uns auch dies egal sein. Die schauspielerischen Höhepunkte finden sich bei „Constantine“ ohnehin abseits des Hauptgeschehens. Da wäre zunächst Djimon Hounsou („Amistad“, „In America“) als Betreiber eines Nachtclubs für Halbblut-Wesen aller Art und vor allem Peter Stormare mit einem ungeheuer coolen Auftritt als Satan höchst selbst. Letzteren kann man aber auch einfach nur lächerlich finden. Geschmackssache. Einen Fehlgriff hat sich allerdings auch „Constantine“ geleistet. Tilda Swinton („Die Chroniken von Narnia: Der König von Narnia“, „Adaption“, „Vanilla Sky“) ist zwar eine exzellente Mimin im Charakterfach, aber als Engel Gabriel im Grunde fehlbesetzt.

    „Constantine“ ist unterm Strich eine angenehme Überraschung. Wer nach Betrachtung der vorab veröffentlichten Bilder ein zweites „Van Helsing“-Desaster erwartet hat, muss und darf sich eines besseren belehren lassen. Eine bestechende Optik, krachende Action und Charaktere mit Kult-Potenzial. Der Film wird ein Hit, keine Frage. Zwar ist „Constantine“ kein absoluter Überflieger, doch Genre-Freude bekommen, was sie wollen. Angeblich wird bereits eifrig am Drehbuch für einen zweiten Teil gewerkelt. Und warum nicht? Solang es doch Spaß macht…

    Kleiner Tipp noch: Unbedingt bis ans Ende des Abspanns im Kino sitzen bleiben!

    In einer früheren Version dieser Kritik hatte „Constantine" noch 4 von 5 Sternen. Die Wertung wurde angepasst.

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