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    James Bond 007 - Lizenz zum Töten
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    4,5
    hervorragend
    James Bond 007 - Lizenz zum Töten
    Von Carsten Baumgardt

    Timothy Dalton als James Bond. Das ist ein einziges Missverständnis. Das Kinopublikum nahm den Wechsel vom alternden Roger Moore zum kantigen Waliser nie an. Und das, obwohl Dalton in seinen zwei Auftritten erstklassige, völlig unterschätze Filme ablieferte, die erst in der späteren Betrachtung größere Würdigung erfuhren. Dalton verkörpert einen eigenständigen Bond-Charakter, der sich vor allem von seinem Vorgänger sowie seinem Nachfolger abgrenzt. In John Glens „Lizenz zum Töten“ (1989), der auf „Der Hauch des Todes“ (1987) folgte, ist Bond so hart und ernst wie nie zuvor. Der knallharte Agenten-Action-Thriller ist ein heimliches Highlight des weltberühmtesten Franchise.

    James Bond (Timothy Dalton) in privater Mission. Der Geheimagent des britischen Secret Service soll bei seinem amerikanischen Kollegen Felix Leiter (David Hedison) den Trauzeugen abgeben. Doch vorher müssen beide noch den Drogenboss Franz Sanchez (Robert Davi) zur Strecke bringen. Die Freude über den Erfolg der Verhaftung schlägt bald ins Gegenteil um, Sanchez gelingt durch Bestechung die Flucht. Er lässt nicht mit sich spaßen und rächt sich an Leiter, bringt dessen Frau Della (Priscilla Barnes) brutal um und wirft ihren Mann den Haien zum Fraß vor. Er überlebt nur schwer verletzt. Bond ist außer sich vor Wut und Trauer. Er will nur eines: Rache. Doch sein Vorgesetzter „M“ (Robert Brown) zieht seinen besten Agenten von dem Fall ab, was dieser mit dem Quittieren des Dienstes kontert. Bond macht sich im Alleingang daran, Sanchez aus dem Verkehr zu ziehen, nur in der Pilotin Pam Bouvier (Carey Lowell) findet 007 eine Verbündete, die ihn zu Sanchez’ Hauptquartier in Isthmus City begleitet...

    Es ist schon ein Kreuz, dass Timothy Dalton und das 007-Publikum damals nicht miteinander warm werden wollten. Dabei zählen die beiden Dalton-Bonds (Nummer 15 und 16) zu den besten der Reihe. Die Neuausrichtung des Franchise erinnert an die aktuelle Entwicklung, die gerade vor sich geht. Wie auch Daniel Craig in James Bond 007 - Casino Royale verzichtet Dalton auf viel Schnackschnack, Massen an hanebüchenen Gadgets und übermäßige Ironie, die Zynismus weicht. „Lizenz zum Töten“ ist der bis dato härteste Bond-Film, der den Geheimagenten von einer anderen Seite zeigt. Auf seinem kühlen, emotional motivierten Rachefeldzug macht er keine Gefangenen und tötet kaltblütig. Die Frauen an seiner Seite gewinnen Profil und Stärke, was ganz besonders für Carey Lowell (Leaving Las Vegas, „Schlaflos in Seattle“) gilt, die eine beinahe gleichberechtigte, äußerst toughe Partnerin abgibt, dabei aber trotzdem unheimlich sexy rüber kommt und als eines der besten Bond-Girls in die Archive eingeht. Aber auch Eye Candy Talisa Soto („Mortal Kombat“, „Agent 00“) erhält etwas mehr Charakterballast als die üblichen Gespielinnen des Agenten.

    „Lizenz zum Töten“ ist der erste Bond, der nicht direkt auf einer Vorlage von Ian Flemings Bond-Romanen beruht, obwohl Teile der Story aus „Leben und Sterben lassen“ sowie der Kurzgeschichte „The Hildebrand Rarity“ eingebunden wurden. Trotzdem wirkt der Film wesentlich erdiger und näher an der Romanfigur Bond, glänzt als spannender, krachender Action-Thriller. Der Einsatz der berühmten Gadgets hält sich stark in Grenzen, erst als „Q“ (Desmond Llewelyn) zur Verstärkung anrückt, bekommen die Fans des klassischen Bonds etwas in dieser Richtung zu sehen. Die Bösewichtrolle fällt ähnlich wie in „Der Hauch des Todes“ differenzierter aus. Der große Superschurke, der die Welt beherrschen will, fehlt, stattdessen rückt an diese Stelle ein schnöder Drogenbaron, dem es gilt, den Garaus zu machen. Inhaltlich ist das jedenfalls stimmig, weil Bond auf seinem persönlichen Rachefeldzug ist. Dazu strahlt Robert Davi (Stirb langsam, Showgirls) ein herrlich fieses Charisma aus, was die nicht zu leugnende Konventionalität des Charakters auffängt. In einer kleineren Rolle ist übrigens der junge Benicio Del Toro (21 Gramm, Traffic, Fear And Loathing In Las Vegas) zu sehen.

    Die Actionszenen und Verfolgungsjagden sind satt und kraftvoll, natürlich over the top, aber nicht so sehr, wie die Bondianer es bisher gewohnt waren. Härte ist auch hier die oberste Maxime. „Lizenz zum Töten“ war der erste Bond-Film, der in Deutschland eine FSK-16-Freigabe (statt 12) bekam. Die Schauwerte sind phantastisch, gedreht wurde in Florida (u.a. auf dem atemberaubenden Overseas Highway), Mexiko und England.

    Bond-Veteran John Glen, der bereits bei „In tödlicher Mission“ (1981), „Octopussy“ (1983), „Im Angesicht des Todes“ (1985) und „Der Hauch des Todes“ (1987) Regie führte, verabschiedet sich würdig von der 007-Bühne. Dazu darf dieser Teil für sich beanspruchen, einen der besten Bond-Titelsongs der gesamten Reihe hervorgebracht zu haben. Gladys Knights „Licence To Kill“ bringt alles, was den Stil der Serie ausmacht, auf den Punkt. Ein Highlight ist ebenso die umwerfende Eröffnungssequenz. „Lizenz zum Töten“, dieses beherzte Action-Spektakel, ist einer der unbequemsten Bond-Filme, vielleicht aber gerade deshalb einer der besten. Schade, dass der smarte, aalglatte Beau Pierce Brosnan Bond in eine völlig andere, abgehobenere Richtung führte. Diese kommerziell äußerst erfolgreiche Fehlsteuerung wird jedoch durch Martin Campbell mit seinem „Casino Royale“ wieder korrigiert. Nicht, dass Brosnans Bonds nun unbedingt schlecht waren, aber etwas mehr Ecken und Kanten hätten diesen teils überzogenen Gaga-Gadget-Feuerwerken sicherlich gut getan.

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