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    Verrückte Weihnachten
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,5
    durchschnittlich
    Verrückte Weihnachten
    Von René Loch

    Ob man will oder nicht, in weniger als einem Monat ist es wieder so weit und das alljährliche Fest der Liebe vereint Familienangehörige in gemütlicher Atmosphäre bei Kerzenschein und kuscheliger Weihnachtsmusik. Auf die Filmindustrie ist natürlich wie immer Verlass, so dass auch dieses Jahr der Countdown dieser gefühlsduseligen Zeit mit mehr oder weniger weihnachtlichen Produktionen eingeläutet wird. Der Anti-Weihnachtsfilm „Bad Santa“ ist bereits in den Kinos angelaufen und gerade noch rechtzeitig, ab dem 23. Dezember, darf der Weihnachtsfan die Komödie „Surviving Christmas“ mit Ben Affleck in der Hauptrolle über sich ergehen lassen. Für Joe Roth’ Komödie „Verrückte Weihnachten“ waren eigentlich die besten Vorraussetzungen für einen wunderbaren Streifen gegeben: Die Vorlage „Das Fest“ lieferte Meisterautor John Grisham, das Drehbuch verfasste die Familienfilm-Legende Chris Columbus und mit Tim Allen, Jamie Lee Curtis und Dan Aykroyd befinden sich drei echte Comedy-Allstars mit an Bord. Dass am Ende trotzdem ein Film entstanden ist, der nur im durchschnittlichen Bereich anzusiedeln ist, enttäuscht besonders aus dem Grund, dass zweifelsfrei das Potential für ein stärker zufrieden stellendes Endprodukt vorhanden war, was sich auch des Öfteren im Filmverlauf zeigt.

    Die Story, die sicherlich das zentrale Problem des Films darstellt, erzählt sich wie folgt: Wir befinden uns in der unmittelbaren Zeit vor Heiligabend und wie jedes Jahr stehen wieder gigantische Investitionen in dieses Event an. 23 Jahre hat sich nun schon dieser Trott vollzogen, doch dieses Jahr brechen für Luther (Tim Allen) und Nora Krank (Jamie Lee Curtis) neue Zeiten an: Zum ersten Mal werden sie das Fest der Liebe ohne ihre Tochter Blair (Julie Gonzalo) feiern, für beide natürlich eine völlig neue Erfahrung. Spontan überrascht Luther seine Frau mit der Idee, Weihnachten einfach komplett ausfallen zu lassen und stattdessen eine traumhafte Kreuzfahrt in der Karibik zu buchen. Ein kleines Eingeständnis seinerseits später willigt Nora ein, was jedoch ungeahnte Folgen mit sich bringt: Die Kranks ziehen den gesamten Zorn der Straße auf sich und werden von ihren Nachbarn regelrecht tyrannisiert (warum genau, wird nicht wirklich ersichtlich). Doch besonders Luther bleibt hart und hält an seinem Plan fest, nicht in Erwartung dessen, was am Morgen der Abreise geschieht: Blair ruft an und berichtet, dass sie noch am selben Tag mit ihrem Verlobten Enrique (René Lavan) aufkreuzen wird. Die Kranks befinden sich nun im Wettlauf gegen die Zeit, um ihrer Tochter doch noch das Fest zu bieten, das sie von ihrer Familie gewohnt ist...

    Ja genau, die Handlung ist es wieder einmal, die einen Film an den Abgrund treibt. Sie mag sich vielleicht nicht grauenhaft schlecht lesen, im Filmverlauf offenbart sich jedoch eine Reihe ganz derber Schnitzer. Dies beginnt eigentlich schon damit, dass sämtliche Nachbarn, ohne eine einzige Ausnahme, auf die Kranks sauer sind, weil diese sich nicht dazu überreden lassen, Weihnachtsbeleuchtung anzubringen oder traditionellen Ritualen zu folgen, wie zum Beispiel einen Weihnachtsbaum zu kaufen oder den Polizisten ihre Ware abzunehmen. Dies geht dann schon mal so weit, dass sich alle Einwohner in sekundenschnelle vor dem Haus versammeln, um zu protestieren, alle paar Sekunden Telefonstreiche spielen oder ihrem Drang zum Spannen nachkommen, indem sie Luther mit Ferngläsern beobachten. In der lokalen Zeitung erscheint schließlich noch ein Artikel über diesen Skandal, der diesem ganzen Blödsinn die Krone aufsetzt. Dies ließe sich natürlich als Weihnachts-Satire werten, dafür würden einige zugegebenermaßen hervorragend überspitzte, stilistische Momente sprechen, wenn zum Beispiel spannungsgeladene Musik im Hintergrund ertönt oder sich ein großer elektrischer Schneemann plötzlich als ernsthafte Bedrohung erweist, als seine Augen allmählich beginnen, eine rote Farbe anzunehmen. Ja, diese Momente sind wirklich herrlich, so dass sich fast das Gefühl aufdrängt, in einem Psycho-Thriller zu sitzen - natürlich auf satirischer Ebene. Dass dies auf den Film dann eben doch nicht zutrifft, ergibt sich zum einen daraus, dass schon dieser Phase die nötige Konsequenz fehlt, und zum anderen, da er sich in der zweiten Hälfte zu einer einzigen sentimentalen „Alles-wird-gut-Weihnachtsgeschichte“ entwickelt.

    Die Kranks und ihre Widersacher, die sich eben noch angifteten, arbeiten nun nämlich – ausnahmslos, wie es scheint – zusammen daran, ein wunderschönes Weihnachtsfest für Blair auf die Beine zu stellen und opfern dafür ihre Zeit und ihren heiligen Abend. Dass dies zwangsläufig auf ein Happy End hinausläuft, wird spätestens in der Mitte des Filmes klar, wogegen an sich eigentlich nichts einzuwenden ist. Doch dummerweise präsentiert „Verrückte Weihnachten“ ein dermaßen übertriebenes, vor Kitsch nur so triefendes Ende, wie es lange nicht mehr zu sehen war – Weihnachtszeit hin, Weihnachtszeit her – in dieser Form macht so etwas niemals Spaß. Der Zuschauer kann sich ungelogen schon etwa eine Viertelstunde vor Ende darauf einstellen, welche Szenen ihn nun erwarten. Hätte man die Gelegenheit bekommen, die Charaktere richtig ins Herz zu schließen, würde man das Unausweichliche wohl noch ertragen können, doch bis auf Luther und Nora bleiben alle Charaktere bis zum Ende vollkommen farblos. Und irgendwie hat man das Bedürfnis, sich die letzten Minuten im Kinosessel verkriechen zu müssen – man schämt sich schon fast selbst für so etwas.

    Wer bereits einen Blick auf die Wertung riskiert hat, wird auch in Anbetracht dieser harten Worte auf Positivere warten und tatsächlich hat sich auch diese der Film verdient. So unerträglich und übertrieben die Handlung auch sein mag, „Verrückte Weihnachten“ besitzt trotzdem richtig geniale Momente: Kleine Geistesblitze, die immer mal wieder zum Vorschein kommen und für jede Menge guter Lacher sorgen. Köstlich sind die bereits angesprochenen Szenen, in denen sich die Kranks vor dem tobenden Mob verstecken und besonders in der ersten Filmhälfte lassen sich viele weitere dieser finden. Dies liegt vor allem am Zusammenspiel der beiden Hauptcharaktere, zum Beispiel wenn sie im Agenten-Stil durch ihre eigene Wohnung robben oder sich Nora schon auf den all sonnabendlichen Liebesreigen vorbereitet, während Luther sie mit etwas ganz anderem überraschen will. Doch leider gehen solch witzige Szenen mit der zunehmenden Sentimentalisierung der Handlung verloren. Pluspunkte hingegen sammelt der ausgezeichnete Sound: Auch wenn er in den kitschigen Szenen ebenso nervt, wie alles andere, trumpft er in den kitschfreien Momenten ganz groß auf und liefert die passende Unterstützung für die dargebotenen Bilder. Zudem erklingen, wie es sich für einen Film dieses Genres gehört, regelmäßig stimmungsvolle Weihnachtslieder, der Klassiker „White Christmas“ gleich in drei Varianten.

    Für die Hauptdarsteller lässt sich leider kein absolut gleichwertiges Urteil finden. In den witzigen Szenen, das ist logisch, harmonieren die beiden hervorragend miteinander, in den weniger amüsanten ist jedoch zu differenzieren: Da haben wir zum einen Tim Allen, bekannt durch seine Auftritte in der Serie „Hör mal, wer da hämmert“, für die er einen Golden Globe, eine Emmy-Nominierung und Awards als „bester männlicher Schauspieler in einer TV-Serie“ in zweistelliger Höhe einheimste, der dem Drehbuch zwar teilweise hilflos ausgeliefert ist, mit seiner Routine jedoch mit aller Macht dagegen hält und vielleicht auch das Glück hat, die Rolle spielen zu dürfen, sie sich bis fast zum Schluss nicht all dem Kitsch beugen muss, auch wenn selbst er an einer dieser enorm unangenehmen Szenen nicht vorbei kommt. Anders hingegen Jamie Lee Curtis, die in diesen Szenen vollkommen von der Rolle fällt und teilweise eine fast schon peinliche Leistung abliefert (abliefern muss). Es wäre kaum verwunderlich, wenn ihr in Anbetracht dieses Drehbuchs mal abseits ihrer Paraderolle in „Halloween“ zum Schreien zu Mute wäre. Über den Rest des Casts lässt sich im Grunde nur so viel sagen, dass sich ihre Rollen, beziehungsweise Charaktere, nur wenig voneinander unterscheiden und einzig „Ghostbuster“ Dan Aykroyd positiv auffällt.

    Um einen merkwürdigen Film handelt es sich bei „Verrückte Weihnachten“: Da setzt Chris Columbus, der sich unter anderem für den Weihnachtsklassiker „Gremlins“ rühmen darf, ein Drehbuch vor, dass gelegentlich blankes Entsetzen auslöst und trotzdem sorgen häufige Lacher davor, dass sich zu einem Großteil des Filmes ein wenig darüber hinweg sehen lässt, auch wenn sie es nicht vollkommen vergessen machen. Wer sich damit begnügen kann und sowieso keine Probleme mit einer starken Anhäufung kitschiger Szenen hat, ist in diesem Film bestens aufgehoben. Obendrein bekommt das Publikum schließlich noch ein paar Szenen präsentiert, die bereits richtig schön auf Weihnachten einstimmen. Um es aber noch einmal zu erwähnen: Hier war mehr drin.

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