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    Friday Night Lights
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    Friday Night Lights
    Von René Malgo

    In den USA ein Überraschungserfolg (Einspiel: 61 Mio Dollar), kam „Friday Night Lights“ - trotz vorübergehendem Starttermin - hierzulande erst gar nicht in die Lichtspielhäuser, sondern verschwand unbeachtet in den Regalen der kaufhäuslichen DVD-Abteilungen. Das ist zwar nachvollziehbar, denn amerikanische Sportfilme haben es in deutschen Landen seit jeher schwer, allerdings schade, weil Peter Bergs „Friday Night Lights“ eine Berücksichtung im Kinoprogramm verdient gehabt hätte.

    1988: In der texanischen Kleinstadt Odessa dreht sich alles um American Football. Es werden große Erwartungen in das High School Team gesetzt. Ein jeder rechnet fest mit dem Gewinn der Football State Championship. Der gut bezahlte Coach Gaines (Billy Bob Thornton) muss diesem Druck trotzen und die Permian Panthers von Sieg zu Sieg führen. Der Star des Teams ist Running Back Boobie Miles (Derek Luke), doch gleich zu Beginn der Saison verletzt er sich. Das auf ihn zugeschnittene Angriffsspiel bricht in sich zusammen und die Panthers drohen die Playoffs zu verpassen…

    Ein Heldengesang auf Amerikas liebstes Sportkind. Wirklich ein Film, der hierzulande ernsthaft verpasst wurde? Kann tatsächlich von einer Filmperle gesprochen werden? Ja. „Friday Night Lights“ mag nicht perfekt sein und um gleich vorab zu schicken: typisch amerikanische Subgenreattribute fehlen nicht, doch darüber hinaus bietet das Sportler-Drama weit mehr, als beim ersten Blick der Anschein entsteht. Denn die ach so beliebte Underdoggeschichte wird wider Erwarten ganz anders erzählt.

    Ja, im Finale liegen unsere Helden anfangs weit hinten, ja es gibt eine pathetische Kabinenpredigt und ja es wird händchenhaltend gebetet. Und ja, der Footballfanatismus ist in jeder Sekunde spürbar. Aber im Gegensatz zu anderen Genrevertretern, ähnlich An jedem verdammten Sonntag - und sogar ein bisschen mehr - geht „Friday Night Lights“ kritisch damit um. Gleich zu Beginn streicht der Film die Ärmlichkeit und Einöde in und um Odessa heraus und macht klar, dass Football dort das Leben bestimmt und einsamer Höhepunkt ist. Dem Umgang der Leute mit dieser so genannten Ersatzreligion begegnet das Werk einerseits respektvoll, andererseits aber sehr kritisch. Und auch wenn den Sporthelden in aufpeitschend arrangierten Spielszenen ein Denkmal gesetzt wird, neigt „Friday Night Lights“ niemals zur unangebrachten Verklärung.

    Die Geschichte konzentriert sich auf den Coach und eine Handvoll seiner Spieler. In Odessa wird der für viel Geld geholte Trainer Gaines (Billy Bob Thornton) von Bewohnern - Frauen wie Männern gleichermaßen - über die besten taktischen Aufstellungen belehrt und jeder möchte ihm seine strategischen Ansichten mitteilen. Der vorlaute, stets aufgeweckte Boobie Miles (Derek Luke), aufgebaut von seinem Onkel L.V. Miles (Grover Coulson), ist der Starspieler. Er setzt alle seine Zukunftshoffnungen in den Football. Als er sich schwer verletzt, scheint er keine Zukunft mehr zu haben. Der Spielmacher und Quarterback Mike Winchell (Lucas Black) ist eher ein introvertierter Typ und kümmert sich um seine kranke Mutter, deren innigster Wunsch es ist, dass er über das Spiel ein College-Stipendium bekommt. Don Billingsley (Garrett Hedlund) blockt für Boobie, hat aber ein bisschen Probleme, den Ball zu fangen und wird von seinem alkoholkranken Vater (Tim McGraw) ständig kritisiert und unter Druck gesetzt. Der hat seinerzeit mal die State Championship gewonnen und zehrt noch immer an den Erinnerungen. Brian Chavez (Jay Hernandez) ist der einzige, der sein College-Stipendium dank guter Noten schon in der Tasche hat. Für ihn geht es beim Footballspiel nicht um alles oder nichts.

    „Friday Night Lights“ bleibt in Sachen Charakterisierung zwar an der Oberfläche unter Stereotypen, jene werden aber von sehr fähigen Darstellern ausgefüllt. Jeder der genannten Figuren gewinnt in den Momenten, die er für sich hat, an Profil. Der 30-jährige Derek Luke, der schon in Denzel Washingtons engagiertem Regiedebüt Antwone Fisher positiv aufgefallen ist, setzt wieder ein darstellerisches Glanzlicht und mimt den 17-jährigen Footballstar absolut überzeugend. Gleiches gilt für Garrett Hedlund (Vier Brüder, Troja), dem eine große Karriere, sollte er so weitermachen, bevorsteht. Vom selbstgefälligen Billy Bob Thornton kann der Betrachter bekanntlich halten, was er will, das ändert aber nichts an der Tatsache, dass Thornton ein großartiger Darsteller ist. Solches beweist er mit seiner Rolle als Coach Gaines einmal mehr aufs Neue. Sehr gut ist auch Lucas Black als der zurückhaltende Mike Winchell oder Countrystar Tim McGraw als Dons desillusioniertem Vater Charles Billingsley. Nicht viel weniger überzeugend gibt sich auch der Rest des perfekt zusammengestellten Ensembles.

    „Friday Night Lights“ basiert auf einer wahren Gegebenheit und dem Roman von H.G. Bissinger, „Friday Night Lights: A Town, a Team, and a Dream“. Einige Freiheiten hat sich Regisseur Peter Berg jedoch herausgenommen, ohne aber den kritischen Unterton zu verlieren oder den Schwerpunkt in die falsche Richtung zu verlagern.

    Inszenatorisch legt Berg (Welcome To The Jungle, „Very Bad Thing“) viel Geschick an den Tag, übertreibt es mit dem Einsatz der Handkamera, der wilden Schnitte und in bräunlichen Farben getauchten Bilder aber ein wenig. So wird z. B. auch eine Essenspause zum visuellen Event. Kameramann Tobias A. Schliessler (Welcome To The Jungle) bietet allerdings auch ruhige Bilder und versteht sein Handwerk, sodass die stilvollen Übertreibungen nicht zwingend negativ ausgelegt werden müssen. Stilistisch ist „Friday Night Lights“ ein Erlebnis und steht seinem Vorbild, dem elektrisierenden An jedem verdammten Sonntag in kaum etwas nach. Gerade die körperlichen, mitreißend inszenierten Spielszenen sind deutlich vom Genreprimus inspiriert. Die leicht unwirkliche, aber sehr dichte Atmosphäre wird von der eingängigen Musik Brian Reitzells, unterstützt von Elektrogitarrenklängen der Band Explosions In The Sky, zusätzlich gefördert.

    „Friday Night Lights“ gelingt der Spagat zwischen heldenhaftem Sportepos und kritischer Milieustudie erstaunlich gut. Die Breite des Spektrums und die nicht zu hoch bemessene Laufzeit lassen eine Vertiefung in die Materie nur bedingt zu, sodass eine gewisse Oberflächlichkeit in Kauf genommen werden muss. Jedoch setzen Regisseur Berg und Drehbuchautor Aaron Cohen (Vertrauter Feind) die Andeutungen und wichtigen Details an den richtigen Stellen, sodass dieses Manko mithilfe der fähigen Schauspieler gut (auf)gelöst wird. Schlussendlich ist „Friday Night Lights“ trotz bitterer Momente ein waschechtes Feel-Good-Movie und so etwas muss es auch immer wieder mal geben. Sehenswert, nicht nur für Sportfreunde. Schade nur, dass dem Filmfan aus (zwar verständlichen) Profitgründen in Deutschland die Gelegenheit vorenthalten wurde, die abwechselnd spektakulären und einnehmend schönen Bilder auf der großen Leinwand zu bestaunen.

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