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    Hotel
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    1,0
    schlecht
    Hotel
    Von Björn Becher

    Spätestens seit Shining ist das Hotel als effektives Setting für einen Horrorfilm bekannt. Der Roman von Stephen King und vor allem die geniale Verfilmung von Stanley Kubrick haben dafür gesorgt, dass man sich bei jedem weiteren Film mit Horrorelementen in einem Hotel unweigerlich an die Geschichte von Jack erinnert, der in einem verlassenen Hotel durchdreht und schließlich Jagd auf seine eigene Familie macht. Auch bei Jessica Hausners Mystery-Thriller „Hotel“ drängt sich dieser Vergleich sofort auf, ist nicht nur das Setting – wie ja der Titel schon verrät – gleich, sondern wird das offensichtliche Vorbild auch ein ums andere Mal zitiert. Von der Qualität des kubrickschen Werkes ist der österreichische Film aber meilenweit entfernt.

    Auch in „Hotel“ soll sich die bedrohliche Atmosphäre vor allem aus der Einsamkeit in den weiten Fluren des unüberblickbaren Gebäudes ergeben. In einem abgelegenen Waldhotel hat die junge, introvertierte Irene (Franziska Weisz), fernab von zu Hause, eine Stelle als Rezeptionistin angetreten. Schon die Stelle selbst bringt etwas Unheimliches mit sich. Die Polizei ist ständig im Haus, denn die Vorgängerin von Irene ist auf mysteriöse Weise verschwunden. Dazu gibt es eine Sage über eine unheimliche Hexe, die Waldfrau, die in den nahen Wäldern rund um das Hotel spuken soll. Hat diese etwas mit dem Verschwinden von Irenes Vorgängerin zu schaffen? Aber auch die Arbeit selbst sorgt für Unheil. Bei den einsamen Nachtschichten und den langen Wegen durch einsame Gänge wird Irene immer unsicherer, genauso bei den einsamen abendlichen Bahnen im Hotelswimmingpool. Plötzlich ist auch noch ihr Talisman, den sie nur zum Schwimmen ablegt, verschwunden. Auch bei den Kollegen hat sie einen schweren Stand. Scheint sie erst zur anderen Rezeptionistin Petra (Birgit Minichmayr, Der Untergang, Liegen lernen) ein gutes Verhältnis aufzubauen, wird sie bald von der gegensätzlichen, ausschweifende Partys feiernden Frau und anderen Kollegen mehr als offen gemobbt. Dass etwas Unheimliches passiert, scheint nur eine Frage der Zeit zu sein…

    … denkt man. Doch selten hat es wohl ein Film geschafft den Zuschauer so zu enttäuschen. Jessica Hausner beweist zu Beginn durchaus, dass sie Talent hat. Das Setting ist brillant gewählt. Das einsam im Wald stehende Hotel mit seinen langen dunklen Gängen und der Sterilität, welche von diesem ausgeht, sorgt gleich für die richtige Atmosphäre. Da braucht man, um eine Metapher aus dem Fußball zu verwenden, nur noch den Ball ins leere Tor schießen, um Hochspannung zu erzeugen. Doch Jessica Hausner gelingt dies nur in den Anfangsminuten. Die Kameraführung von Martin Gschlacht (Antares) ist exzellent, eigentlich das weitere Steinchen hin zu einem perfekten Spannungsmosaik. Doch auch dies reicht nicht. „Hotel“ kann auf der Habenseite auch eine exzellente Hauptdarstellerin verbuchen. Franziska Weisz, wohl völlig gegen ihr eigentliches Naturell besetzt, kann als Entdeckung dieses Films nicht hoch genug gelobt werden. Sie schafft es perfekt die kalte Art ihrer völlig sterilen Figur, einer Frau, bei der alles ordentlich und gerade sein muss, zu verkörpern. Diese Figur eignet sich zum Beispiel perfekt für eine Täter-Opfer-Verwandlung á la Jack in Shining. Doch so etwas sollte man nicht erwarten.

    Jessica Hausner spielt sehr viel mit Symbolik. Vor allem Märchen und Sagen spielen immer wieder eine Rolle, werden immer wieder unterschwellig eingeflochten. Das liefert den Ansatz für einen richtig guten Horrorthriller oder auch ein Psychodrama - je nachdem was der Film sein will. Doch der Film will ersichtlich nichts von beidem sein. Er gaukelt dem Zuschauer zu Beginn vor, er wäre dies, doch er es ist nicht. „Hotel“ ist einfach nur ein großes Nichts, ein Film, der Fragen aufwirft, an deren Beantwortung er kein Interesse hat. Ein Film, dem es an Spannung und an Geschichte fehlt.

    Es ist sicher nicht verwerflich, im Zuschauer zunächst den Eindruck eines anderen Genres zu erwecken, um dann auf eine andere Schiene zu wechseln. Ein solches Spiel mit den Erwartungen des Zuschauers und dem Unterlaufen von diesen kann hervorragend funktionieren. Dieses Spiel ist auch gar nicht der Fehler des Films. Sein Fehler ist, dass er auf gar keine Schiene wechselt, dass der Zug plötzlich einfach verschwindet und der Zuschauer vor leeren Schienen steht, um im Bild zu bleiben. Schon recht schnell nutzen sich die Aufnahmen von Franziska Weisz, wie sie durch einsame Hotelgänge wandelt oder von Kollegen gemobbt wird, ab. Schnell weicht die anfangs durchaus vorhandene Spannung der Langeweile, die sich immer mehr breit macht, bei einer Geschichte, die nur vor sich hin plätschert und nicht voran will.

    Eine ruhige Erzählung muss kein Nachteil sein. Recht zeitnah zu „Hotel“ starten in den deutschen Kinos mit Schläfer von Benjamin Heisenberg und „Falscher Bekenner“ von Christoph Hochhäusler zwei Filme, die sich ebenfalls sehr viel Zeit nehmen, dem Zuschauer mit langen Einstellungen und dem langsamen Tempo auch Geduld abverlangen. Doch bei diesen beiden Filmen lohnt es sich die Geduld aufzubringen. Denn im Gegensatz zu Jessica Haussner verstehen es ihre beiden Kollegen ihre Geschichten weiter zu spannen und verlieren so nicht das Interesse des Betrachters.

    Bei „Hotel“ bleibt man als Zuschauer eigentlich nur bei der Stange, um wenigstens noch das Ende des Films zu erfahren. Hier stellt sich dann die nächste Ernüchterung ein. Denn es gibt überhaupt keines, beziehungsweise dass, was die Regisseurin dem Zuschauer hier als Ende verkauft, ist einfach nur wieder ein weiteres großes Nichts. Die Hauptdarstellerin Franziska Weisz hat dies in einem Gespräch im Rahmen des 32. Internationalen Filmwochenende Würzburg mehr als treffend ausgedrückt. Jedes Mal, wenn sie sich den Film anschaut, hofft sie, dass er nun ein anderes Ende habe, das dort was passiert. Jedes Mal ist dies nicht der Fall. Es ist nur schwer vorstellbar, dass der gemeine Zuschauer nach dem ersten Anschauen überhaupt auf die Idee kommen würde, sich den Film ein zweites Mal anzuschauen. Viel mehr sei gesagt: Selbst der erste Versuch lohnt sich bei diesem ambitionierten, aber quälend langweiligem Film nicht!

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