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    Gangster in Key Largo
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    4,5
    hervorragend
    Gangster in Key Largo
    Von René Malgo

    John Huston und Humphrey Bogart, die mit „Die Spur des Falken“ die Stilrichtung des amerikanischen Film Noir und eine Welle von Detektivfilmen begründet hatten, taten sich 1948 noch einmal zusammen, um einen etwas anderen Noir-Thriller zu drehen. Heraus kam „Gangster in Key Largo“, ein ausgezeichnetes, atmosphärisch dichtes Thriller-Drama mit einer für das Genre ungewohnt hohen Moral.

    Nach dem Zweiten Weltkrieg begibt sich der Ex-Major Frank McCloud (Humphrey Bogart) nach Key Largo, Florida, um die Familie eines getöteten Kameraden zu besuchen. Im Hotel, das die Familie betreibt, angekommen, bemerkt Frank, dass etwas nicht stimmt. In der Tat haben sich Mafiaboss Johnny Rocco (Edward G. Robinson) und seine Bande im Hotel eingenistet und machen der Familie das Leben schwer. McCloud will sich zuerst raushalten, doch als sich ein Hurrikan zusammenbraut, alle im Hotel feststecken und die Lage zu eskalieren droht, sieht er sich genötigt zu handeln…

    Aus der vierten Zusammenarbeit zwischen dem Ehepaar Lauren Bacall und Humphrey Bogart unter der Regie von John Huston entstand eines der besten Werke der so genannten „schwarzen Serie“ Hollywoods. Da „Gangster in Key Largo“ auf einem Theaterstück basiert, findet ein Großteil der Handlung im Hotel statt, was der klaustrophobischen Stimmung nur gut tut. Die Spezialeffekte können zwar neuesten Standards kaum entsprechen, doch der meisterlichen Regiekunst eines John Huston und den vorzüglichen Darstellern ist es zu verdanken, dass auch heute noch die Illusion eines rund um das Hotel heftig wütenden Hurrikans aufrechterhalten werden kann. Mit dafür Sorge trägt auch der gekonnte, intelligente Einsatz der beschränkten technischen Möglichkeiten seiner Zeit.

    Kaum ein Regisseur schafft es und wenige Filme haben es bislang bewerkstelligt, so eine dichte, von Angst und Bedrohung erfüllte Atmosphäre zu kreieren, wie John Huston mit „Gangster in Key Largo“. Die Schweißperlen auf Bogarts Stirn und das sonnige Setting lassen sogleich die richtige Stimmung aufkommen, die sich durch den Einbruch des Hurrikans schlagartig verfinstert. Jene atmosphärische Dichte gipfelt in einem Nebelfinale nach dem Sturm, auf das ein Alfred Hitchcock stolz gewesen wäre.

    Humphrey Bogart reicht in seiner Leistung nicht ganz an „Die Spur des Falken“ oder „Tote schlafen fest“ heran, liefert aber trotzdem eine exzellente Performance. Etwas blass, wenngleich ansonsten überzeugend, bleibt Lauren Bacall, die der Zuschauer auch schon besser gesehen hat. Sie wird deutlich ausgestochen von Claire Trevor, die eine ältere, alkoholabhängige Gangsterbraut spielt. Trevor vermag es, einige schauspielerische Glanzlichter zu setzen und sorgt mit dafür, dass „Gangster in Key Largo“ mehr als nur ein Thriller ist. Ihr Spiel hält sich gekonnt an der Grenze zum Overacting, welche sie aber nie überschreitet. Die beste Leistung aber stammt von Edward G. Robinson, für den sich der Kreis seiner filmischen Gangsterlaufbahn schließt, die den Anfang mit „Der kleine Cäsar“ gefunden hatte. Es macht Spaß, ihn als großkotzigen Mafiaboss zu sehen, der, wenn der Hurrikan an die Fenster zu rütteln beginnt, seinen feigen Kern peinlich entlarvend offenbart. Ergänzt werden diese durch die Bank überdurchschnittlich guten Mimen von einem exquisiten, äußerst überzeugend aufspielenden Nebendarstellerensemble, angeführt von Lionel Barrymore als Hotelbesitzer, der einige herzergreifende Szenen dominiert.

    Herzergreifend; ein Wort, das sich eigentlich besser im Zusammenhang mit einem Melodram täte. Doch auch hier ist diese Bezeichnung bestens aufgehoben, ist doch „Gangster in Key Largo“ mehr als nur ein Thriller und kann gleichsam als anspruchsvolles Drama begeistern. John Huston scheut nicht davor zurück, sich des heiklen Indianerthemas wenigstens am Rande anzunehmen und streicht deutlich heraus, dass den Ureinwohnern Amerikas einmal das Land gehört hatte. Eine für damalige Verhältnisse mutige Position, gerade in einer Zeit so kurz nach dem Krieg, als Patriotismus erste Bürgerpflicht war. Für die Patrioten allerdings wird in der Figur des Frank McCloud die perfekte Identifikationsfigur geboten, ein Kriegsheld wie er im Buche steht. Doch der ausgezeichneten Figurenzeichnung und dem zurückhaltenden Schauspiel Bogarts ist es zu verdanken, dass diese Tatsache ebenso subtil wie glaubhaft an den Zuschauer gebracht wird. Er spielt in „Gangster in Key Largo“ eine seiner integersten und saubersten Noir-Rollen und überzeugt darin als Held wider Willen, der über sich hinauswächst und für das Gute steht.

    Der kongenialen Drehbuchadaption von Richard Brooks und John Huston, seiner meisterhaften Regie und den lebensnahen Schauspielleistungen aller Beteiligten ist es zu verdanken, dass „Gangster in Key Largo“ als ausgezeichnetes Thriller-Drama und erstklassiger Film Noir in Erinnerung bleiben darf. Ein Werk, das auch heute nichts von seiner hohen Spannung und dichten Atmosphäre verloren hat und jedem Filmfreund wärmstens empfohlen ist.

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