Mein Konto
    A Bittersweet Life
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    4,0
    stark
    A Bittersweet Life
    Von Björn Becher

    Die Geschichte vom eiskalten Killer, der plötzlich davor zurückschreckt, sein – bevorzugt weibliches – Opfer zu erledigen, durfte schon für allerhand Action-Thriller oder –dramen herhalten und so kann man durchaus sagen: Die Geschichte ist recht ausgelutscht. Nichtsdestotrotz greift sie Ji-woon Kim, einer von Südkoreas ganz großen Regietalenten, für seinen „Action Noir“ „Bittersweet Life“ wieder auf, variiert sie nur ein wenig und lässt sie vor allem in einem Racheepos gipfeln und beweist damit, dass selbst aus ausgelutschten Storys noch ein hochklassiger Film herauszuholen ist.

    Sun-woo (Byung-hun Lee) ist der Idealtyp eines Angestellten in der Gangsterwelt - in höchstem Maße loyal und zudem professionell in der Ausführung aller Pflichten. Ob als Auftragskiller, Rausschmeißer oder bei der Führung des Luxusrestaurants seines Bosses Kang (Yeong-cheol Kim): Alles erfüllt er zu dessen vollster Zufriedenheit und in akkurater Weise. So scheint auch der neueste Auftrag nur eine Routinearbeit. Während des Urlaubs von Kang soll er dessen neue Freundin Hee-soo (Min-ah Shin) im Auge behalten, verdächtigt der Boss sie doch ihn zu betrügen. Sollte sich der Verdacht als wahr herausstellen, soll Sun-Woo die Untreue und ihren Liebhaber exekutieren. Doch der eiskalte Killer entwickelt Gefühle für die Freundin seines Bosses und so kann er nicht abdrücken, als er sie wirklich beim Seitensprung erwischt. Er schlägt ihr und ihrem Lover einen Deal vor: Der Liebhaber verschwindet und sie sehen sich nie wieder, dafür verschont er die beiden und schweigt. Doch sie haben die Rechnung ohne Kang gemacht. Denn der kommt auch so hinter das Verhältnis und schließt sich mit ein paar Gangstern zusammen, denen Sun-woo kürzlich sehr heftig auf die Füße getreten ist. Gemeinsam wird Sun-woo fast zu Tode gefoltert; er überlebt nur durch ein Wunder. Doch von nun an sinnt er auf Rache für die erlittenen Qualen.

    „Böse Erinnerungen hören nicht auf, aber die Menschen, die für deine bösen Erinnerungen verantwortlich sind, die kannst du töten.“

    Die Story ist also altbekannt und Ji-woon Kim muss sich den Vorwurf gefallen lassen, dass er sich zudem nicht sonderlich um seine Geschichte und die Charaktere schert. Hier werden doch recht viele Möglichkeiten außer Acht gelassen und gerade in der ersten Hälfte wünscht man sich an der ein oder anderen Stellen eine bessere Charakterisierung der Protagonisten. Die Stärken von Ji-woon Kim liegen allerdings ganz woanders und machen diese Schwäche mehr als wett. Schon mit seiner abgedrehten Horrorkomödie „The Quiet Family“ (von Audition-Regisseur Takashi Miike unter dem Titel „The Happiness Of The Katakuris“ neu verfilmt) und dem Aufsehen erregenden Horrorfilm „A Tale Of Two Sisters“ (US-Remake bereits in Arbeit) hat er bewiesen, welche inszenatorischen Fähigkeiten in ihm stecken und auch bei „Bittersweet Life“ bleibt er diesen Beweis nicht schuldig.

    Sein Film ist optisch ein wahres Gedicht. Bild- und Farbkompositionen passen perfekt, die Kameraführung ist schlichtweg genial. Jede Szene scheint bis ins kleinste Detail geplant und das gibt dem Film ein unglaublich beeindruckendes optisches Erscheinungsbild. So entsteht vom fulminanten Anfang bis zum erstklassigen Finale, auch über kleine Längen in der ersten Stunde des Films hinweg, eine Atmosphäre, die den Zuschauer gefangen nimmt und für die knapp zwei Stunden Spieldauer fesselt. Verstärkt wird dies durch den aus klassischen Tönen bestehenden Soundtrack, der die Szenen grandios untermalt und ihre Wirkung mehrfach verstärkt.

    Mit Hauptdarsteller Byung-hun Lee (Joint Security Area) gelang bei der Besetzung ein Glücksgriff. Der smarte Schwarm der koreanischen Damenwelt verkörpert den eiskalten und bestens trainierten Killer mit genau der richtigen Ausstrahlung. Trotz seines jungen Alters wirken seine unglaublichen Fähigkeiten lange Zeit nicht irreal. Selbst wenn er dann fast zum Superman mutiert, die Braut aus Kill Bill Vol. 2 beim Verlassen eines Grabes imitiert und auch nach dem x-ten Treffer wieder aufsteht, macht dies im Gesamtkonzept des Films durchaus Sinn. Der Schaffung dieses Charakterbildes dient vor allem die Eröffnungsszene, in welcher Sun-woo sich im Luxusrestaurant seines Chefs als Rausschmeißer betätigt und mit unglaublicher Arroganz seinen zahlenmäßig überlegenen Gegnern die nun folgenden Arschtritte ankündigt. Das Luxusrestaurant, Zeugnis der perfekten Ausstattung, ist eine der Hauptschauplätze des Films. Neben der Eröffnungsszene ereignet sich hier auch das Finale, welches in bester Tradition der „Heroic Bloodshed“-Filme eines John Woo (A Better Tomorrow, The Killer) steht. Dem wird allerdings noch ein Ende nachgeschoben, welches bei den Filmfans sicher für Kontroversen sorgt. Dieses sollte aber nicht verteufelt werden, sondern kann als perfekter sentimentaler Abgang der vorangegangen knapp zwei Stunden betrachtet werden.

    Ein Wehrmutstropfen bleibt sowieso über. Denn „Bittersweet Life“ ist zwar ein hochklassiger Film, der an dieser Stelle unbedingt weiterempfohlen wird, mit etwas mehr Mühe bei der Ausgestaltung seiner Story und etwas mehr Interesse für den Gefühlszwiespalt des Hauptcharakters in der ersten Hälfte, hätte das Action-Drama aber ohne weiteres das Zeug zum Meisterwerk.

    Möchtest Du weitere Kritiken ansehen?
    Das könnte dich auch interessieren
    Back to Top