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    "Verpiss dich!": Warum Quentin Tarantino einen der größten Regisseure aller Zeiten für einen verlogenen Heuchler hält
    Michael Bendix
    Michael Bendix
    -Redakteur
    Schaut pro Jahr mehrere hundert Filme und bricht niemals einen ab. Liebt das Kino in seiner Gesamtheit: vom obskuren 70er-Jahre-Horrorfilm über Kunstfilme von Chantal Akerman bis hin zum neuesten "Mission: Impossible"-Blockbuster.

    Quentin Tarantino ist bekannt dafür, sich mit seiner Meinung über Filme nicht zurückzuhalten. Mit einer Regielegende geht er besonders hart ins Gericht: Deren Werke hält er für kalt, verlogen und betrügerisch...

    Quentin Tarantino ist nicht gerade zimperlich: weder, wenn es um Gewaltdarstellungen in seinen Filmen geht, noch, wenn er seinem Ärger über bestimmte Werke der Filmgeschichte Luft macht. Zwar dürfte das Kino kaum jemand so sehr lieben wie Tarantino, aber leidenschaftliche Meinungen gehören eben zum Dasein eines Kino-Geeks (so sieht der Regisseur sich selbst) dazu – negative Einschätzungen genauso wie euphorische Lobpreisungen.

    Seine erklärten Lieblings-Regisseure sind unter anderem Brian De Palma („Dressed To Kill“), Sergio Leone („Spiel mir das Lied vom Tod“), Jean-Luc Godard („Außer Atem“) und Howard Hawks („Scarface“), und Tarantinos Leidenschaft für Martial-Arts-Filme und Exploitation-Kino ist sowieso bekannt. Doch es gibt auch Filmemacher, mit denen der „Pulp Fiction“-Regisseur so gar nichts anfangen kann – darunter auch einer, der für nicht gerade wenige der größte Regisseur aller Zeiten ist!

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    In mehreren Interviews ließ Tarantino verlauten, dass er die Filme von Stanley Kubrick („2001: Odyssee im Weltraum“) für kalt und distanziert halte – dessen „Lolita“-Verfilmung von 1962 habe er sogar als „betrügerisch“ empfunden, während die zweite Version von 1997 in seinen Augen ein Meisterwerk sei.

    „Als ich den Film gesehen habe, war ich mir nicht einmal sicher, ob Kubrick das Buch überhaupt gelesen hat“, erzählte Tarantino dem New Yorker. „Die Vorstellung, einen Film über Lolita zu machen, in dem nicht ein einziges verstörendes Bild vorkommt, ist verrückt. Das ist Betrug! Ich meine, für mich fehlt hier der faszinierendste Teil des Werkes.“

    In einem anderen Klassiker von Stanley Kubrick hingegen kommen sehr wohl verstörende Bilder vor: „Uhrwerk Orange“ nach dem gleichnamigen Roman von Anthony Burgess. Der Film, der von der erzwungenen Rehabilitierung eines soziopathischen Gewalttäters handelt, wirft grundlegende ethische Fragestellungen auf – und hat 1971 mit seiner grafischen Darstellung von Gewaltexzessen heftige Diskussionen ausgelöst. Doch auch von „Uhrwerk Orange“ ist Tarantino kein Fan – obwohl er die ersten 20 Minuten der stilisierten Dystopie sogar für „verdammt perfekt“ hält …

    Stanley Kubrick ein Lügner und Heuchler?

    … genau die 20 Minuten, die vor allem reihenweise Brutalitäten zeigen, von Überfällen auf Obdachlose bis hin zu einer Vergewaltigung. „Es ist ein so poppiges und viszerales und perfektes Stück Filmkunst, wie es meiner Meinung nach bis zu diesem Zeitpunkt noch nie gemacht wurde“, schwärmt Tarantino – doch bei diesem Lob lässt er es nicht bewenden. Denn den darauffolgenden Teil des Films hält der 60-Jährige für „heuchlerisch“.

    Tarantinos harte Worte über „Uhrwerk Orange“: „Seine [Kubricks] Parole war: ,Ich mache keinen Film über Gewalt, ich mache einen Film gegen Gewalt'. Und ich dachte immer nur: ,Verpiss dich! Ich weiß und du weißt, dass dein Schwanz die ganze Zeit, als du die ersten 20 Minuten gedreht hast, hart war, du konntest ihn die ganze Zeit, als du ihn geschnitten und vertont hast, nicht in der Hose behalten. Und wenn du sagst, dass das nicht stimmt, dann bist du ein verdammter Lügner!'“

    Tarantino ist also der Meinung, dass Kubrick insgeheim ziemlich viel Freude daran hatte, die Gewalt in seinem Film zu inszenieren, wenn nicht sogar zu zelebrieren – und sich hinterher wenig überzeugend herausgeredet hat. Ganz von der Hand zu weisen ist dieser Vorwurf vielleicht nicht, auch wenn das „Uhrwerk Orange“ weder schlechter noch uninteressanter machen würde.

    Leider ist uns nicht bekannt, was Tarantino erst von „Funny Games“ hält - eine Art Gewaltfilm mit Erziehungsauftrag: Dessen Regisseur Michael Haneke war sogar der Meinung, dass sich sein eigenes Publikum schuldig mache, wenn es sich nicht von der Brutalität aus dem Kino treiben lässt.

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