"Das wird man dir nicht erlauben": Diesem kontroversen 80er-Jahre-Klassiker wollte Quentin Tarantino unbedingt nacheifern
Michael Bendix
Michael Bendix
-Redakteur
Schaut pro Jahr mehrere hundert Filme und bricht niemals einen ab. Liebt das Kino in seiner Gesamtheit: von Action bis Musical, von Horror bis Komödie, vom alten Hollywood bis zum jüngsten "Mission: Impossible"-Blockbuster.

In den 1980er-Jahren dachte Quentin Tarantino laut darüber nach, welche Art von Filmen er später einmal machen wolle. Eine große Rolle spielte dabei ein europäischer Regiemeister und Oscar-Gewinner.

Der von Beginn an gerne geäußerte Vorwurf, die Filme von Quentin Tarantino seien im Grunde nichts anderes als Flickenteppiche, zusammengesetzt aus Versatzstücken zahlreicher anderer Filme, greift natürlich viel zu kurz – schließlich ist der Stil des 61-Jährigen viel zu prägnant und unverwechselbar, als dass man Filme wie „Pulp Fiction“ oder „Once Upon A Time... In Hollywood“ als reine Kopien abstempeln könnte.

Zugleich macht Tarantino keinen Hehl daraus, dass er sich ausgiebig aus der reichhaltigen Schatzkiste der Kinogeschichte bedient. Nicht umsonst hat er Uma Thurman vor Beginn der „Kill Bill“-Dreharbeiten erst einmal filmische Hausaufgaben aufgegeben.

Einen Dialogsatz aus dem 70er-Jahre-Horrorfilm „Blutrausch“ wiederum hat der Kult-Regisseur eins zu eins für das Drehbuch zu seinem zweiteiligen Martial-Arts-Epos übernommen (mehr dazu hier), während Fans des Genres den ikonischen schwarzgelben Trainingsanzug der „Braut“ natürlich sofort wiedererkannt haben – schließlich wurde dieser bereits 1978 von Kampfkunst-Ikone Bruce Lee getragen!

Das sind nur zwei von vielen Beispielen dafür, wie sich Tarantino Filmgeschichte zu eigen macht. Wer danach sucht, findet auf YouTube unzählige Videos, die sein Schaffen auf Referenzen und Querverweise abklopfen. Etwas anderes verhält es sich mit Matador“, dem fünften Film des spanischen Regie-Meisters Pedro Almodóvar („The Room Next Door“). Tarantino hat sich nicht direkt bei dem schwarzhumorigen Erotik-Thriller bedient – doch die Haltung hinter dem Film hat bei dem „Inglourious Basterds“-Schöpfer große Spuren hinterlassen.

Matador
Matador
Starttermin 19. Juli 1990 | 1 Std. 47 Min.
Von Pedro Almodóvar
Mit Antonio Banderas, Assumpta Serna, Nacho Martinez
User-Wertung
3,1

Wie viele der frühen Filme von Almodóvar kratzt auch „Matador“ ganz gezielt an verschiedenen Tabus – schon die erste Szene überschreitet genüsslich die Grenze des sogenannten guten Geschmacks: Darin sehen wir Ex-Torero Diego Montes (Nacho Martínez), der sich auf einem kleinen Fernseher allerlei Brutalitäten ansieht – von Szenen aus blutigen Horrorfilmen bis hin zu Aufnahmen eines Stierkampfs. Der Anblick der Gewalt erregt ihn sichtbar, und er beginnt, sich selbst zu befriedigen.

Gewalt, Sex und Tod bleiben auch im späteren Verlauf des Films eng miteinander verknüpft, wenn sich der schüchterne, religiös erzogene Ángel Giménez (Antonio Banderas) zum Stierkämpfer ausbilden lassen will – und dabei in die sadomasochistischen Beziehung zwischen Montes und der Rechtsanwältin María Cardenal (Assumpta Serna) hineingezogen wird.

Pedro Almodóvars "Furchtlosigkeit" war für Tarantino ein großes Vorbild

In seinem Buch „Cinema Speculation*“ beschreibt Tarantino, wie „Matador“ ihn geprägt hat (via IndieWire): „Ich erinnere mich, wie ich in Manhattan Beach in der Videothek arbeitete und mit den anderen Angestellten über die Art von Filmen sprach, die ich machen wollte – und darüber, was ich vorhatte, in ihnen umzusetzen. Dabei nahm ich Bezug auf die Eröffnungsszene von Almodóvars ‚Matador‘. Ihre Reaktion darauf war: ‚Quentin, das wird man dir nicht erlauben.‘ Worauf ich erwiderte: ‚Wer zum Teufel sind die, dass sie mich aufhalten können? Die können mich mal!‘“

Tarantino fährt fort und erläutert seine Bewunderung für das Frühwerk des späteren Oscar-Preisträgers („Alles über meine Mutter“): „Im richtigen Alter (Mitte 20) und zur richtigen Zeit (die verdammten Achtziger) war Pedro Almodóvars Furchtlosigkeit ein Vorbild. Während ich dabei zusah, wie meine Helden, die unabhängigen amerikanischen Filmemacher der Siebziger, sich einem neuen Geschäftsprinzip beugten, nur um weiterhin arbeiten zu können, machte Pedros Furchtlosigkeit ihre kalkulierten Kompromisse geradezu lächerlich.

Meine Vorstellung von Filmen beinhaltete immer eine komische Reaktion auf unangenehme Dinge – ähnlich wie in Almodóvars Filmen, die eine Verbindung zwischen dem Unangenehmen und dem Sinnlichen herstellen.“

Wenn ihr übrigens wissen wollt, welchen Flop Tarantino „verdammt großartig“ findet, obwohl er lange als einer der schlechtesten Filme aller Zeiten galt, dann lest direkt im folgenden Artikel weiter:

"Verdammt großartig": Quentin Tarantino feiert diesen Mega-Flop – obwohl er lange als einer der schlechtesten Filme aller Zeiten galt!

*Bei dem Link zum Angebot von Amazon handelt es sich um einen sogenannten Affiliate-Link. Bei einem Kauf über diesen Link erhalten wir eine Provision.

facebook Tweet
Ähnliche Nachrichten
Das könnte dich auch interessieren