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    "The Last Of Us" ist das unnötigste Mega-Serienprojekt seit Langem – die neueste Ankündigung bestätigt das
    Benjamin Hecht
    Benjamin Hecht
    -Redakteur
    Es gab Zeiten, da hat Benjamin mehr gezockt, als Filme geschaut: Er liebt Nintendo und die Games von Naughty Dog („Uncharted“, „The Last Of Us“).

    „The Last Of Us“ wird als Serie die gleiche Geschichte erzählen wie als Videospiel – nun sogar mit demselben Regisseur. Ein uninspiriertes Vorhaben, das Fans nichts Neues bietet und droht, auch Nicht-Gamer zu enttäuschen.

    Sony Interactive Entertainment

    +++ Meinung +++

    Mit der Adaption des modernen Videospiel-Klassikers „The Last Of Us“ hat HBO Großes vor. Die erste Staffel soll eine der teuersten aller Zeiten werden, gespickt mit Stars aus „Game Of Thrones“ und geschrieben von Craig Mazin, dem Schöpfer der gefeierten Mini-Serie „Chernobyl“. In der Theorie klingt das alles wie der nächste Mega-Hit und ja, vielleicht wird die Adaption auch ein paar Zuschauer*innen begeistern, die von „The Last Of Us“ noch nie etwas gehört haben. Für jemanden wie mich, der die Geschichte in den Games schon mehrfach miterlebt hat, bietet die Serienadaption aber wohl absolut nichts Neues. Im Gegenteil: Je mehr ich von dem Projekt höre, desto weniger Lust bekomme ich darauf – und daran ändert auch die jüngst bekanntgewordene Personalentscheidung nichts.

    Neil Druckmann, Co-Regisseur und Autor der Videospiel-Vorlage, wird auch einen Teil der „The Last Of Us“-Serie inszenieren. Das geht aus einen Dokument der Directors Guild Of Kanada hervor, die Druckmann als Regisseur im Cast auflistet. Welche bzw. wie viele Folgen er in Szene setzen wird, ist zwar noch nicht bekannt (wir wissen nur, dass er nicht für die Pilot-Episode verantwortlich sein wird, denn die wurde bereits abgedreht – von Kantemir Bagalov).

    Dass der Regisseur, der bereits die Vorlage kreierte und an der Inszenierung beteiligt war, nun auch am Set der Serie auf dem Regiestuhl Platz nimmt, verstärkt jedenfalls meinen folgenden Eindruck: Hier wird versucht, das Videospiel möglichst Eins zu Eins ins Serienformat zu übertragen. Doch dieses Vorhaben halte ich aus drei Gründen für keine gute Idee.

    1. Als "The Last Of Us"-Fan bietet mir die Serie nichts Neues

    Zu allererst frage ich mich als Fan des Spiels, warum ich mir die Serie überhaupt ansehen sollte. Wegen des unvergleichlichen Charmes von Hauptdarsteller Pedro Pascal? Wegen des hohen Produktionsaufwands, der die Welt von „The Last Of Us“ in einem postapokalyptischen Mix aus Schönheit und Grausamkeit erstrahlen lassen wird? Das sind zumindest die beiden einzigen Argumente, die mir einfallen – und sie reichen mir nicht, um mich auf die Serie zu freuen.

    Denn die emotionalen Schockmomente und überraschenden Story-Wendungen, die das Spiel so packend machen, werden bei mir nicht mehr ankommen. Wenn ich die gleichen Situationen nochmal sehe, nur eben mit dem Speerkämpfer (Pedro Pascal) und der Bärenbaronin (Bella Ramsey) aus „Game Of Thrones“, dann werde ich darin nicht Joel und Ellie erkennen, sondern nur eine seltsame Kopie des Originals. Es wird sich so falsch anfühlen wie in „Thor 3: Ragnarök“, als Thor, Loki und Odin in einem Theaterstück von Liam Hemsworth, Matt Damon und Sam Neill verkörpert werden und nicht von ihren Orginalschauspielern.

    Helen Sloan/HBO

    Das ist zumindest meine Perspektive als großer Fan. Doch auch diejenigen, die „The Last Of Us“ gar nicht gespielt haben, es vielleicht nur vom Hörensagen als großes Videospiel-Meisterwerk kennen, sollten ihre Ansprüche etwas herunterschrauben.

    2. Die Serienadaption ist ein Schritt zurück

    Die Expertise des Entwicklerstudios Naughty Dog besteht darin, sehr filmische Spiele zu kreieren. Bei „Uncharted“ hatte es uns in die Rolle eines Indiana-Jones-artigen Abenteurers schlüpfen lassen. Ähnlich vermittelt uns „The Last Of Us“ den Eindruck, Protagonist eines postapokalyptischen Thrillers irgendwo zwischen „The Road“ und „The Walking Dead“ zu sein. „The Last Of Us“ ist vor allem deshalb so genial, weil es ein Videospiel ist, das sich wie ein interaktiver Film anfühlt. 

    Die Handlung und die Charaktere von „The Last Of Us“ sind zwar schon ganz gut, werden aber gerade deshalb so hoch in den Himmel gelobt, weil wir ein solches Storytelling im Gaming-Bereich anno 2013 einfach nicht gewohnt waren. Zwar waren Videospiele auch damals längst nicht mehr nur aufs Retten von Prinzessinnen beschränkt, Spiele wie „Grand Theft Auto IV“ und „Red Dead Redemption“ hatten bereits sehr intelligent geschriebene und stark von Filmen inspirierte Geschichten. Doch eine emotionale Bindung zwischen zwei Figuren wachsen und reifen zu sehen, auf so authentische und mitreißende Weise, das einem mehrfach die Tränen kommen: Das war schon ein Erlebnis!

    Wenn das Spiel jetzt aber in eine Serie verwandelt wird, könnten die Figuren und ihre Bindung im Vergleich zu anderen Prestige-Serien blass wirken oder zumindest nicht herausragen. Denn im TV-Bereich sind emotional packende Geschichten längst üblich und eben kein Alleinstellungsmerkmal.

    3. "The Last Of Us" kann als Serie seine Stärken nicht voll ausspielen

    Einige der wichtigsten Aspekte, die „The Last Of Us“ so herausragend machen, sind in einer Serie außerdem nur eingeschränkt umsetzbar, zum Beispiel die Perspektivwechsel. In wenigen Momenten des Spiels steuern wir nicht Hauptfigur Joel, sondern einen anderen Charakter. Das passiert nur sehr selten, dann aber mit einer enorm großen Wirkung. Zwar lässt sich dieser Effekt bis zu einem gewissen Grad mit einer auf bestimmte Personen fokussierten Inszenierung nachstellen. Doch es ist eben etwas anderes, wenn eine Geschichte nur aus einer anderen Perspektive erzählt wird, als wenn man plötzlich eine andere Figur selbst kontrolliert und mit ihr ums Überleben kämpft.

    Ähnlich verhält es sich mit den Phasen, in denen wir nur die Welt erkunden und mal gegen Pilz-Zombies, mal gegen andere Menschen vorgehen. Hier entwickelt sich die Handlung zwar nicht weiter, doch für unsere Bindung zu den Figuren sind diese Passagen essenziell. So fühlt sich die Reise eben nochmal ein wenig größer und bedeutender an. Als ich „The Last Of Us“ zum ersten Mal durchgespielt habe, habe ich etwa 20 Stunden dafür gebraucht. Die Serie soll die gleiche Geschichte in zehn Stunden erzählen. Auch wenn der reine Plot des Spiels locker in zehn Stunden reinpasst, wird das Gefühl für die Strapazen der Figuren, das erst durch die Länge der Reise so wirklich zur Geltung kommt, vermutlich auf der Strecke bleiben.

    Die „The Last Of Us“-Serie wird nie und nimmer das Meisterwerk sein können, welches das Videospiel war. Dafür ist die Messlatte einerseits zu hoch, andererseits liegt der Erfolg des Originals einfach zu sehr im Medium Videospiel begründet. Als großer „The Last Of Us“-Fan reizt mich eine Serienadaption aus den genannten Gründen leider nicht wirklich und ich wünschte, HBO hätte sein Mega-Budget in ein anderes, eigenständigeres Projekt gesteckt.

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    "The Last Of Us": Netflix-Star für eine der wichtigsten Rollen der HBO-Serie besetzt
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