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    Auch die "Boba Fett"-Serie beweist: Die Jedi haben versagt und müssen sich endlich ändern
    Tobias Mayer
    Tobias Mayer
    -Redakteur
    Tobias liebt „Star Wars“ so sehr wie keine andere Filmreihe, von „Die dunkle Bedrohung“ bis zu „Der Aufstieg Skywalkers“ und mit allen Macken.

    In der aktuellen Folge „The Book Of Boba Fett“ gibt es mal wieder eine Lehrstunde in schwachsinniger Jedi-Philosophie, die nicht wahrer wird, nur weil man sie ständig wiederholt. „Star Wars“ muss endlich anerkennen, dass sich die Jedi geirrt haben.

    François Duhamel / Disney+

    +++ Meinung mit Spoilern zur 6. Folge +++

    In meinem vorherigen Artikel zum Thema, der die zweite Season „The Mandalorian“ zum Anlass hatte, habe ich eine vorsichtige Hoffnung formuliert: „Ich bin gespannt, ob die problematische Jedi-Philosophie in künftigen „Star Wars“-Geschichten noch häufiger und deutlicher an den Pranger gestellt wird – vielleicht ja auch in „The Mandalorian“, wo es nur noch sehr wenige Versprengte dieses alten Ordens gibt, die alle sehr viel Zeit hatten, über die eigenen Fehler nachzudenken.“ Nun, wo ich die sechste Episode der „Boba Fett“-Serie geschaut habe (die faktisch eine Folge „The Mandalorian“ ist), muss ich festhalten:

    Nope. Luke Skywalker hat hier gar nichts aus den Fehlern des alten Jedi-Ordens gelernt.

    Das alte Problem mit den Jedi

    Wir sehen Luke hier fünf Jahre nach „Die Rückkehr der Jedi-Ritter“ zum ersten Mal als Ausbilder arbeiten. Mit Grogu hat er seinen ersten Schüler unter seine Fittiche genommen und hüpft mit ihm durch den Wald. Alles erinnert an Lukes Ausbildung bei Yoda, nur dass eben Luke diesmal der Meister ist, der einen drolligen kleinen Racker in den Wegen der Macht unterweist.

    Doch die Macht ist mehr als praktisches Werkzeug, mit dem sich Frösche per Telekinese aus dem Sumpf heben lassen: Sie ist eine Waffe. In den falschen Händen kann sie enormen Schaden anrichten. Luke weiß das so gut wie niemand anderes zu diesem Zeitpunkt in der Galaxis, sein eigener Vater fiel der Dunklen Seite anheim und wurde zum Massenmörder. Wie sich aber am Ende der Folge wieder zeigt, zieht der zu diesem Zeitpunkt von Luke angeführte Jedi-Orden nach wie vor die falschen Schlüsse aus der potentiellen Bedrohung, die von Macht-Nutzer*innen ausgeht.

    Grogus schwere Entscheidung

    In einem geradezu herzzerreißenden Moment stellt Luke seinen Schüler Grogu vor eine Wahl, die in dieser Folge nicht aufgelöst wird: Grogu soll sich entscheiden zwischen dem Weg der Jedi und seiner Beziehung zu seinem Ersatzpapa Din Djarin, der seinem Mündel ein putziges kleines Kettenhemd als Geschenk mitgebracht hat. Der Lehre der Jedi folgend dürfte Grogu keine weiteren Bindungen aufbauen bzw. vertiefen, da Beziehungen eine Quelle für Verlustängste sind, die auf die Dunkle Seite führen können, siehe Anakin Skywalker.

    ›› "Das Buch von Boba Fett" bei Disney+*

    Wer tiefer in die Jedi-Lehre einsteigt, kann zu dem Schluss kommen, dass es nicht unbedingt darum geht, alle Beziehungen zu vermeiden, sondern einen emotionalen Zustand zu erreichen, der bei Erleidung eines Verlustes nicht fundamental erschüttert wird. Die in den „Star Wars“-Filmen und -Serien propagierte Jedi-Lehre allerdings läuft darauf hinaus, dass die Jedi wie enthaltsame Mönche leben sollen. Luke Skywalker führt in der „Boba Fett“-Folge fort, was vor ihm auch Ahsoka in Staffel 2 „The Mandalorian“ und vor allem der vernichtete Jedi-Orden aus den Prequels gepredigt hat. Es ist eine unmenschliche Lehre, die offensichtlich ins Unglück führt.

    Anakin Skywalker (Hayden Christensen) ist nicht zu einem Diener der Dunklen Seite geworden, weil er eine Liebesbeziehung mit Padme (Natalie Portman) und damit verbundene Verlustängste hatte. Anakin wurde zu Darth Vader, weil ihn sein Orden mit seinen Gefühlen alleingelassen hat. In „Star Wars 3: Die Rache der Sith“ wendet sich der aufgewühlte Anakin hilfesuchend an Meister Yoda, der ihm keinen besseren Tipp gibt, als einfach alle Menschen loszulassen, deren Verlust er fürchtet. Anstatt erst mal anzuerkennen, dass Bindungen etwas Natürliches sind, predigen Yoda und die anderen Jedi ein Loslassen, das faktisch auf die Vermeidung von Beziehungen und das Verdrängen von Gefühlen hinausläuft.

    "Star Wars" muss das Problem benennen

    Innerhalb der Story verhält sich Luke in „Das Buch von Boba Fett“ vollkommen logisch, hat er doch bei Yoda gelernt und gibt nun folgerichtig den Schwachsinn an die nächste Generation weiter, der ihm ins Hirn geschmiert wurde. Was mir bei „Star Wars“ in dieser Hinsicht fehlt, ist eine deutliche Problematisierung der Jedi-Lehre in den Filmen und Serien (in den Büchern mag man da weiter sein). Die Jedi sind ein gestriger Orden, der sich viel zu wenig mit den eigenen, systemischen Fehlern auseinandersetzt und damit an die Katholische Kirche unserer Zeit erinnert.

    Aber während es in der Kirche bei allen nach wie vor bestehenden Problemen immerhin eine sichtbare Reformbewegung gibt, die die Verfehlungen zumindest anspricht und nach außen trägt, werden die Jedi in „Star Wars“ nach wie vor als Held*innen dargestellt, was sie auch, jedoch eben nicht ausschließlich sind.

    Am deutlichsten wagte sich Rian Johnson in „Star Wars 8“ mit einer Kritik an den Jedi hervor. Sein alter Luke mag einer problematischen Verbitterung unterliegen, doch auch verbitterte Menschen können Recht haben und mit seiner Generalkritik am Jedi-Orden trifft der alte Luke voll ins Schwarze:

    „Jetzt, da sie ausgerottet sind, werden die Jedi romantisiert, mystifiziert. Nimmt man die Mythen beiseite und betrachtet ihre Taten, ist das Vermächtnis der Jedi Versagen, Heuchelei, Überheblichkeit. Auf dem Höhepunkt ihrer Macht erlaubten sie Darth Sidious, sich zu erheben, ein Imperium auszurufen und sie zu vernichten. Es war ein Jedi-Meister, der verantwortlich war für die Ausbildung und Erschaffung von Darth Vader.“

    Rey: Eine neue Hoffnung

    Am Ende der neuen „Star Wars“-Trilogie ist Luke zum Macht-Geist geworden und es ist an Rey Skywalker (Daisy Ridley), einen neuen Orden aufzubauen. Leider wird in den Filmen nichts dazu gesagt, ob und wie sich dieser Orden von seinem Vorgänger unterscheiden soll. Gleichwohl bin ich gespannt darauf, wie diese neuen Jedi irgendwann in Filmen und oder Serien ausgestaltet werden. Liebe Rey, schnapp’ dir Poe Dameron, eine fesche Pilotin oder sonst irgendjemanden, mit dem du eine Beziehung eingehen willst, werde trotzdem eine Jedi und stelle bitte niemanden deiner Schüler*innen vor die Wahl zwischen Orden und Beziehung, so wie es es Luke in „Boba Fett“ macht.

    Am 9. Februar erscheint die siebte und letzte Folge „The Book Of Boba Fett“ auf Disney+.

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