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    Die Eisprinzen
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    Die Eisprinzen
    Von Christoph Petersen

    Ein wenig ist Einkunstlaufen wie das sportliche Pendant zur Volksmusik. Nach außen hin haben die strahlenden Friede-Freude-Eierkuchen-Auftritte ein leicht schwules Image, aber hinter den Kulissen herrscht ein erbitterter Konkurrenzkampf, der mit knallharten Bandagen geführt wird. So auch 1994, als der Ehemann von Eislaufstar Tonya Harding das Knie von Konkurrentin Nancy Kerrigan unsanft mit einer Eisenstange behandeln ließ. Das Regieduo Josh Gordon und Will Speck, das sich wie so viele Hollywood-Debütanten der letzten Zeit seine Reputation im Werbebusiness erarbeitet hat, hat es sich nun zur Aufgabe gemacht, mit der Komödie „Die Eisprinzen“ mit allen das Eiskunstlaufen betreffenden Vorurteilen radikal aufzuräumen. Mit Hilfe des viel versprechenden Komikergespanns Will Ferrell und John Heder zeigen sie augenzwinkernd auf, dass es der heutige Eiskunstsport trotz Eleganz und Anmut in Sachen Brutalität und erbarmungsloser Härte locker mit professionellem Wrestling aufnehmen kann. Dabei sind die Szenen auf dem Eis einfach nur wahnwitzig genial geraten. Bei denen abseits der Wettkampfarenen hat man im Vergleich allerdings stets das Gefühl, dass hier leider nur mit leicht angezogener Handbremse agiert wird.

    Beide standen sie auf dem Zenit ihrer Karriere. Jimmy MacElroy (John Heder), als talentierter Waisenjunge wurde er von Multimillionär Darren MacElroy (William Fichtner) aufgenommen und zu einem anmutig-graziösen Eislaufass geformt. Chazz Michael Michaels (Will Ferrell), der Bad Boy der Kunstlaufwelt, für den der auffordernde Griff in den eigenen Genitalbereich zum festen Bestandteil jeder guten Kür gehört, der einzige Eisläufer, der sowohl vier nationale Meisterschaften, als auch einen Porno-Award vorzuweisen hat. Doch dann der Skandal bei den Olympischen Spielen 2002. MacElroy und Michaels teilen sich mit haargenau derselben Punktzahl den obersten Platz auf dem Podest, doch beim Einsetzen der amerikanischen Nationalhymne artet dieses goldreiche Beieinander in eine wilde Schlägerei aus, in deren Verlauf auch das unschuldige Maskottchen der Spiele Feuer fängt. Beide Sportler werden als Reaktion auf diesen Fauxpas lebenslang gesperrt. Dreieinhalb Jahre später: MacElroy arbeitet mittlerweile als Schlittschuhverkäufer, Michaels hat als Säufer und Star einer drittklassigen Eisrevue namens „Groblit´s On Ice“ Karriere gemacht. Da kommt MacElroys persönlichem Stalker Hector (Nick Swardson) die rettende Idee. Auch wenn beide lebenslang für alle Einzelwettbewerbe gesperrt sind, so dürfen sie dennoch an welchen für Paare teilnehmen. Bis zur nationalen Olympiaausscheidung bleiben den ungleichen Streithähnen nur noch wenige Tage, um als erstes rein männliches Eislaufpaar Sportgeschichte zu schreiben…

    Die Ausgangsidee, dass zwei ehemalige Konkurrenten nun notgedrungen gemeinsam im Paarlauf antreten müssen, ist natürlich schlichtweg genial, würde sich auf einer Liste mit den besten Komödienpitches der vergangenen Jahre sicherlich ganz weit oben, wenn nicht gar an der Spitze wieder finden. Und immer, wenn das polierte Eis in der Nähe ist, wird „Die Eisprinzen“ dieser kühlen Verheißung auch absolut gerecht. Die Küren sind sowohl von der Thematik (am besten: die Ermordung von John F. Kennedy) als auch von den einzelnen Bewegungselementen her so absurd angelegt, dass eine Beschreibung als urkomisch wohl noch einer Untertreibung gleichkommen würde. Auch die unterschiedlichen Images der Eisläufer und die kitschig-überhöhten Kostüme passen sich in dieses Bild perfekt ein. Höhepunkt ist dann sicherlich der geheime und oft tödlich endende Move „Iron Lotus“, der bei seiner einzigen bisherigen Erprobung in Korea einem der Läufer – im wörtlichsten Sinne des Wortes – den Kopf gekostet hat.

    Sobald sich die Story dann allerdings von der Eisbahn entfernt, offenbart „Die Eisprinzen“ doch kleinere Schwächen. Hier bleiben die ganz bösen Seitenhiebe, auch wenn der mit der Eisenstange kurz zitiert wird, auf das skandalerprobte Business nämlich leider größtenteils aus. Keine satirischen Tiefschläge gegen voreingenommene Kampfrichter oder im unmenschlichen Trainingsalltag geschundene Nachwuchstalente lassen sich entdecken. Irgendwie offenbaren hier die Macher doch etwas zu viel Hochachtung vor dieser in Amerika so heiß geliebten Sportart. Dafür bekommt man ein typisches Buddymovie geboten. Ferrell und Heder holen aus dieser altbekannten Storyline zwar das Möglichste raus, aber als wirklich originär erweist sich das Zusammenfinden der früheren Erzfeinde so nie. Und die beiläufig abgehakte Liebesgeschichte kommt zwar äußerst charmant daher, hat aber im Endeffekt mit demselben „So schon zu oft gesehen“-Problem zu kämpfen.

    Kerle in hautengen, farbenfroh glitzernden Kostümen – diese Kombination sollte doch eigentlich nur noch dann für einen Lacher gut sein, wenn der örtliche Stammtisch sich dazu entscheidet, bei der nächsten Goldenen Hochzeit als Männerballett aufzutreten. Doch Will Ferrell (Schräger als Fiktion, Verliebt in eine Hexe, Old School) und John Heder (Solange du da bist, Die Bankdrücker) gelingt es tatsächlich, diesem ausgelutschten Gag aus der Kalauer-Mottenkiste mit ihren abgedrehten Performances und noch wahnwitzigeren Leinwand-Egos neues Leben einzuhauchen. Ferrell überspannt als pornoerfahrener Eishallen-Rocker wie immer jeden Bogen, und Heder kann, auch wenn seine Rolle manchmal etwas Napoleon Dynamite-light anmutet, mit dieser Comedy-Urgewalt nahezu in jeder Szene mithalten. Komplettiert mit dem wunderbar überhöhten Bösewicht-Geschwisterduo Amy Poehler (Neid) und Will Arnett (Das Schwiegermonster), die im wahren Leben übrigens miteinander verheiratet sind, dem charmanten Love Interest Jenna Fischer (Slither), dem überambitionierten Erfolgscoach Craig T. Nelson (Wag The Dog, Die Familie Stone), und dem erfolgsgeilen Waisenliebhaber William Fichtner (L.A. Crash, Heat) ergibt sich so ein Cast, der zumindest im Komödiengenre kaum noch zu überbieten scheint.

    „Die Eisprinzen“ fährt genügend abgefahren-skurrile Gags auf, um sich locker von Hollywoods Komödien-Einheitsbrei positiv abzusetzen. Aber bei der absurden Ausgangsidee und dem kongenialen Komikerduo Ferrell/Heder hätte man sich trotzdem noch eine Schippe Extrawahnsinn mehr erwartet.

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