Mein Konto
    P.S. Ich liebe dich
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    P.S. Ich liebe dich
    Von Andreas Staben

    Im Kino gelten Naturgesetze nicht unbedingt. Selbst Tod und Vergessen können mit filmischen Mitteln scheinbar mühelos überwunden werden. So steht Patrick Swayze als Sam in Ghost Demi Moore auch nach seinem Ableben zur Seite, in Solange du da bist kommt es zur Romanze eines Trauernden mit dem Phantom des Unfallopfers Reese Witherspoon und in Wie ein einziger Tag befördert die Lektüre eines Notizbuchs nicht nur die Erzählung in Rückblenden, sondern auch die Erinnerung einer Demenzkranken. Richard LaGravenese erzählt in seinem romantischen Drama „P.S. Ich liebe dich“ nun erneut von der Macht der Liebe über den Tod hinaus. Seine Verfilmung des Erfolgsromans der jungen irischen Politikertochter Cecelia Ahern lässt ohne übernatürliche Kniffe die Magie des klassischen Gefühlskinos aufleben, wobei auch der Humor nicht zu kurz kommt.

    Das Ehepaar Holly (Hilary Swank) und Gerry (Gerard Butler) lebt in einem etwas engen New Yorker Appartement, ist sich in seinen Zukunkftsplänen nicht ganz einig, liebt sich aber leidenschaftlich. Als Gerry an einem Gehirntumor stirbt, bricht für Holly eine Welt zusammen. An ihrem Geburtstag erhält sie eine Tonbandnachricht ihres Mannes, der sie auffordert, feiern zu gehen. In regelmäßigen Briefen, die er im Wissen des nahenden Todes verfasst hat, stellt Gerry Holly von nun an Aufgaben, um ihr den Weg zurück ins Leben zu erleichtern. Aber jeder der mit dem Nachsatz „P.S. Ich liebe dich“ endenden Briefe lässt auch Erinnerungen lebendig werden, Holly ist schnell nur noch auf Gerrys Botschaften fixiert. Ihre Mutter (Katy Bates) sieht dieses Verhalten mit Sorge, auch der Barkeeper Daniel (Harry Connick jr.), der sich ernsthaft für Holly interessiert, kommt nicht richtig an sie heran. Höhepunkt im Masterplan des Verstorbenen ist eine Reise in seine irische Heimat, wo sich das Paar auch kennenlernte. Begleitet wird die Witwe von ihren besten Freundinnen Denise (Lisa Kudrow) und Sharon (Gina Gershon, Showgirls, Insider). Noch ist Holly nicht bereit für Gerrys letzten Brief...

    Richard LaGravenese hat sich bisher in erster Linie als Drehbuchautor einen Namen gemacht. Bereits vor „P.S. Ich liebe dich“, den er mit Steven Rogers zusammen schrieb, hat er es verstanden, als kitschig geltende Bestseller in ihrem emotionalen Kern zu erfassen und geschickt für den Film zu adaptieren, oft sogar zu veredeln. Unabhängig vom umstrittenen literarischen Wert der Bücher sind Clint Eastwoods „Die Brücken am Fluss“ und Robert Redfords Der Pferdeflüsterer auch dank LaGraveneses Drehbüchern zu modernen Klassikern des gefühlvollen Dramas geworden. Dabei hat der in Brooklyn geborene Autor ein besonderes Gespür für schwere Themen wie Trauer, Verlust und Verzicht bewiesen, die auch in einem seiner ersten Filmskripts, dem oscarnominierten Originaldrehbuch zu König der Fischer, eine zentrale Rolle spielen.

    In seiner Bearbeitung von „P.S. Ich liebe dich“ nimmt LaGravenese gleich zu Beginn eine wichtige Änderung vor. Während der Tod Gerrys im Roman am Anfang steht, beginnt der Film wie eine Beziehungskomödie. In einer langen, brillant geschriebenen Szene, einem bewegten Streitgespräch des Paares, lernen wir die Charaktere in vielen Facetten kennen. Gerry lebt frohgemut in den Tag hinein und Holly plagen angesichts ihrer materiellen und beruflichen Situation Zukunftssorgen. Die Spannungen und Gegensätze sind offensichtlich, doch gleichzeitig sind Vertrautheit und tiefe Zuneigung spürbar. Diese Miniatur einer großen Liebe im Alltag macht den Schock des Todes umso stärker. Beeindruckend bleibt auch nach diesem Einschnitt wie der Erzählton immer wieder variiert wird. Bereits die Trauerfeier im Pub von Hollys Mutter ist mit derbem irischen Humor angereichert, ein um keinen Fluch verlegener Pfarrer rundet die feucht-fröhliche Veranstaltung ab.

    Bereits „Wachgeküsst“ und Freedom Writers – die ersten beiden Spielfilme, für die LaGravenese auch als Regisseur verantwortlich war – waren durch eine sehr lebendige Erzählweise in wechselnden Stimmungen sowie durch die überzeugenden Leistungen der bis in kleinste Rollen sorgfältig ausgesuchten Darsteller geprägt. „P.S. Ich liebe dich“ macht da keine Ausnahme. Die Vollblut-Komödiantin Lisa Kudrow (Reine Nervensache, „Friends“) als Denise, die auf ihrer Männersuche keine Zeit verschwendet und Harry Connick jr. (Bug, Copykill), der den sich in fast jeder Situation unangemessen verhaltenden Daniel spielt, sorgen im ausgewogenen Ensemble meist für die leichte Note. Und selbst die Rolle von Gerrys Kumpel William, der Hollys Hormone in Irland wieder zur Wallung bringt, ist mit Jeffrey Dean Morgan („Grey's Anatomy“) nicht nur attraktiv, sondern auch sehr charmant besetzt.

    Die schwere Kost gilt seit ihren Oscars für Boys Don´t Cry und Million Dollar Baby als Hilary Swanks Spezialfach, auch als engagierte Lehrerin in Freedom Writers hat sie noch eine rein dramatische Rolle gespielt. Selbst wenn sie mittlerweile auch in anderen Genres (The Core, The Black Dahlia) gefallen konnte, ist Swank für einen romantischen Film eine ungewöhnliche Wahl. Gemeinsam mit Kathy Bates (Misery, Grüne Tomaten, Titanic) sorgt sie für die Glaubwürdigkeit der ernsten Aspekte der Geschichte. Sie ist die Identifikationsfigur in einem Wechselbad der Gefühle, in dem Gerard Butler als temperamentvoller Träumer glänzt. Dabei kann der Shooting-Star als leidenschaftlicher Sänger an seine Rolle in der Musicalverfilmung Das Phantom der Oper anknüpfen, während er in einer kleinen Stripeinlage die Muskeln zeigt, die bei seinem Durchbruch in 300 so prominent zur Geltung kamen. Entsprechend ihren Rollen ist die Paarung von Swank und Butler durch ihre Gegensätzlichkeit so wirkungsvoll. Auch die schwierig zu treffenden Nuancen in den Rückblenden aus verschiedenen Phasen ihrer Beziehung stellen sie nicht vor Probleme. Misstöne sind in „P.S. Ich liebe dich“ trotz vieler ungewöhnlicher Wendungen absolute Ausnahme, auch die Verlegung der Haupthandlung nach New York trägt nur zur positiven Reibung der kontrastierenden Elemente bei.

    „P.S. Ich liebe dich“ ist ein selten gewordenes Exemplar klassischen emotionalen Unterhaltungskinos für ein erwachsenes Publikum beider Geschlechter. In bester Hollywood-Tradition wird mit charismatischen Stars, attraktiven Nebendarstellern und punktgenauen Dialogen intelligent, einfühlsam und witzig von großen Gefühlen erzählt. Emotionen denen auch die Zuschauer, die bereit sind, sich darauf einzulassen, hier freien Lauf lassen können.

    Möchtest Du weitere Kritiken ansehen?
    Das könnte dich auch interessieren
    Back to Top