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    Der ewige Gegner
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    Der ewige Gegner
    Von Julian Unkel

    Fragt man einen englischen Fußballfan nach den größten Erfolgsgeschichten seiner Sportart, wird dieser natürlich zuerst Leistungen der eigenen Mannschaft auflisten, früher oder später sollte jedoch auch der Name Brian Clough fallen. Dem gelang als Coach - mit Derby County (1972) und Notthingham Forest (1978) - gleich zwei Mal das Kunststück, eine Mannschaft aus den Kellerregionen der Zweiten Liga zum Meisterschaftsgewinn in der Eliteklasse zu führen, weshalb er auch heute noch als einer der besten Trainer gilt, die der englische Fußball je hervor gebracht hat. Mit seinen überheblichen Kommentaren zu anderen Teams und den eigenen Leistungen wurde Clough zudem schnell Medien- und Publikumsliebling, verscherzte es sich aber auch mit vielen Freunden und Gegnern gleichermaßen. In dem packenden Biopic „The Damned United“ nähert sich Regisseur Tom Hooper dem Mythos Clough nun über dessen größten Rückschlag: sein nur 44 Tage währendes Engagement bei seinem Erzrivalen Leeds United.

    1974: Als Trainer und Erfolgsgarant Don Revie (Colm Meaney) nach 14 Jahren abdankt, um das derzeit schwächelnde englische Nationalteam wieder zu Siegen zu führen, muss sich der die Liga dominierende Spitzenclub Leeds United nach einem neuen Coach umsehen. Die kontrovers diskutierte Wahl fällt schließlich auf Brian Clough (Michael Sheen), der zwar bereits beachtliche Erfolge verbuchen konnte, aber auch als größter Kritiker der Arbeit seines Vorgängers gilt und bei den Spielern und Anhängern von Leeds alles andere als beliebt ist. Rückblende in die 60er Jahre: Clough trifft als Trainer des Zweitligisten Derby County im Pokal das erste Mal auf Leeds United. Die herbe Klatsche markiert den Beginn einer Rivalität, die sich im Laufe der Jahre zur offenen Feindschaft zwischen Derby und Leeds, vor allem aber auch zwischen Clough und Revie entwickelt…

    „I wouldn't say I was the best manager in the country. But I'm in the Top 1.” – Brian Clough

    Die Veröffentlichung von „The Damned United” in England wurde von einem kleinen Skandal begleitet. Ebenso wie bereits dem gleichnamigen Buch von David Peace warf die Familie des 2004 verstorbenen Clough auch Regisseur Tom Hooper gezielte Verleumdung und Verfälschung von Tatsachen vor. Auch einige Experten kritisierten zahlreiche faktische Fehler. Da die Macher nach Eigenaussage aber weniger versucht haben, ein möglichst präzises Porträt Cloughs zu zeichnen, stellt sich die Frage nach der historischen Korrektheit erst gar nicht. Vielmehr nutzen Hooper und seine Autoren die Laufbahn Cloughs, um – mit einigen dramaturgischen Freiheiten ausgestattet – eine recht universelle Geschichte von Ehrgeiz und Rivalität zu erzählen.

    In Michael Sheen haben sie dafür den perfekten Hauptdarsteller gefunden. Der inzwischen auf historische Rollen abonnierte Brite (David Frost in Frost/Nixon oder Tony Blair in Die Queen) wandelt sicher und mühelos auf den Grenzen zwischen gesundem und krankhaftem Ehrgeiz, Kampfeswillen und Verbissenheit, Selbstvertrauen und Hybris. Sheens vielseitiges Spiel, unterstützt von britischer Schauspielprominenz wie Colm Meany als Don Revie oder Timothy Spall als Assistenztrainer Peter Taylor, sowie Hoopers verschachtelter, aber nie verwirrender Inszenierung tragen den Film über weite Strecken im Alleingang. Da stört es auch kaum, dass auf die übliche Sportfilmdramaturgie nur auf den ersten Blick verzichtet wird – zwar bleibt die Versöhnung mit der Mannschaft aus, dafür rauft sich aber das zerstrittene Trainergespann wieder zusammen.

    Besonders interessant für deutsche Fußballfans wird „The Damned United“ zudem durch einige unübersehbare Parallelen zu Jürgen Klinsmanns kaum erfolgreicherem Engagement beim FC Bayern München, das ebenfalls mit großen Versprechen begann, ohne die taktischen Anweisungen seines WM-Assistenten Jogi Löw und mangelnden Rückhalt auf Vereinsebene aber ebenso von Beginn an zum Scheitern verurteilt war. Doch auch wer mit der zweitschönsten Nebensache der Welt wenig anfangen kann, dürfte wegen der Zugänglichkeit des Stoffes sowie seiner überzeugenden Umsetzung auf seine Kosten kommen. Was zuletzt Ken Loach mit P101860f,Looking For Eric vormachte, bestätigt nun auch Tom Hooper: Die Engländer werden zwar auch in Südafrika nicht Weltmeister, aber zumindest gute Filme über Fußball können sie trotzdem machen.

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