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    Major Movie Star
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    1,0
    schlecht
    Major Movie Star
    Von Björn Becher

    In der US-Hitkomödie „Schütze Benjamin“ von 1980, die eine TV-Serie nach sich zog und mit immerhin drei Oscar-Nominierungen bedacht wurde, spielt Goldie Hawn eine verwöhnte junge Frau, die es zum Militär verschlägt und die dort nicht nur kräftig Selbstbewusstsein tankt, sondern gar zum besseren Menschen wird. Trotz einer ideologisch mehr als fragwürdigen zweiten Hälfte hat Howard Zieffs „Private Benjamin“, so der Originaltitel, einige gelungene satirische Spitzen und ein sehr gut aufgelegtes Darstellerensemble zu bieten, aus dem neben Hawn vor allem Harry Dean Stanton, Eileen Brennan und Robert Webber herausragen. Das ist lange her, da wird es Zeit für eine Neuauflage, dachten sich wohl die Produzenten von „Major Movie Star“. Die Komödie von Steve Miner („Dawson’s Creek“, Day Of The Dead, „Lake Placid“) ist zwar offiziell kein Remake, aber die Anleihen beim Vorbild sind überdeutlich: Der DVD-Titel in den USA lautet folgerichtig „Private Valentine“. Nur von den Qualitäten des Originals ist hier fast nichts zu spüren. Übrig bleiben etwas Army-Werbung, Seifenopernhumor und ein schlechter Film.

    Hollywood-Sternchen Megan Valentine (Jessica Simpson) ist obenauf. Die Karriere läuft glänzend, auch wenn sie neben all den Komödien gerne mal einen anspruchsvollen Film drehen würde. Doch ein Abend ruiniert alles: Megans Cousin und Finanzverwalter Barry (Kurt Fuller) setzt sich mit ihrem ganzen Geld ab, sie bekommt mit, wie ihre „Freundinnen“ hinter ihrem Rücken über ihre Filme lästern und sie erwischt ihren Freund mit ihrem Manager im Bett. Nach einer Menge Alkohol und einem Autounfall wacht Megan vor einem Rekrutierungsbüro der Army auf und tritt kurzentschlossen ein. Doch das Ganze entpuppt sich schnell als etwas ganz anderes als das erhoffte Abenteuer, nämlich als knallharter Drill, bei dem vor allem Sgt. Louisa Morley (Vivica A. Fox) Megan das Leben zur Hölle macht. Schnell hasst auch der Rest der Truppe das verwöhnte, unsportliche und unbeholfene Hollywood-Starlet, das ihnen allen reichlich Strafrunden einbrockt. Doch mit Hilfe des hübschen Sgt. Mills Evans (Ryan Sypek) macht Megan sich schließlich daran, es ihren Kameraden, Vorgesetzten und sich selbst zu beweisen. Ganz nebenbei hilft sie auch den anderen Damen des Platoons bei ihren Problemen und stellt den Zusammenhalt in der Truppe her…

    Es ist ja keineswegs undenkbar, dass aus der Prämisse von „Schütze Benjamin“ noch einmal etwas Gutes entsteht. Gerade die Verlegung nach Hollywood birgt zusätzliches Potential. Doch dies bleibt in „Major Movie Star“ weitgehend ungenutzt. Schon die Eröffnung gibt die Richtung vor: Die Drehbuchautorinnen Kelly Bowe und April Blair wollen die Verlogenheit und Oberflächlichkeit des Filmgeschäfts in wenigen kurzen Szenen aufs Korn nehmen, scheitern daran aber kläglich. Einzig der von ständigen Anzüglichkeiten begleitete Kurzauftritt von Kurt Fuller (Auto Focus, Das Streben nach Glück) als Cousin Barry vermag zum Schmunzeln anzuregen, der Rest kann getrost vergessen werden. In der Theorie nette Ideen wie der homosexuelle Seitensprung des Freundes und das den Star umgebende Heer von Ja-Sagern werden durch die missratene, auf den billigen Lacher abzielende Umsetzung verschenkt. Der Film pendelt sich somit gleich am Anfang auf dem Niveau einer billigen Vorabend-Soap-Opera ein.

    Mit dem Eintritt von Megan in die Armee verabschieden sich die Macher dann endgültig von kritischen Untertönen und von jedem Anspruch. Ja, das Leben in der Army ist brutal und die Ausbilder sind sadistisch, aber mit eisernem Willen und Teamgeist ist das Ganze dann doch ein toller Abenteuerspielplatz. Das Soldatendasein ist schließlich für jeden geeignet und lohnend: Brauchst du Geld fürs Studium? Möchtest du deinen gefallenen Bruder ehren? Fehlt es dir an Selbstbewusstsein? Dann komm zum Militär. So propagiert es jedenfalls „Major Movie Star“, der am Ende vollständig zum Army-Werbefilmchen mutiert. Zu der zweifelhaften Moral kommt noch eine ernüchternde Einfallslosigkeit. So greifen die Autorinnen ganz tief in die Hollywood-Mottenkiste und hetzen der Protagonistin mit der harten Ausbilderin und der Mustersoldatin (Cheri Oteri, Unter Kontrolle) gleich zwei Abziehbilder von Erzrivalinnen auf den Hals, die die Heldin mit allen Mitteln bekämpfen.

    Auch darstellerisch ist „Major Movie Star“ nahezu ein Totalausfall. Das einzig Positive, was über Popsternchen Jessica Simpson (Ein Duke kommt selten allein, Employee Of The Month) gesagt werden kann, ist, dass sie in einer Szene Mut zur Ungeschminktheit zeigt. Vivica A. Fox konnte Quentin Tarantinos Vorliebe für B-Movie- und TV-Serien-Darsteller nicht dauerhaft nutzen und wechselte nach Kill Bill, von wenigen positiven Ausnahmen wie einem Gastauftritt in serie,2 abgesehen, wieder zu schlechten Direct-to-DVD-Filmen und einer mittelmäßigen TV-Serie („Missing - Verzweifelt gesucht“). Warum kaum eine bessere Produktion sich mit Fox schmücken will, wird in „Major Movie Star“ einmal mehr offensichtlich. In ihrer Klischeerolle drischt sie eine Plattitüde nach der anderen und versucht vergeblich, den harten Hund herauszukehren. Ihr bester Auftritt und eine der rar gesäten amüsanten Szenen ist bezeichnenderweise ein Uralt-Einspieler aus einem „Tremors“-B-Movie-Verschnitt. Aber auch die Männer hinterlassen keinen besseren Eindruck. Ryan Sypek gelingt es nicht, das behauptete romantische Interesse seines Charakters für das verzogene Starlet glaubhaft widerzuspiegeln, das Drehbuch lässt ihm aber auch kaum eine Chance dazu. Und Ex-„Police Academy“-Star Steve Guttenberg (The Day After) ist als solariumgebräunter Agent einige Kilo schwerer als früher, kann aber mangelnde schauspielerische Klasse durch sein wildes Chargieren nicht wettmachen.

    Fazit: „Major Movie Star“ erscheint trotz Zugpferd Jessica Simpson sowohl in Deutschland als auch in den USA nur direkt auf DVD. Damit ist die lahme Komödie noch exzellent bedient. Würde ihr Finale nicht noch linientreu suggerieren, dass es besser ist, für sein Land in den Irak zu ziehen als eine Hollywoodschönheit abzuschleppen, wäre er womöglich sogar in den berüchtigten Giftschränken der Traumindustrie gelandet.

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